Entlassungen: Welche 5 Fehler man vermeiden sollte

Wegen der Krise sind einige Schweizer KMU derzeit gezwungen, sich von Mitarbeitenden zu trennen. An welche Vorschriften müssen sie sich dabei halten? Worauf müssen sie Rücksicht nehmen? Zwei Experten geben Antwort.

Aus einer Reihe von Spielfiguren wird eine herausgestossen.

Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat der Rückgang der Wirtschaftsaktivität in der Schweiz zu einem deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 2,3% im Jahr 2019 auf 3,1% im letzten Jahr geführt. Angesichts der herrschenden Unsicherheit könnten KMU weitere Entlassungen in Betracht ziehen (rund 14% der von S-GE in der letzten Erhebung befragten Firmen gaben an, ihren Personalbestand verkleinern zu wollen). Ein Überblick über Fehler, die man dabei vermeiden sollte

1. Kündigungsfristen beachten

Die Zeit zwischen der Übermittlung der Kündigung an den Arbeitnehmer bis zum tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses kann unterschiedlich lang sein. Während des ersten Monats des Arbeitsverhältnisses, der sogenannten Probezeit, kann der Vertrag jederzeit mit einer Frist von sieben Tagen aufgehoben werden. Anschliessend gelten folgende allgemeine Regelungen, sofern nicht in den besonderen Bedingungen des Unternehmens oder in den Gesamtarbeitsverträgen etwas anderes bestimmt ist. Eine schwangere Arbeitnehmerin kann weder während der Schwangerschaft noch im Zeitraum von 16 Wochen nach der Geburt entlassen werden. Im Falle einer vollständigen oder teilweisen Arbeitsunfähigkeit (Krankheit, Unfall,...) gilt bei weniger als einem Dienstjahr eine Frist von 30 Tagen, bei zwei bis fünf Jahren sind es 90 Tage und bei längerer Betriebszugehörigkeit 180 Tage. Zudem kann ein Mitarbeiter nicht während seines obligatorischen Militär- oder Zivildienstes entlassen werden. Dauert dieser mehr als elf Tage, so wird der Schutz auf vier Wochen vor und nach Beginn des Dienstes ausgeweitet.

2. Individuelle oder Massenentlassungen: Keine Rechtsverstösse

Das Obligationenrecht sieht bei Massenentlassungen besondere Massnahmen vor. Wenn ein Unternehmen mehr als 20 Mitarbeitende zählt, ist das kantonale Arbeitsamt zu verständigen und eine Konsultation mit der Arbeitnehmervertretung durchzuführen. Gemäss den Artikeln 335d ff. des Obligationenrechts gilt als Massenentlassung, wenn sich eine Firma mit weniger als 100 Arbeitnehmenden innert maximal 30 Tagen von zehn Arbeitnehmenden trennt. Beträgt die Beschäftigtenzahl 100 bis 300, so liegt die Schwelle bei 10% der Arbeitnehmenden. Ab 300 Beschäftigten gilt jede Kündigung von mehr als 30 Personen als Massenentlassung. Einige Arbeitgebende könnten versucht sein, das Verfahren zu vereinfachen, indem sie die Kündigungen über mehrere Monate verteilt aussprechen, um sich die Phase der Verhandlungen zu sparen. Françoise Favre, Leiterin des Arbeitsamtes des Kantons Waadt, erklärt, warum dies ein Fehler ist: "Damit würde man das Recht umgehen. Wenn es zu einer solchen Situation kommt, sollte uns das Unternehmen unbedingt im Vorfeld kontaktieren. Unsere Rolle besteht darin, die Firmen zu begleiten, um sicherzustellen, dass das Verfahren unter strenger Einhaltung der Gesetze abläuft.

3. Ethisch korrektes Verhalten

Abgesehen vom gesetzlichen Rahmen ist eine Entlassung auch auf der zwischenmenschlichen Ebene ein schwieriger Moment, der ein gewisses Feingefühl erfordert. Wer die schlechte Nachricht möglichst ethisch verkünden will, sollte den persönlichen Weg wählen: "Man muss die Kündigungen mit einem Maximum an Respekt aussprechen, indem man von Entlassungen per Mail, SMS oder Pressemitteilungen komplett absieht", rät Christian Oberson, Präsident des Genfer Regionalverbands der Personalmanager. "Die Wirtschaftslage ist nicht alles, längerfristig geht es um das Image des Unternehmens.

4. Geradewegs zum Ziel

Jeden und jede mit Respekt zu behandeln, darf aber nicht dazu führen, dass man für die Mitteilung als solche zu viel Zeit aufwendet. "Wer über die Kündigung entscheidet, kann nicht zugleich derjenige sein, der den Arbeitnehmer tröstet", erklärt Christian Oberson. Rasch auf den Punkt zu kommen, ist eine Möglichkeit, alle zu schützen, denn eine Entlassung ist eine Entscheidung, die vom Arbeitgeber nur selten auf die leichte Schulter genommen wird. Es ist in seinem Sinne, in einem Gespräch von 15 bis 20 Minuten das Ende des Arbeitsverhältnisses klar und sachlich zu verkünden. Es kann hilfreich sein, sich von einer dritten Person begleiten zu lassen: "Abgesehen von den rein technischen oder rechtlichen Aspekten lassen sich auf diese Weise zwei Klippen umschiffen, nämlich sowohl zu viel Kälte als auch zu viel Emotion."

5. Auch an diejenigen denken, die bleiben

Nach einer oder mehreren Entlassungen gehört es auch zum Schutz des Unternehmens, den Zusammenhalt in den Teams zu stärken und weiterhin eine positive Atmosphäre zu erzeugen. Diesen zwischenmenschlich schwierigen Kurs kann man durch Präsenz erreichen und indem die Geschäftsführung eine bestimmte Haltung einnimmt. "Arbeitnehmer zu entlassen ist eine rationale Entscheidung, die dazu dient, das Unternehmen zu retten", erklärt Christian Oberson. "Zur Bewältigung dieser schwierigen Phase gehört es auch, dass man Kontakt hält und die Belegschaft wieder möglichst positiv stimmt." Die Rolle eines Geschäftsführers besteht darin, präsent zu bleiben, die Verantwortung für seine Entscheidungen zu übernehmen und die Fragen der Beschäftigten zu beantworten.


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Das steht im Gesetz

Die Gesetzgebung der Schweiz zum Arbeitsrecht lässt jedem Arbeitgeber die Freiheit, einen Arbeitnehmer zu entlassen. Allerdings enthalten die Artikel 334 ff. des Obligationenrechts verschiedene Regelungen, mit denen die Arbeitnehmenden bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschützt werden sollen. Beispielsweise ist es verboten, einen Arbeitnehmer wegen mit seiner Persönlichkeit verbundenen Eigenschaften, wegen der Ausübung eines verfassungsmässigen Rechts oder wegen der Mitgliedschaft in einem Arbeitnehmerverband zu entlassen. Auch jede Entlassung aufgrund des Geschlechts, der Religion, der politischen Meinungen oder der Hautfarbe ist damit verboten.

Ist ein Arbeitnehmer der Ansicht, dass seine Kündigung missbräuchlich ist, kann er dies seinem Arbeitgeber schriftlich vor Ablauf der Kündigungsfrist mitteilen, um eine Entschädigung zu erhalten oder seine Weiterbeschäftigung im Betrieb zu erwirken. Führt dieser Weg der gütlichen Einigung nicht zum gewünschten Erfolg, kann der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht oder beim Bezirksgericht innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinen Anspruch auf Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung geltend machen. Die Kündigungsentschädigung ist in jedem Fall auf die Höhe des Lohns von sechs Monaten beschränkt.

Letzte Änderung 03.02.2021

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