"Die Hotellerie wird ihre Attraktivität steigern müssen"

Die vom Bund kofinanzierte Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) gewährt Beherbergungsbetrieben finanzielle Unterstützung, bietet ihnen aber auch Beratungen an. Direktor Peter Gloor erklärt uns die Rolle und die Funktionsweise der Organisation.

Um die Hotelbetriebe zu unterstützen, gewährt die SGH zinsgünstige Darlehen und bietet Beratungsleistungen an, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors in der Schweiz nachhaltig zu stärken. 2021 vergab die Organisation CHF 21,2 Millionen an ihre Kunden, von denen 21,3% in Graubünden, 20,1% in der Region Bern, 18,7% in der Ostschweiz und 17,8% im Wallis ansässig sind. Auf die Zentralschweiz (13,4%), die Westschweiz (4,6%) und das Tessin (4,1%) entfiel nur ein geringer Teil der gewährten Kredite. Der Gesamtbetrag bleibt jedoch deutlich unterhalb der Vorjahressumme, was besonders an der Inanspruchnahme der COVID-19-Kredite liegt. Nach mehr als zwei Jahren Gesundheitskrise wird sich die Branche auch aufgrund des Personalmangels und eines veränderten Konsumentenverhaltens in den kommenden Jahren vielen Herausforderungen stellen müssen.

Welche Leistungen und Hilfen bietet die SGH und welche Rolle kommt ihr in erster Linie zu?

Peter Gloor: Die SGH ist eine öffentlich-rechtliche Genossenschaft, die als Kompetenzzentrum die Förderung der Beherbergungswirtschaft im Rahmen der Tourismuspolitik des Bundes umsetzt. Sie gewährt subsidiäre Darlehen an Beherbergungsbetriebe in Fremdenverkehrsgebieten und Badekurorten. Darüber hinaus bietet sie Beherbergungsbetrieben, Tourismusunternehmen, Banken, der öffentlichen Hand sowie weiteren Institutionen in der ganzen Schweiz Beratungsdienste an. Der Wissenstransfer zugunsten der Beherbergungsbranche rundet das Tätigkeitsfeld der SGH ab.

An wen richtet sich Ihr Angebot?

Gloor: Ganz allgemein an die Beherbergungsbranche in der Schweiz. Hauptsächlich sind es Hotels, die in der Regel über mindestens 15 Zimmer beziehungsweise 30 Betten verfügen.

Welche Kriterien muss ein Betrieb erfüllen, um von Ihrer Unterstützung und Beratung profitieren zu können?

Gloor: Unsere Kunden sind wirtschaftlich rentable Beherbergungsbetriebe mit gesunden Finanzen, die mithilfe von zinsgünstigem Risikokapital bestehende Finanzierungslücken schliessen können. Die Beteiligung der SGH verbessert die Kapitalstruktur der gesunden Betriebe und soll ihre Rentabilität langfristig sicherstellen.

Die SGH konzentriert sich daher auf kleine und mittelgrosse Hotels in Tourismusregionen, die starken saisonalen Schwankungen unterliegen. Unsere Darlehen richten sich in erster Linie an Hotelbetriebe, deren Kapitalstruktur ungünstig ist (geringes Eigenkapital), die aber Aussichten auf gute Renditen haben. Wir bewerten diese Aussichten und gewähren einem Betrieb dann Darlehen, die über die von den Banken geforderten Garantie hinausgehen.

Ausserdem bieten wir in der gesamten Schweiz unsere Beratungen an, zum Beispiel Gutachten, um den Ertragswert nach der DCF-Methode zu bestimmen (Anm.d.R.: "Discounted-Cash-Flow"-Methode zur Bestimmung des Finanzwertes eines Unternehmens über den Cashflow, den es künftig generieren wird). Wir beantworten auch Fragen im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über Zweitwohnungen (ZWG oder Lex Weber), das die Zulässigkeit des Baus neuer Wohnungen regelt, sowie mit der Lex Koller (BewG). Die Unterstützung richtet sich zum einen an Hoteliers aber auch an Banken und Investoren sowie an die kantonalen Förderorganisationen.

Warum ist es für Hoteliers interessant, sich eher an die SGH zu wenden als an eine Bank oder eine andere Einrichtung?

Gloor: Wir finanzieren nicht als alleiniger Kreditgeber, sondern ergänzend. Unsere Kofinanzierung und unsere Expertise dienen den Banken häufig als Qualitätslabel, da sie wissen, dass das Projekt und die Umsetzbarkeit von der SGH, einer kompetenten Organisation, geprüft wurden.

Wie ist es derzeit, nach mehr als zwei Jahren Pandemie, um die Schweizer Hotellerie bestellt?

Gloor: Die Pandemie hatte sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Hotelbetriebe. Während die Städte sehr unter den Beschränkungen und der fehlenden Nachfrage im Business- und Kongressbereich zu leiden hatten, verzeichneten die traditionelleren Ferienregionen sehr gute Ergebnisse. Das ist vor allem den Gästen aus der Schweiz zu verdanken. Hinzu kommt, dass die staatlichen Hilfen gut funktioniert und den Erhalt der Liquidität ermöglicht haben. Die SGH hat ihre Kunden auch durch Amortisationssistierungen unterstützt.

Was sind für die Hotelbranche die grössten Herausforderungen der kommenden Jahre?

Gloor: Die Veränderungen im Verhalten der Kunden werden auf jeden Fall grosse Herausforderungen darstellen. Viele Hotels werden über eine Digitalisierung ihrer Prozesse nachdenken müssen. Ausserdem wird die Hotellerie eine Antwort auf den Fachkräftemangel finden müssen. Es also Aufgabe der Arbeitgeber, die Attraktivität der Branche zu steigern, indem Angebote wie eine 4-Tage-Woche oder die Unterbringung der Beschäftigten sowie Freizeitangebote für das Personal geschaffen werden.

Welche Rolle wird die SGH über die Hotelbranche hinaus in der Wirtschaft spielen?

Gloor: Als Förderinstrument des Bundes wird die SGH immer Aufgaben im Beherbergungssektor zu erfüllen haben und sich dabei auf das entsprechende Bundesgesetz zur Förderung der Beherbergungswirtschaft stützen. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 2003 und sieht nur für den Bereich der Investitionen in Gebäude eine Kofinanzierung vor. Mit der für 2025 geplanten Änderung des Gesetzes dürfte der Spielraum für die Finanzierungen künftig auf die Finanzierung von betrieblichen oder Digitalisierungsprozessen erweitert werden. Darüber hinaus soll auch die Teilnahme an speziellen Impulsprogrammen mit Fokus auf die Beherbergung möglich sein. Dabei könnte es sich zum Beispiel um das mit der Motion Stöckli geforderte Impulsprogramm für die Sanierung von Beherbergungsbetrieben im alpinen Raum handeln. Damit könnten wir auch auf die Anforderungen der Branche reagieren.


Informationen

Zur Person/Firma

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Nach einer Banklehre beim Schweizerischen Bankverein arbeitete Peter Gloor als Finanzierungsberater bei verschiedenen Banken. Anschliessend wurde er Direktionsmitglied der Aargauischen Kantonalbank und war dort für das Grossfirmen-Kunden-Geschäft verantwortlich. Ab Ende 2007 arbeitete er als Leiter Finanzierung und stellvertretender Direktor der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH), bevor er Anfang 2021 zum Direktor ernannt wurde und damit Philippe Pasche ablöste. Peter Gloor ist heute 60 Jahre alt. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Er engagiert sich seit vielen Jahren als Funktionär für den FC Aarau.

Letzte Änderung 17.08.2022

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