Homeoffice aus einem EU-/EFTA-Land

Die Freizügigkeit in den Ländern der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Freihandelszone (EFTA) bietet Arbeitnehmenden mit Wohnsitz in der Schweiz theoretisch die Möglichkeit, ihre Arbeit von verschiedenen europäischen Ländern aus in Telearbeit zu erledigen.

In der Praxis muss sich der Arbeitgeber jedoch ordnungsgemäss über die rechtlichen Bedingungen für die Telearbeit eines Beschäftigten im Ausland informieren, um potenziell unerwünschte Folgen zu vermeiden. Es sind insbesondere Folgen für die Besteuerung, die Anmeldung bei den Sozialversicherungen und die davon abhängigen Leistungen, den Datenschutz sowie Besonderheiten für entsandte Arbeitnehmende zu berücksichtigen.

Empfohlen wird auch, im Arbeitsvertrag festzulegen, welches Arbeitsrecht für die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt und in welchem Masse Homeoffice aus dem Ausland in Betracht kommt.

Besteuerung

Wenn eine in der Schweiz wohnhafte und beschäftigte Person beschliesst, aus einem Mitgliedstaat der EU oder der EFTA in Telearbeit zu arbeiten, bleibt sie in der Schweiz, in ihrem Kanton und ihrer Wohnsitzgemeinde steuerpflichtig, sofern sie nicht mehr als 180 Tage am Stück in dem Gaststaat verbringt, arbeitsfreie Tage und Urlaub eingeschlossen.

Sie muss zudem weiterhin ihren offiziellen Wohnsitz in der Schweiz haben und den Lohn vom in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber erhalten. Wird diese Frist überschritten, hat der Gaststaat das Recht, die Einnahmen des Arbeitnehmers, der sich in seinem Gebiet aufhält, nach seiner eigenen Gesetzgebung zu besteuern.

Für die Geschäftsführungen eines kleinen Unternehmens kann der verlängerte Aufenthalt in einem anderen Staat, dessen Grenzwert von Land zu Land variiert, den tatsächlichen Ort der Niederlassung der Firma in Frage stellen. Der Gaststaat kann zu dem Ergebnis kommen, dass das Unternehmen innerhalb seiner Rechtsordnung tätig ist, was erhebliche steuerliche Auswirkungen haben kann, beispielsweise die Besteuerung eines Teils der Gewinne im Gastland anstelle des gewöhnliches Wohnsitzlandes. Dagegen ist dieses Fallbeispiel bei einem Grossunternehmen praktisch ausgeschlossen.

Darüber hinaus empfiehlt das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen den Arbeitgebern, jeden Fall genau von Juristen prüfen zu lassen, die auf internationales Steuerrecht spezialisiert sind, bevor sie Angestellten oder Führungskräften, die gewöhnlich in der Schweiz wohnen und arbeiten, das Arbeiten aus dem Ausland gestatten.

Sozialbeiträge

Genau wie die Staaten der EU und der EFTA nimmt die Schweiz am europäischen System zur Koordinierung der Sozialversicherungen teil, das für Bürgerinnen und Bürger aus der Schweiz und den EU-/EFTA-Staaten gilt. Grundsätzlich sieht die geltende Regelung für die Unterstellung Folgendes vor:

Wenn sich ein Arbeitnehmer in einer Situation befindet, in der die Voraussetzungen für die Unterstellung unter die Schweizer Sozialversicherungen nicht oder nicht mehr erfüllt sind, muss der Schweizer Arbeitgeber die Sozialbeiträge an die zuständige Stelle im Ausland abführen. Dafür muss er insbesondere die Höhe der Beiträge und die Organisation des Sozialversicherungssystems in dem betreffenden Land kennen, um seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Das kann zu einer erheblichen zusätzlichen Arbeitsbelastung führen.

Die Sozialbeiträge können im Ausland höher sein als in der Schweiz. Selbst wenn sie unabsichtlich erfolgt, kann eine nicht ordnungsgemässe Anmeldung schwere Folgen für das Unternehmen und den Beschäftigten haben.

Für ausführlichere Informationen können sich Arbeitgeber an ihre AHV-Ausgleichskassen wenden, die die zuständige Behörde für die Unterstellung unter die Sozialversicherungen sind.

Kurzarbeit

Grenzüberschreitendes Homeoffice hat an sich keine Auswirkungen auf das Kurzarbeitergeld, solange die üblichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Für den Fall, dass der Arbeitsuchende dem Gastland unterstellt ist, also wenn er dort einen wesentlichen Anteil seiner Arbeitszeit (mehr als 75%) geleistet oder einen wesentlichen Anteil seines Einkommens erwirtschaftet hat, wird er aufgefordert, sich bei den zuständigen Stellen im Gastland anzumelden.

Anerkennung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

Damit die in der Schweiz geleisteten Beitragszeiträume vom Gaststaat anerkannt werden, muss sich der Arbeitsuchende über das Formular PDU1 an die zuständige Schweizer Arbeitslosenkasse wenden (die ggf. bereits mit seinem Fall befasste Kasse oder eine Kasse seiner Wahl).

Da die Arbeitslosenentschädigung in der Regel nicht rückwirkend gezahlt wird, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Anmeldung, ist es ratsam, das Formular möglichst früh einzureichen.

Gemäss der geltenden europäischen Regelung berücksichtigt die für die Arbeitslosenentschädigung zuständige Einrichtung den gesamten Zeitraum der vom Arbeitsuchenden geleisteten Beiträge, einschliesslich der Beiträge, die in einem anderen Staat der EU oder der EFTA oder in der Schweiz geleistet wurden (Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, Art. 61 Abs. 1).

Insolvenzentschädigung

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Arbeitnehmer, der entlassen wurde oder nach Inverzugsetzung des Arbeitgebers wegen ausbleibender Gehaltszahlungen seinen Arbeitsvertrag gekündigt hat, im Fall der Insolvenz seines Arbeitgebers eine Entschädigung bei der zuständigen staatlichen Arbeitslosenkasse beantragen. Sofern der Beschäftigte Beiträge an das Schweizer Sozialversicherungssystem leistet, hat die Telearbeit aus dem Ausland keine Auswirkungen auf die Insolvenzentschädigung, auf die er einen Anspruch hat.

Leistet der Beschäftigte dagegen einen erheblichen Teil seiner Arbeit im Ausland (in der Regel liegt die Schwelle bei 25%, in einigen Ländern bei 50%, siehe neue Vereinbarung), ist er den dortigen Sozialversicherungen unterstellt und die Leistungen hängen dann vom Gastland und den dort geltenden Gesetzen ab.

Verantwortlichkeiten im Bereich Datenschutz

Gemäss dem neuen Datenschutzgesetz (revDSG), das auch ausserhalb der Schweiz gelten kann, wenn eine Verbindung zur Schweiz besteht, hat der Arbeitgeber über angemessene technische und organisatorische Massnahmen für den Schutz und die Sicherheit der ihm anvertrauten Daten (Unternehmen, Beschäftigte, Kunden usw.) Sorge zu tragen. Wenn ein Arbeitnehmer im Ausland arbeitet, bleibt der Arbeitgeber für die Informationssicherheit und den Datenschutz verantwortlich.

Demzufolge kommt dem Arbeitgeber die Pflicht zu, eine hinreichend zuverlässige Software bereitzustellen, die an die Bedürfnisse seines Unternehmens angepasst ist. Bei Telearbeit im Ausland darf die Verarbeitung vertraulicher Daten, die in der Schweiz gehostet werden, nur über eine gesicherte Verbindung im virtuellen privaten Netzwerk (VPN) erfolgen. Ausserdem wird vom Arbeitnehmer erwartet, dass er während seines Aufenthalts im Ausland keine vertraulichen Daten offenlegt oder verfügbar macht. Sofern diese Grundsätze eingehalten werden, wird die Datenverarbeitung im Rahmen von Telearbeit nicht als grenzüberschreitende Kommunikation angesehen und folglich bleibt das anwendbare Recht dasselbe wie im Fall einer Datenverarbeitung in den Räumlichkeiten des Unternehmens in der Schweiz.

Die geltende Gesetzgebung sieht bei Fahrlässigkeit keine strafrechtlichen Konsequenzen vor. Absichtliche Verstösse können jedoch Gegenstand eines Strafverfahrens werden, bei dem ein Bussgeld von bis zu CHF 250'000 fällig werden kann, das grundsätzlich gegen die verantwortliche natürliche Person verhängt wird. Darüber hinaus kann jeder Verstoss gegen das Gesetz ein Verfahren auf dem Gebiet des öffentlichen oder privaten Rechts nach sich ziehen.

Anwendung des Datenschutzrechts der Schweiz und der EU

Das revDSG findet ausserhalb des Schweizer Staatsgebiets Anwendung, wenn die verarbeiteten Daten Unternehmen oder Personen betreffen, deren Sitz bzw. Arbeitsplatz sich in der Schweiz befindet.

Die Schweizer Unternehmen und die Bundesbehörden sind grundsätzlich dem Schweizer Recht unterstellt und müssen sich daher an das revDSG halten. In bestimmten Fällen kann auch das EU-Recht (Datenschutzgrundverordnung, DSGVO) anwendbar sein, insbesondere in Bezug auf Daten von natürlichen Personen, die auf dem Gebiet der Europäischen Union (EU) verarbeitet werden, unabhängig von deren Nationalität oder Wohnsitz.

Wenn sich die von der Datenverarbeitung betroffenen Personen auf dem Gebiet der EU befinden, gilt die DSGVO. Die Frage, ob sich die für die Verarbeitung verantwortliche Person (die Person im Homeoffice) auf dem Gebiet der EU befindet oder nicht bzw. ob deren Arbeitsvertrag nach Schweizer Recht geregelt ist oder nicht, ändert in diesem Fall nichts an der Rechtslage.

Jedoch gilt die DSGVO grundsätzlich nicht für die Verarbeitung von Daten von Personen mit Schweizer Wohnsitz durch Schweizer Unternehmen, selbst wenn diese Verarbeitung aufgrund der Telearbeit auf dem Gebiet der EU erfolgt.

Anders gesagt, ist die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz sich gewöhnlich in der Schweiz befindet, von der EU aus im Homeoffice arbeitet, derzeit kein hinreichendes Kriterium für die Anwendung der DSGVO.

Arbeitsrecht

Bei einem verlängerten Aufenthalt im Ausland wird dringend empfohlen, explizit zu regeln, welches Arbeitsrecht Anwendung findet. Findet sich im Vertrag kein Hinweis auf das anwendbare Arbeitsrecht und wird ein grosser Teil der Arbeit im Ausland geleistet, so kann die Anwendung des Schweizer Arbeitsrechts in Frage gestellt werden.

Wird das anwendbare Arbeitsrecht jedoch explizit genannt, gilt es auch für Arbeitnehmende, die im Ausland im Homeoffice arbeiten.


Informationen

Letzte Änderung 07.08.2023

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