Auch wenn sie deutlich rückläufig ist, bleibt die familieninterne Nachfolge in der Schweiz die häufigste Art der Firmenübertragung. Sie kann je nach Situation verschiedene Formen annehmen.
Die familieninterne Nachfolge – auch bekannt als FBO (Family Buy-Out) – bedeutet, dass ein oder mehrere Erben der Unternehmenden in der Firma die operative Leitung und/oder die finanzielle Aufsicht vollständig oder mehrheitlich übernehmen. Für eine solche familieninterne Nachfolge müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- Eine oder mehrere Personen aus dem Kreis der Unternehmerfamilie haben den Wunsch und die Fähigkeiten, die Firma zu übernehmen
- Es gibt ausreichend Privatvermögen, um die anderen Erbansprüche abzugelten
- Die Übertragung wurde gut genug geplant
Die familieninterne Nachfolge ist die Option, die im Rahmen einer Firmenübertragung am häufigsten gewählt wird, auch wenn sie momentan rückläufig ist. Vor 20 Jahren entschieden sich noch sieben von zehn Firmen für eine familieninterne Übertragung. Im Jahr 2022 lag dieser Anteil gemäss einer von der Credit Suisse veröffentlichten Studie bei weniger als einem von zwei Unternehmen (42 %). Rückläufig ist dieser Trend insbesondere wegen mangelndem Interesse, unzureichender Kompetenzen innerhalb der Familie oder finanziellen Überlegungen.
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer möchten dennoch ihr Geschäft am liebsten an ihre Kinder übertragen. In der Tat bietet diese Lösung viele Vorteile. Zum einen können sie sicher sein, dass ihr Lebenswerk an die eigenen Erben übertragen wird, was eine Kontinuität der Geschäfte gewährleistet - insbesondere in Bezug auf die Unternehmenskultur und das vorhandene Know-how. Zum anderen bleibt ihnen die mühsame Suche nach einer externen Nachfolgeperson, anderen ausserfamiliären Lösungen oder - im Extremfall - die Auflösung des Unternehmens erspart. Hinzu kommt, dass die Loyalität der Beschäftigten, der Kundschaft und der Lieferanten in der Regel auf die Erben der Gründerin oder des Gründers übergeht, sofern diese die Gelegenheit hatten, sich vor der Übernahme der Leitung in der Firma zu engagieren.
Dennoch birgt die familieninterne Firmenübertragung auch viele Risiken. Erstens kann es wie bei jeder Nachfolge zu Interessenkonflikten zwischen den verschiedenen Erbberechtigten kommen. Zweitens ist der Prozess einer familieninternen Unternehmensübertragung deutlich langwieriger als die Übergabe an ein oder mehrere Mitarbeitende (auch MBO – Management Buy-Out genannt) oder an eine externe Nachfolgeperson (MBI – Management Buy-In). Auch der Verkaufspreis fällt in der Regel tiefer aus als bei anderen Varianten – laut gewissen Studien mit einem Abschlag von rund 40 % gegenüber dem Marktwert. Ein weiteres mögliches Problem: Der alte Chef tritt zwar offiziell von seinen Aufgaben zurück, findet sich aber nicht mit seinem neuen Rentnerstatus ab und mischt sich weiter in die Belange der Firma ein. Nicht zuletzt besteht auch die Gefahr, dass die Erben aus Gewohnheit oder aus Angst, ihre Eltern zu verletzen, alte Abläufe und Strukturen im Unternehmen länger als nötig aufrechterhalten. Diese Gefahren, die den reibungslosen Ablauf der Nachfolge und die Zukunft des Unternehmens beeinträchtigen, müssen klar erkannt und unter Kenntnis der Ursachen umgangen werden.
Varianten der Familiennachfolge
- Familieninterne Unternehmernachfolge. Der häufigste Fall der Familiennachfolge. Die Nachfolgerin oder der Nachfolger übernimmt sowohl die operative Geschäftsführung als auch die finanzielle Kontrolle durch eine Übertragung der Aktien (Mehrheitsaktionär). In der Regel ist dies eine Einzelperson, doch es ist auch möglich, dass sich mehrere Nachkommen die finanzielle Kontrolle und die Führungsverantwortung teilen, zum Beispiel bei Geschwistern.
- Familieninterne Geschäftsführernachfolge. Die Nachfolgerin oder der Nachfolger übernimmt die operative Geschäftsführung, während die finanzielle Kontrolle in den Händen anderer Mitglieder der Unternehmerfamilie bleibt. Die neue Geschäftsleitung ist finanziell nicht oder nur als Minderheitsaktionär am Unternehmen beteiligt.
- Fremdmanagement mit Familienkontrolle. Die Familie behält die finanzielle Kontrolle des Unternehmens, das ihr weiterhin gehört, doch die operative Geschäftsführung wird einem Manager oder einer Managerin ausserhalb des Familienkreises anvertraut. Dafür kommt sowohl eine Person aus der Firma als auch eine externe Person infrage. Dies kann die beste Lösung sein, wenn sich innerhalb der Familie niemand für die Nachfolge findet.
Steuerliche Aspekte der Familiennachfolge
Wenn die Übertragung eines Unternehmens innerhalb der Familie stattfindet, tauchen ehegüter- und erbrechtliche Fragen auf. Die einzelnen Modalitäten der Nachfolge können je nach Ehe- und Familienstatus der Übergebenden ganz unterschiedlich aussehen. Im Idealfall soll damit für die Nachfolgeperson die wirtschaftliche Kontrolle über das geerbte Unternehmen sichergestellt sein. Für die übrigen Erben soll die Gleichstellung gewahrt werden.
Um Unannehmlichkeiten bezüglich der Aufteilung des Erbes zu vermeiden, kann es sinnvoll sein, so früh wie möglich einen Erbvertrag abzuschliessen, in dem die Erbfolge und die Erbanteile aller Anspruchsberechtigten genau festgelegt werden. Zudem ist es möglich, darin den Nachfolger oder die Nachfolgerin des Unternehmens und den Übernahmepreis, aber auch die Zuteilung von Vermögenswerten wie Aktien oder Immobilien, festzuhalten. Der Erbvertrag muss von einem Notar öffentlich beurkundet werden. Die vom Erbvertrag betroffenen Personen müssen dabei anwesend sein und ihre Zustimmung geben. Die gesetzlichen Mindestanteile für alle Erben müssen jedoch in jedem Fall berücksichtigt bleiben.
Quellen: Raiffeisen, Family-Buy-Out (FBO) als Nachfolgelösung; Credit Suisse, Nachfolgestudie 2022, UBS Outlook