"Die Aufbewahrung von elektronischen Rechnungen und Buchungsbelegen unterliegt strengen Regeln"

Elektronische Rechnungen berechtigen nur unter bestimmten Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug. Bei der Aufbewahrung elektronischer Buchungsbelege müssen zudem bestimmte Anforderungen erfüllt werden. Erläuterungen der Treuhandexpertin Sandra Maurer.

Für ein Unternehmen ist es entscheidend, die Echtheit und die Integrität der auf Papier oder elektronisch übermittelten und aufbewahrten Daten nachweisen zu können. Im Bereich der Mehrwertsteuer (MWST) kann dieser Nachweis durch die elektronische Signatur oder mittels anderer Belege und Unterlagen erbracht werden. Das können zum Beispiel Auftrags- oder Lieferscheine, Buchungssätze oder Zahlungsbelege sein. Wer die Rechnungsbücher nach den Grundsätzen des Handelsrechts und nach den Regeln in der Verordnung über die Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher führt, kann die relevanten Sachverhalte damit in der Regel nachweisen. Sandra Maurer, Treuhandexpertin und Geschäftsführerin der Tax&Company in Männedorf (ZH), erklärt uns, wie KMU ihre Pflichten in diesem Bereich auf einfache und praktische Weise erfüllen können.

Welche Datenträger sind für die Aufbewahrung der Rechnungen und Buchungsbelege zugelassen?

Sandra Maurer: Grundsätzlich sind alle Datenträger, die zum heutigen Zeitpunkt am Markt erhältlich sind, zugelassen. Wenn es sich um eine Langzeitarchivierung handelt und diese Daten gemäss Obligationenrecht (OR) und Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) gespeichert werden müssen, ergeben sich jedoch einige Fragen:

  • Wie lässt sich beispielsweise sicherstellen, dass Daten auf einem veränderbaren Datenträger integer und unveränderbar abgespeichert sind?
  • Wie lässt sich ein vorzeitiges oder versehentliches Löschen verhindern?
  • Wie erfolgt eine ausreichende Dokumentation der Prozesse?

Weiter müssen folgende Punkte beachtet und eingehalten werden:

  • Die Daten müssen für eine Dauer von 10 Jahren archiviert werden.
  • Echtheit und Verfälschungssicherheit müssen nachweisbar sein.
  • Der Zeitpunkt der Speicherung muss unveränderbar und fälschungssicher nachweisbar sein.
  • Die Gewährleistung der Lesbarkeit muss erfüllt werden.
  • Die Daten müssen innert nützlicher Frist wiederherstellbar sein.
  • Dem Datenschutz unterliegende Daten müssen verschlüsselt archiviert werden.
  • Verantwortlich ist in erster Linie die Geschäftsleitung.

Diese Anforderungen können nur durch den Einsatz einer geeigneten Software-Lösung erfüllt werden. Eine solche Lösung ist in der Anschaffung und im Unterhalt kostenintensiv. Ein KMU muss sich daher bewusst sein, dass die Digitalisierung der Ablage von Rechnungen und generell von Buchungsbelegen gemäss GebüV eine gute Planung erfordert. Dies in Bezug der nötigen personellen wie auch finanziellen Ressourcen. Dies ist sicher auch mitunter ein Grund, dass viele KMU noch eine physische Ablage betreiben.

Wie kann ein kleines Unternehmen vorgehen, wenn es den Aufwand und die Kosten für die Aufbewahrung der Geschäftsbücher minimieren will?

Maurer: Art. 9 der GebüV schreibt vor, dass elektronische Datenträger ohne zusätzliche Anforderungen zulässig sind, wenn sie nicht veränderbar sind, d. h., wenn sie nicht mehr verändert oder gelöscht werden können, ohne dass der Vorgang auf dem Datenträger selbst erkennbar ist.

Für KMU ist es möglich aus ihren elektronischen Buchhaltungsdokumenten (Geschäftsbücher, Rechnungen, Gehaltsabrechnungen etc.) unveränderbare Dateien wie z.B. PDF/A zu generieren und diese dann auf unveränderbare Datenträger wie z.B. CD-ROM oder DVD-ROM zu brennen.

Gibt es Dateiformate, die für die Langzeitaufbewahrung besser geeignet sind als andere? Und wie lang ist die Aufbewahrungsfrist?

Maurer: PDF/A ist ein ideales Dateiformat zur Langzeitarchivierung digitaler Dokumente. Es erfüllt wichtige Voraussetzungen wie kleine Dateigrösse, Fähigkeit zur Volltextsuche, und – als Teil der PDF-Familie – ist es das Format mit den meisten Werkzeugen und Lösungen.

Die Aufbewahrungsfrist beträgt wie bereits erwähnt 10 Jahre. Die gesetzliche Grundlage hierzu ist Art. 958f OR.

Wenn ein Unternehmen seine Daten auf veränderbaren elektronischen Datenträgern (z.B. in einer Cloud) speichert, was muss es dann tun?

Maurer: Eine Bestätigung des Cloud-Betreibers einfordern, dass die Daten in der Cloud während 10 Jahren ohne grossen Aufwand abgerufen werden können. Zudem erfüllt eine Cloud nicht die Voraussetzungen nach Art. 9 Abs. 1 lit. a GebüV. Es ist kein unveränderbarer Datenträger, daher gelten für die Aufbewahrung der Daten die strengeren Bestimmungen für veränderbare Informationsträger nach Art. 9 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 GebüV. Hier empfiehlt es sich, den Einsatz einer cloudbasierten Datenverwaltungssoftware (DMS) zu prüfen, die eine korrekte Archivierung der Dokumente gewährleisten kann oder, wie oben erwähnt das Brennen der elektronischen Buchhaltungsdokumente auf unveränderbare Datenträger.

Welche Anforderungen bestehen im Bereich der MWST, wenn Rechnungen nicht über eine elektronische Signatur verfügen?

Maurer: Bei übermittelten und aufbewahrten Daten, die für den Vorsteuerabzug, die Steuererhebung oder den Steuerbezug relevant sind, muss unabhängig davon, ob sie auf Papier oder elektronisch vorliegen, der Nachweis des Ursprungs und der Unverändertheit erbracht werden. Dieser Nachweis gilt als erbracht, wenn die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung nach Artikel 957 ff OR eingehalten sind. Die Papierrechnung, die gescannte Papierrechnung und die elektronische Rechnung sind gleichgestellt, denn die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung gelten für alle Arten von Buchungsbelegen.

Punkto "Digitalisierung" tut sich einiges in der Politik. Welches politische Geschäft ist für unsere KMU aktuell von Bedeutung?

Maurer: Mit der Motion 22.3004 "Digitale Buchführung erleichtern" fand Nationalrätin und TREUHAND|SUISSE-Präsidentin Daniela Schneeberger Gehör. Der Nationalrat hat am 2. März 2022 die Motion “Digitale Buchführung erleichtern” einstimmig angenommen. Mit der Motion soll der Bundesrat (A.d.R.: der die Ablehnung der Motion im Februar 2022 beantragt hat) beauftragt werden, die Geschäftsbücherverordnung und weitere dafür nötige Erlasse anzupassen, um die Digitalisierung der Buchführung zu erleichtern. Unterlagen sollen ohne digitale Signatur oder ähnliche Verfahren auf veränderbaren Datenträgern aufbewahrt werden können, sofern der Nachweis des Ursprungs und der Unverändertheit über die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung nach OR 957ff erbracht werden kann. Eine digitale Signatur von Belegen oder der Einsatz ähnlicher Verfahren sollen freiwillig sein.

Eine Umsetzung der Motion durch den Bundesrat würde es KMU erheblich erleichtern, ihre Buchhaltung zu digitalisieren. Die Zeiten der Rechtsunsicherheit wären vorbei und KMU könnten ohne weiteres digitale Belege akzeptieren. Dabei könnten Kosten eingespart sowie die Effizienz in den internen Abläufen gesteigert werden. Nun geht die Motion weiter an den Ständerat. Zuerst wird die Rechtskommission des Ständerates darüber befinden, bevor sie dann im Ständerat behandelt wird. Dies findet frühestens im Sommer 2022 statt, möglicherweise auch erst im Herbst.


Informationen

Letzte Änderung 06.04.2022

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