"Glückliche Mitarbeiter sind produktiver, kreativer und fehlen seltener"

Das Genfer Unternehmen Happy at Work bietet begleitende Massnahmen an, damit sich das Wohlbefinden der Mitarbeitenden verbessert, auch in Zeiten von Telearbeit.

Die Covid-19-Pandemie hat viele Unternehmen gezwungen, Telearbeit anzuordnen und ihre Organisationsstruktur anzupassen. Wie lassen sich trotz der Distanz starke Bindungen im Team aufrechterhalten? Welche Instrumente kann man einführen, um ein virtuelles Büroleben zu erschaffen? Empfehlungen von Annika Månsson, Gründerin der Firma Happy at Work.

Warum haben Sie Happy at Work gegründet?

Annika Månsson: Wir verbringen im Durchschnitt 9000 Tage unseres Lebens bei der Arbeit. Es ist also entscheidend, dass es einem dort gut geht. Unser Ziel ist, jedem Mitarbeiter dabei zu helfen, seinen Platz im Unternehmen zu finden, damit er das Beste aus sich herausholen kann. Dafür bieten wir private Coachings sowie Workshops, Tagungen und Weiterbildungen an. Wir sind ausserdem auf Burnout-Prävention und die Begleitung bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz spezialisiert.

Was macht einen Arbeitnehmer bei der Arbeit glücklich?

Månsson: Das kommt auf die Person an, aber wir haben eine Methode entwickelt, die auf unseren Beobachtungen beruht. Sie umfasst die 3 "R": relations, résultats, résilience (Beziehungen, Ergebnisse, Resilienz). Das erste "R" umfasst alles, was mit Beteiligung zu tun hat, mit Anerkennung, dem Gefühl, unterstützt und wahrgenommen zu werden, und zwar sowohl von Kolleginnen und Kollegen wie auch von Vorgesetzten. Das zweite richtet sich auf die Fortschritte und die Erfüllung konkreter Aufgaben, die einen sichtbaren Effekt haben. Der Mitarbeiter hat so das Gefühl, dass sein Potenzial und seine Fähigkeiten genutzt werden. Das letzte "R" bezieht sich auf das körperliche und geistige Wohlbefinden des Mitarbeiters und darauf, dass er seine Tätigkeit als sinnvoll wahrnimmt. Diese drei "R" beeinflussen sich gegenseitig und sind zentrale Faktoren für Zufriedenheit bei der Arbeit. Glückliche Mitarbeiter sind produktiver, kreativer und fehlen seltener.

Inwiefern hat die Telearbeit das verändert?

Månsson: Das Homeoffice hat einen grossen Einfluss auf die Beziehungsaspekte. Das Gleichgewicht zwischen den drei "R" ist daher gestört. Einigen Menschen ist es gelungen, sich anzupassen, doch andere leiden unter dieser Isolation. Darum ist die Rolle des Managers heute wichtiger denn je. Er muss dafür sorgen, dass die Pflichtenhefte weiterhin gefüllt werden und der Zusammenhalt im Team nicht verloren geht. Einige Manager sind dafür ausgebildet, die grosse Mehrheit ist es aber leider nicht.

Was muss man also tun, um einen starken Teamgeist zu erhalten?

Månsson: Der Schlüssel liegt in einer guten Kommunikation. Man kann beispielsweise Zeiten für den Austausch im Team einführen, aber auch zu zweit zwischen Manager und Arbeitnehmer. In der schwierigen Zeit, die wir gerade durchmachen, ist Wohlwollen angezeigt, auch bei der Arbeit. Seine Empfindungen mitteilen, sich trauen, über Störfaktoren zu sprechen, und anderen gegenüber aufmerksam sein: Das sind drei Elemente, die für das Funktionieren eines Teams zentral sind, vor allem in Zeiten von Distanz. Wichtig ist auch, dass man Zeitfenster freihält, in denen nicht über Arbeit gesprochen wird.

Mit welchen Mitteln kann das gelingen?

Månsson: Man kann im Laufe des Tages virtuelle Kaffeepausen organisieren oder sogar einen Apéro. Es gibt auch die Möglichkeit, online einen Yogakurs zu machen oder Spiele zu spielen. Und warum nicht mal eine Sitzung im Freien mit anschliessendem Spaziergang?

Wie kann man gewährleisten, dass die Mitarbeiter eines KMU zu Hause produktiv bleiben, ohne sie übermässig zu überwachen?

Månsson: Man muss loslassen und ihnen vertrauen. Es ist unmöglich, alles zu kontrollieren, und das würde sich verheerend auf ihre Motivation auswirken. Man muss eine Arbeitsweise finden, die für alle passt. Dafür ist es wichtig, dass man sich über seine Bedürfnisse im Klaren ist und sie strukturiert. Zum Beispiel: In welchem Rhythmus soll kommuniziert werden, wann werden die Sitzungen organisiert usw. Ideal wäre es auch, sich über die Stärken und Schwächen der Zusammenarbeit auszutauschen, die sich aufgrund der Entfernung verstärken können. Mit all diesen Schritten baut man innerhalb des Teams Vertrauen auf.

Wo stösst das Virtuelle an seine Grenzen?

Månsson: Ein Grossteil unserer Kommunikation spielt sich auf der nonverbalen Ebene ab. Das fehlt also alles. Wir sind und bleiben Menschen und haben das Bedürfnis, anderen Menschen nah zu sein und uns zu treffen. Deswegen kann ich mich nicht für die Ideen einiger Unternehmen begeistern, die mit dem Gedanken spielen, in Zukunft gar keine Büros mehr zu haben. Langfristig sehe ich eher ein hybrides System aus Tele- und Präsenzarbeit.

Mit welchen Geschäftsmodellen und Finanzierungsquellen arbeiten Sie?

Månsson: Wir bieten Weiterbildungen, Workshops, Tagungen und individuelle Coachings an. Die Finanzierung erfolgt aus Eigenkapital. Ich habe allein angefangen und beschäftige heute vier Mitarbeiter und einige Berater.

Was würden sie der Chefin oder dem Chef eines Unternehmens raten, wie sie ihr Team trotz Distanz weiter motivieren können?

Månsson: Kommunizieren Sie und, vor allem, interessieren Sie sich für Ihre Mitarbeiter. Ohne die menschliche Dimension geht es nicht. 


Informationen

Zur Person/Firma

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Annika Månsson kommt aus Schweden und hat einen Master in Marketing und Management. Ausserdem ist sie Trainerin im Bereich Erwachsenenbildung und zertifizierter Coach. Darüber hinaus hat sie einige Weiterbildungen absolviert, unter anderem im Bereich Neurolinguistisches Programmieren (NLP) und Change Management. Nachdem über fünfzehn Jahren als Leiterin Kommunikation und Marketing beim französischen Konzern Danone gründete sie 2008 in Genf ihre Firma Happy at Work.

Letzte Änderung 03.02.2021

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