Arbeitskräftemangel: Wie kann man seine Rekrutierungsstrategie neu ausrichten?

Was sind heutzutage die besten Mittel, um Talente anzuwerben und die Belegschaft an die Firma zu binden? Sollte man auf originelle Methoden setzen, um sich von anderen abzuheben?

Eine Person an einem Computer klickt auf ein Piktogramm eines Bewerbers

Knapp 78% der kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz haben Mühe bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie, die im vergangenen Jahr von der Personalagentur PageGroup Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen Marketagent durchgeführt wurde.

"Die befragten KMU haben Schwierigkeiten, Talente für sich zu gewinnen, da es ihnen an Ressourcen und administrativer Unterstützung mangelt und sie über ein begrenztes Budget verfügen", erklärt Yannick Coulange, Managing Director von PageGroup Schweiz. Und anders als die Grosskonzerne haben sie häufig keine gut durchdachte Werbestrategie, was ihre Positionierung auf dem Arbeitsmarkt erschwert. "Es gibt immer noch zu viele Unternehmen, die improvisieren. Sie veröffentlichen eine Stellenanzeige im Netz, ohne eine klare Strategie zu haben. Dass es keine Methode gibt, hat aber einen opportunistischen und ineffizienten Rekrutierungsprozess zur Folge, denn man muss jedes Mal, wenn es eine neue Stelle zu besetzen gibt, von vorne anfangen."
 

Klarheit und Authentizität

Zu planen und vorherzusehen, welche Bedürfnisse im Hinblick auf die Beschäftigten bestehen, ist ein entscheidender Faktor, zumal die kleinen und mittleren Unternehmen viele Vorteile zu bieten haben, wie der Experte betont. Sie zeichnen sich oft durch eine gesellige Atmosphäre und mehr Eigenverantwortung aus. Auch die Bedeutung von Storytelling darf man auf dem heutigen Arbeitsmarkt nicht ausser Acht lassen. "Es geht darum, dass das Unternehmen seine Mission, seine Kultur und seine Werte authentisch vermittelt, sodass sich Bewerberinnen und Bewerber angesprochen fühlen, die diese teilen. Storytelling kann den Mangel an Marketing-Ressourcen, der KMU von grossen Unternehmen unterscheidet, wirklich kompensieren."

Yannick Coulange hebt auch die Bedeutung von Klarheit in der Kommunikation mit den Kandidatinnen und Kandidaten hervor. "Offenheit ist besser als eine übertriebene Betonung der Benefits. Man sollte in Bezug auf Themen wie flexible Arbeitszeiten lieber eine klare Politik verfolgen, zum Beispiel eine Aufteilung zwischen 3 Tagen Präsenz und 2 Tagen Homeoffice, das Gleiche gilt für die Lohnpolitik und die Aufstiegsmöglichkeiten. Dabei vage zu bleiben, kann bei den Kandidaten im ersten Moment grosszügig wirken, schürt aber in Wirklichkeit Zweifel."
 

Bildkultur

Der Experte stellt zudem fest, dass der Einsatz von Videos immer wichtiger wird, beispielsweise in Form von umgekehrten Bewerbungen, mit denen sich die Arbeitgeber bei ihren künftigen Mitarbeitenden "bewerben", indem sie über die Vorzüge ihrer Firmenkultur und ihres Arbeitsumfelds sprechen. "Wir bewegen uns in einer Welt, in der das Bild einen immer wichtigeren Platz einnimmt. Wer über passende Kanäle kommuniziert, kann damit einen ersten positiven Kontakt herstellen. Immer mehr KMU haben Geschichten zu erzählen. So können zum Beispiel langjährige Mitarbeitende darüber sprechen, was ihre Arbeit für die junge Generation attraktiv macht.

"Videos fördern eine direktere und menschlichere Kommunikation, um die Aufmerksamkeit auf Plattformen wie LinkedIn und Instagram auf sich zu ziehen", ergänzt Maxime Lagane, Gründer von 123 Next Generation, einer Genfer Firma, die sich auf die Produktion von kurzen Präsentationsvideos spezialisiert hat. "Ich empfehle kurze, authentische Botschaften, die visuell ansprechend sind und in denen nicht nur Kommunikationsexperten zu Wort kommen, sondern auch die Geschäftsführung oder Beschäftigte, die sich direkt an die Bewerberinnen und Bewerber wenden."

Maxime Lagane nutzte diese Methode selbst, als er auf der Suche nach einem Kommunikationsleiter war. Das Unternehmen bat die Interessierten, ihrer Bewerbung ein Video beizufügen. "Wir haben knapp 220 Bewerbungen erhalten, von denen 20% ein Video enthielten. Ich wusste die Motivation dahinter sehr zu schätzen, zumal es auch in gewisser Weise eine Praxisaufgabe für eine Stelle im Bereich Kommunikation war. Ich habe mir aber auch die Zeit genommen, die klassischen Bewerbungen durchzusehen."


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Kann man sich punkto Arbeitgebermarke alles erlauben?

Die von PageGroup Schweiz erstellte Studie macht deutlich, dass diejenigen KMU, die bei der Anwerbung von Talenten erfolgreich sind, in ihre Arbeitgebermarke, also in ihr Image bei ihren Beschäftigten und potenziellen Bewerbern, investieren. Kann man sich also alles erlauben, um sich von der Konkurrenz abzuheben, speziell bei Veröffentlichungen in den sozialen Netzwerken? "Nein, auf keinen Fall", antwortet Maxime Lagane, Gründer des Genfer Unternehmens 123 Next Generation, das auf die Erstellung von kurzen Präsentationsvideos spezialisiert ist. "Es ist wichtig, die langfristigen Folgen der Videos im Blick zu haben, gerade weil es um den menschlichen Aspekt geht." Unter anderem muss man darauf achten, einen klaren Rahmen zu definieren und sich zu vergewissern, dass die Teilnehmenden mit dem, was geplant ist, einverstanden sind. "Wir sorgen dafür, dass jeder Videodreh für die Menschen vor der Kamera zu einem positiven Erlebnis wird."

Letzte Änderung 06.11.2024

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