Bei jährlich über 50'000 Neugründungen ist der Wettbewerb um Talente für viele Schweizer Start-ups inzwischen ebenso anspruchsvoll wie jener um Investoren. Neben einem konkurrenzfähigen Gehalt kann auch die berufliche Vorsorge zu einem entscheidenden Faktor werden.

Junge Unternehmerinnen und Unternehmer betrachten die berufliche Vorsorge oft als gesetzliche Verpflichtung, die zusätzliche Kosten verursacht, während sie eigentlich eher versuchen, Geld zu sparen. Auf einem zunehmend umkämpften Arbeitsmarkt – 2024 wurden fast 53'000 neue Unternehmen gegründet, was einen Rekord darstellt – stehen Schweizer Start-ups oft im Wettbewerb untereinander, aber auch mit bereits etablierten Unternehmen, die über weitaus mehr finanzielle Ressourcen und Stabilität verfügen. Die Wahl der Pensionskasse kann daher zu einem wichtigen Vorteil werden, um die besten Profile zu rekrutieren und kompetente Mitarbeitende zu halten. "Ein Job in einem Start-up ist oft mit vielen Unsicherheiten verbunden. Für solche Unternehmen ist es schwierig, langfristige Garantien zu geben und hohe Gehälter zu bieten. Eine gute berufliche Vorsorge kann dazu beitragen, attraktiv zu bleiben und ein gewisses Vertrauen zu schaffen", erklärt Peter Kappeler, CEO des genossenschaftlich organisierten Versicherungsunternehmens Pax in Basel, das auf Vorsorge spezialisiert ist.
Unterschätztes Argument
Die berufliche Vorsorge wird in den Personalstrategien junger Unternehmen oft unterschätzt, obwohl sie nicht nur bei erfahrenen Arbeitnehmenden, sondern auch – und zunehmend – bei jungen Menschen den Ausschlag geben kann. "Bei Vertragsverhandlungen wird die zweite Säule noch immer unterschätzt. Auch wenn diese Leistungen nicht direkt auf der Lohnabrechnung zu sehen sind, sind sie im Ruhestand oder bei einem Unfall viel wichtiger als eine einfache Prämie. Wir stellen auch fest, dass junge Menschen sich zunehmend für ihre zweite Säule interessieren und für solche Vorteile empfänglich sind", fährt Peter Kappeler fort.
Da die Wahl der zweiten Säule in der Regel dem Arbeitgeber obliegt, kann es innerhalb des Unternehmens zu einer gewissen Undurchsichtigkeit in dieser Frage kommen. Dabei kann Transparenz auch ein Vorteil sein, der im Vorsorgeplan hervorgehoben werden sollte. "Unternehmen neigen dazu, dies zu vergessen, aber sie sind gesetzlich verpflichtet, ihre Mitarbeitenden in dieser Angelegenheit zu informieren und zu schulen. Wenn Mitarbeitende aktiv mitbestimmen können, wie ihre Vorsorge gestaltet wird – etwa durch flexible Sparpläne –, stärkt das die Bindung und hebt das Unternehmen von der Konkurrenz ab."
Bessere Risikodeckung
"Bei der gesetzlichen Mindestdeckung sind mehrere hundert Franken pro Monat und Arbeitnehmer anzusetzen. Die attraktivsten Modelle können weit über 1‘000 Franken kosten." Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, den Schutz der Arbeitnehmenden zu verbessern, ohne die Grundbeiträge zu erhöhen. Christian Beckstedde, Experte für Vorsorge in KMU bei Swiss Life, empfiehlt Start-ups, mit dem gesetzlichen Minimum zu beginnen, bei einer 50:50-Aufteilung zu bleiben (im Basismodell beteiligen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu je 50%, Anm. d. Red.) und dann schrittweise zu erhöhen, wenn die Ergebnisse dies zulassen.
Der Experte empfiehlt hingegen, eine bessere Risikodeckung anzubieten. "Die Garantie eines Einzelzimmers im Spital für die Mitarbeitenden – auch im Ausland – kostet beispielsweise etwa hundert Franken pro Jahr und Mitarbeiter, wertet den Vertrag jedoch erheblich auf. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Vorsorgeschutz im Todesfall an den versicherten Lohn und nicht an die angesparten Beiträge zu koppeln. Im BVG werden Witwen- oder Witwerrenten gemäss der obligatorischen Regelung auf der Grundlage des für das 65. Lebensjahr erwarteten Altersguthabens berechnet. Modernere Pläne definieren die Witwen-/Witwerrente als Prozentsatz des Jahreslohns, beispielsweise 40% von 100'000 Franken, also 40'000 Franken. Für junge Menschen oder Personen, die ihre zweite Säule in Immobilien investiert haben, macht dies einen grossen Unterschied aus."
Zusatzleistungen
Neben einer umfassenderen Risikodeckung und höheren Beiträgen können Unternehmen auch zusätzliche Leistungen in ihren Vorsorgeplan integrieren. "Bei Personen, deren Lohn über der Obergrenze für die Pflichtbeiträge liegt, ist es beispielsweise denkbar, ihnen die Wahl der Anlageform für den Überschuss zu überlassen. Es ist auch möglich, Boni in die dritte Säule einzuzahlen. Eine weitere interessante Lösung, die nur einen geringen organisatorischen Aufwand erfordert, ist die Aushandlung eines Gruppentarifs mit einer Krankenversicherung, um den Mitarbeitenden Rabatte zu gewähren", erklärt Christian Beckstedde.
Eine durchdachte Vorsorgestrategie kostet Start-ups deutlich weniger, als viele glauben – und zahlt sich mehrfach aus. Sie schafft Vertrauen bei potenziellen neuen Mitarbeitern und signalisiert Stabilität bei der Belegschaft. Damit macht sie das Unternehmen zu einem attraktiven Arbeitgeber in einem umkämpften Markt.
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Von Papier zu Digital
Die Digitalisierung der Vorsorge kann dazu beitragen, bei den Mitarbeitenden für mehr Klarheit bezüglich der zweiten Säule zu sorgen. "Heute kann eine bei uns versicherte Person über einen QR-Code auf dem Vorsorgeausweis schätzen, wie hoch ihre Rente zum Zeitpunkt der Pensionierung sein wird oder wie viel sie für den Kauf einer Immobilie entnehmen könnte", erklärt Peter Kappeler, CEO von Pax, einem auf berufliche Vorsorge spezialisierten Versicherer in Basel. "Dies ist auch ein pädagogischer Vorteil für beispielsweise Grenzgänger, die nicht immer mit dem Schweizer Vorsorgesystem vertraut sind."
Diese Meinung teilt auch Christian Beckstedde, Experte für Vorsorge in KMU bei Swiss Life: "Die Digitalisierung kommt auch den Arbeitgebern zugute, für die die Anmeldung neuer Beschäftigter vereinfacht wird. Zwischen 90 und 95% unserer Versicherten nutzen die Online-Plattform. Wir bleiben jedoch in engem Kontakt mit unseren Kunden, und es ist weiterhin möglich, Papierformulare zu verwenden."
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Letzte Änderung 05.11.2025