Jahresgespräche: Warum eine detaillierte Vorbereitung so wichtig ist

Individuelle Mitarbeitergespräche sind ein unverzichtbarer Moment des Austauschs in einem Unternehmen, egal ob am Anfang oder am Ende des Jahres. Tipps von zwei Experten.

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Es ist ein fester Termin im Firmenkalender: das Mitarbeitergespräch zum Jahresende. Dieser Moment der Beurteilung und des Austauschs gibt dem Arbeitgeber und den Mitarbeitenden die Gelegenheit zu einem Rückblick auf das ausklingende Jahr und zur Definition von Zielen für das nächste. Damit sie unter bestmöglichen Bedingungen gehalten werden können, müssen diese Gespräche jedoch gewissenhaft vorbereitet werden. "Es geht nicht darum, diese Gespräche einfach aus Prinzip zu planen", macht Dörte Resch, Leiterin des Instituts für Kooperationsforschung und -entwicklung an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), deutlich. "Jedes Unternehmen sollte über die Gründe nachdenken, die es zu diesem Gespräch veranlassen, und zwar für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter."

Üblicherweise werden diese Begegnungen in einen Leistungsmanagementprozess integriert. Es ist also wichtig, im Vorfeld die Strategie festzulegen, um die von den Mitarbeitenden erwarteten Kompetenzen und die Indikatoren für ihre Bewertung zu präzisieren. Die Ziele des Unternehmens, des Teams, und des Einzelnen sowie die Art und Weise, wie dieser Prozess zu organisieren ist, müssen ebenfalls im Voraus definiert werden. "Es geht darum, die Zufriedenheit der Beschäftigten mit den Führungskräften, den Vorgesetzten, dem Umgang im Team und den Aufgaben zu evaluieren", erläutert Matthias Mölleney, Gründer von peopleXpert und Leiter des Center für Human Resource Management & Leadership an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ). "Auf diese Weise können die notwendigen Bedingungen für eine Weiterentwicklung auf beiden Seiten geschaffen werden."

Zufriedenheit der Beschäftigten

Neben der Bewertung der vergangenen Leistung und der Festlegung künftiger Ziele ist das Mitarbeitergespräch zum Jahresende oder -beginn auch ein idealer Zeitpunkt für den Arbeitgeber, um von möglichen Forderungen der Beschäftigten zu erfahren. Die Angestellten müssen sich somit einbringen und darüber nachdenken, wie sie das vergangene Jahr erlebt haben. Sie können ihre Leistungen und die Ziele, die sie sich gesteckt hatten, reflektieren und dabei auch über angestrebte Veränderungen für das kommende Jahr nachdenken.

Dörte Resch meint dazu: "Der Arbeitgeber sollte sich immer fragen, wie es seinen Teams geht und welche Themen sie beschäftigen. Das Gespräch gibt Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch und zur Einschätzung der allgemeinen Zufriedenheit mit der Arbeitssituation. Die Atmosphäre muss also immer offen sein, damit die Beteiligten die Themen, die ihnen am Herzen liegen, ansprechen und erläutern können."

Die Aufgabe des Arbeitgebers besteht hierbei darin, einen offenen Dialog und einen echten Austausch zu ermöglichen. "Eine konstruktive und unterstützende Haltung ist wichtig", bekräftigt Matthias Mölleney. "Es geht nicht darum, mit jemandem abzurechnen, sondern ein Gleichgewicht zwischen Fordern und Fördern zu finden. Ein Teamleiter sollte sich von folgenden drei Prinzipien inspirieren lassen: Respekt, Vertrauen und Wertschätzung. Der Mitarbeiter verdient den gleichen Respekt, wie man ihn umgekehrt auch von ihm erwartet. Vertrauen ist das wichtigste Kapital in einem Team und muss absolut im Zentrum der Führungsarbeit liegen."

Der Mehrwert regelmässiger Gespräche

Obwohl diese Treffen normalerweise einmal pro Jahr stattfinden, muss man sich nicht damit begnügen. Ein Arbeitgeber täte sogar gut daran, über das ganze Jahr hinweg eine Reihe von Feedback-Möglichkeiten einzuplanen. "Die Gespräche zum Jahresende sollten von allen die langweiligsten sein", meint Matthias Mölleney. "Ein Vorgesetzter und ein Mitarbeiter, die regelmässig über die Leistungen und Zielerreichungen sprechen, werden bei diesen Jahresgesprächen keine Überraschung erleben. Mit anderen Worten, wenn die Beschäftigten vor dem Jahresgespräch nervös sind und nicht wissen, was sie erwartet, zeugt das von einem Versäumnis der Leitung bei der kontinuierlichen Begleitung der Mitarbeitenden."

So wie sich die Arbeitsweisen unaufhörlich verändern, müssen auch diese Gespräche an die Realität im Unternehmen angepasst werden. "Alles hängt von der Struktur der Organisation ab und davon, welches Verständnis von Leadership man hat", berichtet Dörte Resch. "In einer Firma, in denen das Management stärker auf Selbstorganisation beruht, braucht es andere Arten von Gesprächen als in einem Unternehmen, in dem stärker hierarchisch geprägte Strukturen herrschen." Nach Meinung von Matthias Mölleney müssten die Jahresgespräche teilweise überdacht werden: "In sehr modernen und flexiblen Organisationen arbeiten die Beschäftigten selten das ganze Jahr über für ein und denselben Vorgesetzten. Dann stellt sich die Frage, wer das Gespräch führen soll. Hier erscheinen andere Formen der Bewertung erforderlich, beispielsweise auch gegenseitiges Feedback unter Kollegen."


Informationen

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Wahl des passenden Feedback-Systems

Im Management unterscheidet man vier Standard-Methoden, mit denen Unternehmen die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden und ihrer Führungskräfte bewerten können. Vom pragmatischsten bis zum umfassendsten System bieten sie eine wertvolle Hilfe für Unternehmen, um nicht nur das Arbeitsumfeld, sondern auch die angebotenen Dienste zu verbessern.

90°: Von oben nach unten oder von unten nach oben

Bei diesem System bewerten die Angestellten ihre Vorgesetzten und umgekehrt. Anschliessend bewerten sich der Arbeitgeber und die Mitarbeitenden selbst auf der Basis der von den Feedback-Gebern gestellten Fragen.

180°: Von oben nach unten und von unten nach oben

Die direkten Vorgesetzten bewerten ihre Mitarbeitenden, während zugleich Beschäftigte für die Bewertung ihrer Vorgesetzten ausgewählt werden. Das funktioniert vor allem in Firmen, wo die Führungskraft für eine feste Gruppe von Mitarbeitenden zuständig ist.

270°: Feedback von Kollegen einholen

Dieses System bezieht eine zusätzliche Dimension mit ein und ermöglicht eine differenzierte und damit feinere Bewertung der Person, der das Feedback gilt. Der oder die HR-Verantwortliche muss jedoch festlegen, auf welche Weise die Kolleginnen und Kollegen bestimmt werden, die Feedback geben sollen.

360°: Kundenmeinungen einbeziehen

Zahlreiche Studien haben belegt, dass es eine Verbindung zwischen dem internen Engagement und der Zufriedenheit der Kunden gibt. Ein 360°-Feedback beinhaltet unter anderem die Entwicklung von Fragebögen, mit denen die Kunden die Manager bewerten sollen. Diese Art der Rückmeldung ist wertvoll, aber heikel, weshalb sie systematisiert werden muss, um den konstruktiven Aspekt zu gewährleisten.

Quellen: Systèmes de feedback: Progresser ensemble grâce au feedback (Artikel Weka.ch, 20. September 2022)

Letzte Änderung 02.11.2022

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