Anträge auf unbezahlten Urlaub: Wie kann man darauf reagieren?

Obwohl die Arbeitnehmenden keinen Rechtsanspruch darauf haben, gewähren viele Unternehmen in der Schweiz unbezahlten Urlaub, vor allem mit dem Ziel der Arbeitnehmerbindung.

Eine Frau von hinten wirft Arbeitsunterlagen in die Luft.

"Bei 110 Arbeitnehmern planen wir für das kommende Jahr drei bis fünf unbezahlte Urlaube ein, was in etwa der Zahl von 2019 entspricht", berichtet Patrick Freiburghaus, Personalleiter beim KMU Mathys & Scheitlin (M&S) in Bern, das auf die Entwicklung von Informatik-Software spezialisiert ist. "Der Wunsch danach wird immer häufiger geäussert."

Unbezahlter Urlaub wird mehr und mehr in Anspruch genommen, insbesondere um in grossen Unternehmen den Mutterschaftsurlaub zu verlängern (s. Kasten). Diese Praxis ist bei verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmenden anzutreffen, zum Beispiel bei Angestellten in den Fünfzigern, "die oftmals viel gearbeitet und grosse Projekte durchgeführt haben und wirklich einen verlängerten Urlaub brauchen oder ihre Arbeit für eine Weile reduzieren wollen", beobachtet Patrick Freiburghaus; genauso können es aber auch jüngere Arbeitnehmer am Ende ihres Studiums sein.

Die Auszeit verhandeln und vorbereiten

Auch wenn er gerade en vogue ist, gibt es keinen Rechtsanspruch auf unbezahlten Urlaub. Im Obligationenrecht ist er nicht erwähnt und es steht jedem Unternehmen frei, ihn so zu gewähren, wie es ihm beliebt. Der Arbeitnehmer stellt bei seinem Arbeitgeber den Antrag und dieser kann einwilligen oder ablehnen.

In der Praxis wird dies oft zwischen den Parteien ausgehandelt, weiss Patrick Freiburghaus, besonders wenn der Antrag von Arbeitnehmern kommt, die für die Firma eine zentrale Rolle spielen. "Man wird immer eine Lösung finden, mit der beide Parteien einverstanden sind. Wenn ursprünglich sechs Monate gewünscht waren, kann man auf vier Monate verkürzen. In unserer Branche, im Bereich Software, herrscht ein Kampf um die besten Köpfe. Ich gehe von dem Prinzip aus, dass es einfacher ist, auf die Wünsche unserer Talente einzugehen, als sich in einen Rekrutierungsprozess zu begeben."

Für den Arbeitgeber ist das Entscheidende, "so früh wie möglich informiert zu sein, um die Vertretung für diese Auszeit organisieren zu können, Aufgaben auf andere Mitarbeiter zu übertragen, die betroffenen Kunden eventuell im Voraus zu informieren usw.", erklärt Patrick Freiburghaus. Er stellt zudem fest, dass sich die meisten für zwei Monate entscheiden und dann noch einen Monat bezahlten Urlaub oder anderen Ausgleich anhängen, um am Ende eine Unterbrechung von drei Monaten zu haben. "Grundsätzlich wird unbezahlter Urlaub bei uns nicht für ein paar Wochen gewährt, weil damit zu viele Verwaltungsabläufe verbunden sind. Für so einen kurzen Zeitraum sind der klassische Urlaub oder ein Teilzeitmodell besser."

Schriftliche Vereinbarung

In rechtlicher Hinsicht bedeutet der unbezahlte Urlaub, dass beide Parteien von ihren Pflichten suspendiert sind: Der Arbeitnehmer erbringt keine Arbeitsleistung und der Arbeitgeber zahlt den vereinbarten Lohn nicht aus. Der Arbeitsvertrag bleibt dennoch bestehen. Wenn der unbezahlte Urlaub über einen Monat hinausgeht, fällt man aus der Sozialversicherung. Das Gleiche gilt für das Recht auf Entschädigungen im Fall von Nichtberufsunfällen oder Krankheit. "Der Arbeitnehmer kann eine private Versicherung abschliessen oder seine bestehende Versicherung verlängern", erklärt Marianne Favre Moreillon, Gründerin der Rechtsanwaltskanzlei Droit Actif in Lausanne.

Es wird empfohlen, dass beide Parteien eine Vereinbarung erstellen, in der die Daten, die Dauer und die Konsequenzen des unbezahlten Urlaubs schriftlich festgehalten werden. In diesem Dokument kann der Arbeitgeber die Höhe des dreizehnten Monatslohns und die vertraglich vereinbarte Gratifikation reduzieren. Wenn der unbezahlte Urlaub den Arbeitnehmer daran hindert, seine Ziele zu erfüllen, "hat er keinen Anspruch auf den an Bedingungen geknüpften Bonus. Allerdings können die Parteien schriftlich eine Anpassung der Ziele für das laufende Jahr vorsehen", erläutert Marianne Favre Moreillon. Zudem kann der Anspruch auf Ferien für jeden Monat, in dem man vollständig aussetzt, um einen Zwölftel verringert werden.

Während seines unbezahlten Urlaubs bleibt der Arbeitnehmer ein Mitarbeiter seines Unternehmens und darf nicht für eine Drittperson eine vergütete Tätigkeit ausführen. Wird er während dieser Zeit krank, so muss er seinen unbezahlten Urlaub neu verhandeln und verlängern. Und schliesslich ist es für den Arbeitgeber durchaus möglich, das Arbeitsverhältnis eines Beschäftigten aufzulösen, während dieser einen unbezahlten Urlaub nimmt. Diese Auflösung wird jedoch für die Zeit des Urlaubs suspendiert. Das Kündigungsschreiben entfaltet Wirkung, sobald der Arbeitnehmer zurück ist.

In der Praxis wird unbezahlter Urlaub nur sparsam und eher "als Belohnung für die tragenden Säulen des Unternehmens" eingesetzt, gibt Patrick Freiburghaus zu bedenken. Der Manager achtet dabei immer darauf, dass die Rückkehr der Arbeitnehmer nach einer langen Auszeit so gut wie möglich verläuft. "Ich bitte darum, dass das Team eine kleine Aufmerksamkeit für ihn vorbereitet, damit er sich willkommen fühlt und man ihm zeigt, dass man ihn nicht vergessen hat!"


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Verlängerte Babypause

Es gibt in der Schweiz keine offiziellen Statistiken zum unbezahlten Urlaub. Diese Praxis ist in verschiedenen Unternehmen üblich und breitet sich mehr und mehr aus. Unbezahlter Urlaub betrifft hauptsächlich obere und mittlere Kader und steht häufig im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes.

  • Credit Suisse: Von 11'950 Beschäftigten in der Schweiz haben 930 unbezahlten Urlaub genommen, 44% davon Frauen. Etwas mehr als die Hälfte sind in einer Kaderposition. Das Durchschnittsalter der betreffenden Personen liegt bei knapp 40 Jahren, die durchschnittliche Dauer des Urlaubs bei 23 Tagen.
  • Novartis: Von 13'000 Beschäftigten in der Schweiz stellten 350 einen Antrag und es wurden 10'000 Tage unbezahlter Urlaub gewährt. Die Hälfte davon sind Urlaubszeiten zwischen einem und 20 Tagen. Die andere Hälfte betrifft vor allem Mitarbeiterinnen, die in diesem Unternehmen bis zu 12 Monate unbezahlten Urlaub nach der Geburt eines Kindes oder nach dem Mutterschaftsurlaub nehmen können.
  • Migros: Die absolute Zahl der unbezahlten Urlaubstage steigt (28'300 Tage, gegenüber 26'000 Tagen im 2017). Die Möglichkeit wird sowohl von Kadern wie auch von Angestellten genutzt.

(Quellen: Zahlen für 2018 von den jeweiligen Ansprechpartnern)

Letzte Änderung 02.01.2020

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