Das Parlament hat den Bundesrat damit beauftragt, ein Bundesgesetz über die Prüfung ausländischer Investitionen zu erarbeiten. Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Direktor des SECO, erläutert die wesentlichen Aspekte dieser Vorlage.
Die Vernehmlassungsphase zum Bundesgesetz über die Prüfung ausländischer Investitionen ging Anfang September zu Ende. Das Verfahren wurde infolge der Annahme der Motion "Schutz der Schweizer Wirtschaft durch Investitionskontrollen" durch das Parlament begonnen. Der vom Bundesrat vorgelegte Vorentwurf des Gesetzes sieht vor, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mit der Umsetzung dieser Investitionskontrollen beauftragt wird. Bei der Einführung einer Investitionsprüfung soll jedoch gewährleistet werden, dass den Schweizer Unternehmen ausreichend Kapital und Know-how zufliesst. Schliesslich spielt ausländisches Kapital eine zentrale Rolle für die Wertschöpfung und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Schweiz.
In welchen Fällen ist es angebracht, den Kauf Schweizer Firmen durch ausländische Investoren zu prüfen?
Eric Scheidegger: Der vom Bundesrat formulierte Vorentwurf des Gesetzes, der in die Vernehmlassung gegeben wurde, zielt darauf ab, Risiken für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu vermeiden, die mit ausländischen Investitionen verbunden sein könnten. Er nimmt einerseits staatliche oder staatsnahe Investoren in den Blick, die in jedem Fall einer Prüfung unterzogen werden sollen. Einen anderen Ansatz planen wir im Hinblick auf Investitionen von privaten Firmen, bei denen die Prüfung auf kritische Branchen wie Energie, militärische Ausrüstung oder Telekommunikation beschränkt wäre.
Der Entwurf sieht eine Prüfung nur für den Fall vor, dass ein ausländischer Investor die Kontrolle über ein Schweizer Unternehmen übernimmt. Zudem ist ein Schwellenwert festgelegt, um sich auf die grossen Investitionen zu konzentrieren. Das Ziel ist wirklich, problematische Investitionen in den Fokus zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sich die administrative Belastung sowohl für die mit der Kontrolle betraute Stelle wie auch für die betroffenen Investoren in Grenzen hält.
Man muss jedoch wissen, dass sich der Bundesrat immer gegen die Einführung neuer Kontrollmechanismen ausgesprochen hat. Als Antwort auf ein 2019 eingereichtes Postulat zur Übernahme von Unternehmen durch ausländische Investoren hatte der Bundesrat angemerkt, dass der Schutz vor unerwünschten Investitionen heute bereits hinreichend geregelt sei.
Wie viele Transaktionen würden jedes Jahr geprüft?
Scheidegger: Der Vorentwurf des Gesetzes enthält zwei Varianten dafür, wie ein inländisches Unternehmen definiert werden könnte. Die erste Variante sieht vor, dass eine inländische Tochterfirma einer ausländischen Unternehmensgruppe als inländisches Unternehmen gelten würde. Die zweite Variante hingegen nicht. Eine Analyse über die letzten fünf Jahre zeigt, dass das Gesetz in der zweiten Variante rund 23 und in der ersten Variante rund 45 Transaktionen pro Jahr betreffen würde.
Hätte dieses neue Instrument Auswirkungen auf die KMU?
Scheidegger: Der Vorentwurf zu dem Gesetz sieht eine Schwelle vor, die bewirkt, dass Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von unter CHF 10 Millionen nicht von den Überprüfungen beim Einstieg eines ausländischen Investors betroffen sind.
Wie geht es nun mit dieser Vorlage weiter?
Scheidegger: Das Vernehmlassungsverfahren wurde am 9. September abgeschlossen. Die verschiedenen betroffenen Akteure, also beispielsweise die Kantone, die Dachverbände der Wirtschaft oder Branchenverbände, sowie auch die Parteien haben dazu ihre Stellungnahmen abgegeben, die nun analysiert werden müssen. Der Bundesrat wird sich mit dem Ergebnis dieser Vernehmlassung befassen und prüfen, ob der Vorentwurf des Gesetzes in dem einen oder anderen Punkt angepasst werden muss. Die Gesetzesvorlage könnte dann im Laufe der zweiten Hälfte des nächsten Jahres präsentiert werden.
Wie wird diese Frage in der Gesetzgebung der Nachbarländer geregelt?
Scheidegger: Mehr als die Hälfte der Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben mittlerweile eine Form der Kontrolle ausländischer Investitionen in ihre Gesetzgebung aufgenommen. Zu den kritischen Sektoren gehört dabei meist der Rüstungsbereich. Über die vergangenen 20 Jahre ist zu beobachten, dass zunehmend auch kritische Infrastrukturen oder Hochtechnologien in den Fokus genommen werden. Man muss aber auch sagen, dass einige Gesetze von OECD-Mitgliedstaaten zweckentfremdet werden, um eine Form von Protektionismus einzuführen oder bestimmte führende Unternehmen zu bevorzugen.
Welche Daten gibt es bisher hinsichtlich des Beitrags ausländischer Investitionen zur Wertschöpfung oder zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Schweiz?
Scheidegger: Eine Politik der Offenheit gegenüber ausländischen Investoren ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz überlebenswichtig. Gemäss den jüngsten verfügbaren Zahlen von 2020 erreichen die ausländischen Direktinvestitionen in der Schweiz eine Summe von knapp CHF 1'200 Milliarden und die schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland eine Summe von CHF 1'350 Milliarden. Ebenfalls interessant: In der Schweiz gibt es knapp 530'000 Arbeitsplätze in ausländischen Tochtergesellschaften, das heisst, jeder zehnte Arbeitsplatz ist direkt von ausländischen Investitionen abhängig. Darum muss sich die Schweiz auch künftig für Direktinvestitionen aus dem Ausland öffnen. Sie bringen Kapital, aber auch Wissen und Kompetenzen ins Land und tragen so entscheidend zur Wertschöpfung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Schweiz bei.
Was können Unternehmen tun, die mehr über das Thema erfahren möchten?
Scheidegger: Auf der Plattform Fedlex, auf der die Bundesgesetze veröffentlicht werden, gibt es einen Bereich zu den Vernehmlassungsverfahren, der alle nützlichen Informationen zu diesem Thema einschliesslich der verschiedenen Stellungnahmen enthält.