Wie lassen sich verantwortungsvolle Praktiken im eigenen Unternehmen umsetzen?

Die Themen Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung gewinnen in Schweizer Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Zwei Experten erklären, wie man sich an die nunmehr unumgänglichen ESG- und CSR-Kriterien anpassen kann.

Ein Baum in einer Glühbirne, die auf einem Haufen aus Münzen steht

Die OECD-Leitsätze für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln empfehlen Unternehmen, Richtlinien zu entwickeln, in denen sich das Unternehmen zu verantwortungsvollem Handeln verpflichtet, und die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Die ESG-Indikatoren, die bei grossen Unternehmen mittlerweile zum Alltag gehören, ermöglichen es Anlegern insbesondere, die nichtfinanziellen Leistungen eines Unternehmens zu bewerten. Neben ökologischen und sozialen Faktoren umfasst ESG auch den Bereich Governance, der Themen wie Transparenz in der Unternehmensführung, wirksame Compliance-Strukturen, faire Vergütungssysteme oder die Zusammensetzung des Verwaltungsrats umfasst. 

Laut dem im Rahmen der Swiss Managers Survey veröffentlichten Geschäftsklimaindex haben diese Kriterien zwischen 2022 und 2024 in der Unternehmenslandschaft deutlich an Bedeutung gewonnen. Fast die Hälfte der multinationalen Unternehmen hat einen ESG-Beauftragten in ihrer Geschäftsleitung ernannt. Der normative Rahmen für eine ethische Praxis, den diese Indikatoren gemeinsam mit denen der Corporate Social Responsibility (CSR) schaffen, kann den Ruf der Unternehmen prägen. So kann ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht und ihr langfristiges Überleben gesichert werden. Für KMU kann die Einführung dieser verantwortungsvollen Praktiken jedoch kompliziert sein. Wie lassen sie sich am besten in die eigene Unternehmensstrategie integrieren? Zwei Experten geben Tipps.

Relevante Themen identifizieren

Da ESG-Indikatoren die Bewertung der CSR-Strategie ermöglichen, wird es für ein Unternehmen mit einer soliden CSR einfacher sein, die ESG-Anforderungen zu erfüllen. Der erste Schritt besteht darin, die Kriterien zu bestimmen, bei denen das Unternehmen tatsächlich Fortschritte erzielen kann. "Von den rund vierzig Themenbereichen, aus denen sich zum Beispiel die CSR zusammensetzt, sind für ein Unternehmen aufgrund seiner geringen Grösse in der Regel nur etwa zehn relevant. Diese müssen daher genau identifiziert werden", erklärt François Sibille, der als Dozent an der Hochschule für Wirtschaft in Genf unter anderem für das Diploma of Advanced Studies (DAS) in nachhaltigem Management zuständig ist.

Vor dem Start sollte ein KMU eine Diagnose erstellen. "Dabei geht es beispielsweise darum, die Praktiken des Unternehmens mit den rund vierzig Themen zu vergleichen, die in der Norm ISO 26000 zur sozialen Verantwortung aufgeführt sind.“ Der Experte rät KMU, die oft weder die Zeit noch die Mittel haben, dies intern zu tun, einen externen Berater hinzuzuziehen. "Ein halber Tag Begleitung reicht in der Regel aus, um die zu bearbeitenden Themen und die umzusetzenden Aktionspläne zu ermitteln."

Realistische Ziele setzen

Wenn ein Unternehmen beispielsweise die Nachhaltigkeit seiner Praktiken verbessern möchte, ist es besser, zunächst kurzfristig zu denken und zu prüfen, ob kleine Ziele wie Abfallrecycling oder Fahrgemeinschaften leicht zu erreichen sind. "Die meisten Vorteile der Nachhaltigkeit zeigen sich vor allem mittel- und langfristig, kleine Erfolge können dabei helfen, das Engagement aufrechtzuerhalten", erklärt Christian Vögtlin, Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und Ko-Leiter des Zurich Center for Sustainability Leadership.

"Die Diagnose zeigt manchmal rund zwanzig potenzielle Ziele auf, was für ein KMU unmöglich umzusetzen ist", fügt François Sibille hinzu. "Wenn man nur eines davon innerhalb eines Jahres mit einem echten Indikator zur Überwachung und mit Zwischenbilanzen erreicht, kann das bereits ein hervorragendes Engagement sein." CSR und ESG-Kriterien müssen darüber hinaus vollständig in die Unternehmensstrategie und das Geschäftsmodell integriert werden.

Mit den sozialen Aspekten beginnen

Bestimmte Themen erfordern nicht unbedingt eine Diagnose und gelten für die meisten Schweizer Unternehmen. "Soziale Themen wie der Zugang zu Bildung, ethische Managementpraktiken oder Fragen aus den Bereichen Diversität, Gleichstellung von Männern und Frauen oder Integration von Menschen mit Behinderung sind Aspekte, bei denen die meisten Unternehmen leicht etwas tun können", erklärt François Sibille.

Lösungen für den sozialen Themenbereich erfordern interne Überlegungen und einen Mentalitätswandel. "Heute ist Behinderung noch immer ein grosses Tabu, obwohl es viele Verbände für die berufliche Integration gibt, mit denen Unternehmen zusammenarbeiten können. Eine Firma hat mir kürzlich von ihrer Erfahrung berichtet, dass sich die Beschäftigung einer Person mit Behinderung für sie als sehr gewinnbringend und auch wirtschaftlich vorteilhaft erwiesen hat."

Zugang zu Schulungen und Ressourcen

Heute stehen zahlreiche Ressourcen zur Verfügung, um Nachhaltigkeit bestmöglich in das eigene Unternehmen zu integrieren: "Institutionen wie das SECO, der UN Global Compact Schweiz und Liechtenstein oder der Schweizerische Rat für Nachhaltige Entwicklung (öbu) stellen viele Ressourcen wie Leitfäden, Tools oder Artikel kostenlos zur Verfügung", sagt Christian Vögtlin.

An den meisten Schweizer Universitäten und Hochschulen kann man sich auch begleiten lassen und Weiterbildungen absolvieren. "Sie bieten recht anspruchsvolle Fachkurse mit Abschlüssen wie Certificate of Advanced Studies (CAS) oder Master of Advanced Studies (MAS) sowie Coachings an, aber auch Unterstützung in Form von Projekten, die Studierende für Unternehmen durchführen, oder Firmenpraktika für Studierende."


Zum Thema

Seit 2014 unterstützt der vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) im Auftrag des Bundes gegründete Verein Reffnet Unternehmen dabei, ihre Ressourcen, insbesondere ihren Energieverbrauch, zu optimieren. Interessierte KMU können Leistungen – von der Beratung bis zur Ausarbeitung eines konkreten Massnahmenplans – zu den Themen Materialeffizienz, Kreislaufwirtschaft, Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung, Hotellerie und Energieeffizienz in Anspruch nehmen. Das BAFU kann Unternehmen, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen, mit bis zu CHF 5'000 finanziell unterstützen, was den Kosten für drei Arbeitstage der Experten entspricht.

Letzte Änderung 03.09.2025

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