Ältere Arbeitnehmende bieten KMU ein enormes Potenzial

Während der Anteil älterer Erwerbstätiger auf dem Arbeitsmarkt steigt, müssen sich die Schweizer Unternehmen Gedanken machen, wie sie von der Arbeitserfahrung dieser Gruppe bestmöglich profitieren können.

Mehrere Personen unterhalten sich in einem Meetingraum.

Im Jahr 2050 werden mehr als ein Viertel der Schweizerinnen und Schweizer älter als 65 Jahre sein. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der steigenden Nachfrage nach Fachkräften sind ältere Arbeitnehmende für den Arbeitsmarkt ein Schlüsselfaktor. Das Bundesamt für Statistik (BFS) stellt ausserdem fest, dass knapp 18% der 65- bis 74-Jährigen 2021 immer noch erwerbstätig waren, was 5% mehr sind als vor 30 Jahren. Die Beschäftigungsfähigkeit älterer Menschen ist eines der vier Handlungsfelder einer vom Bund lancierten Fachkräfte-Initiative.

Zu den Gründen, die Ältere dazu motivieren, auf dem Arbeitsmarkt zu bleiben, anstatt in Rente zu gehen, gehören das Bedürfnis, der Gesellschaft nützlich zu sein, der Wunsch, die sozialen Kontakte zu erhalten, und das Gefühl, über einen nicht genutzten Erfahrungsschatz zu verfügen. "Das Bedürfnis, zusätzliche Einkünfte zu erwirtschaften, kommt laut einigen aktuellen Studien erst an vierter Stelle", berichtet Frédéric Loutan, Gründer und Gesellschafter der waadtländischen Firma Dahu Solutions, die eine Plattform zur Vernetzung von Unternehmen und Rentnern entwickelt.

Der Unternehmer stellt einen Paradigmenwechsel in Bezug auf die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmenden fest. "Wir sehen, dass das Thema seit unserem Start vor zwei Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnt. Es wirft aber auch viele Fragen hinsichtlich der praktischen Umsetzung auf."

Dieser Ansicht ist auch Anina Hille, Dozentin und Projektleiterin für Diversitäts- und Inklusionsmanagement an der Hochschule Luzern (HSLU): "Die Ergebnisse unserer letzten Studie zeigen, dass die Arbeitgeber die Notwendigkeit des Generationenmanagements erkannt haben und es als wichtig oder sehr wichtig ansehen, um dem demographischen Wandel und dem Fachkräftemangel zu begegnen. Doch trotz des wachsenden Interesses der Arbeitgeber an diesem Thema gibt es noch ein erhebliches ungenutztes Potenzial bei der Umsetzung, unter anderem bei strategischen, strukturellen oder kulturellen Aspekten."

Weiterbildung und Offenheit

Der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit ist eine der grössten Herausforderungen, mit denen die KMU konfrontiert sind, wenn es um die Beschäftigung älterer Menschen geht. "Unsere Forschungen zeigen deutlich, dass es stark vom Alter abhängt, wie motiviert jemand für eine Weiterbildung oder gar eine Umschulung für einen anderen Bereich ist", erklärt die Expertin. "Ältere sind weniger offen für Weiterbildungen. Dabei ist es in ihrem Interesse, genau wie im Interesse der KMU, dass sie beschäftigungsfähig bleiben."

Es geht auch darum, neue Wege einzuschlagen, was die Rente betrifft, und Flexibilität an den Tag zu legen, um die älteren Beschäftigten so lange wie möglich zu halten.

Die Unternehmen haben dann Erfolg, wenn sie das Thema langfristig und strategisch angehen, und nicht nur mit punktuellen Massnahmen, betont die Dozentin der HSLU: "Die Unternehmenskultur ist in diesem Bereich ebenfalls sehr wichtig. Mit dem Thema Alter sind viele Vorurteile verknüpft, zum Beispiel die Annahme, die Älteren seien langsam oder hätten keine Informatikkenntnisse. In einem vorurteilsfreien oder zumindest vorurteilsarmen Umfeld sind die Massnahmen wirksamer."

Diesbezüglich müssen die Arbeitgeber das Rad nicht neu erfinden, so die Expertin weiter. "Bewährt haben sich beispielsweise altersgemischte Teams. Auch das sogenannte Reverse Mentoring, bei dem jüngere Mitarbeitende die Älteren als Mentoren begleiten, wird seit einigen Jahren in Schweizer Unternehmen angewandt und stösst auf positive Resonanz."

Umsetzung

Wie sollten Unternehmen, die von dieser Altersgruppe profitieren wollen, am besten vorgehen? Laut Anina Hille geht es zunächst darum, eine Bestandsaufnahme und eine Analyse der Altersstruktur vorzunehmen. "Viele KMU machen so eine Analyse nicht regelmässig, obwohl der Aufwand gering ist und es viele kostenlose Tools dafür gibt. Hilfreich ist es auch, die Kenntnisse der Mitarbeitenden systematisch zu erfassen, um schon im Vorfeld künftige Engpässe zu erkennen und die Nachfolge zu planen."

Ein weiterer Tipp ist, auf die Bedürfnisse der älteren Beschäftigten einzugehen. "Das erfolgt insbesondere über die Möglichkeit, über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu arbeiten. Es geht aber auch um Themen, die für die älteren Mitarbeitenden wichtig sind, aber für Unzufriedenheit sorgen, beispielsweise der Informationsfluss innerhalb des Unternehmens."

Und schliesslich ist es nützlich, regelmässig Bilanz über den Erwerb neuer Kompetenzen zu ziehen. "Beim Thema Weiterbildung bevorzugen die Älteren oft andere Lernmethoden als die Jüngeren, was man berücksichtigen sollte. Insgesamt lässt sich sagen, dass es sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber lohnt, dafür zu sorgen, dass die Arbeitsmarktfähigkeit jedes Einzelnen auf einem hohen Niveau bleibt."


Informationen

Zum Thema

Generationenbarometer

Die Hochschule Luzern zählt zu den akademischen Einrichtungen, die bei der Frage der Beschäftigungsfähigkeit von älteren Arbeitnehmenden als Vorreiter gelten. Sie hat unter anderem in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern ein Generationenbarometer entwickelt, dessen erste Ergebnisse am 3. Oktober 2023 veröffentlicht werden. Die Studie, die sich zum einen mit KMU und zum anderen mit Grossunternehmen beschäftigt, erfasst, wie aktiv die Schweizer Arbeitgeber die Generationenvielfalt nutzen und mittels Generationenmanagement dem demographischen Wandel und dem Fachkräftemangel begegnen. Konkrete Beispiele und praktische Massnahmen finden sich in dem Leitfaden der HSLU "Generationenmanagement leichtgemacht!" (s. Link).

Letzte Änderung 06.09.2023

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