Crowdfunding: Für jeden das richtige Modell

Abhängig von ihrer Branche und ihren Zielen können sich KMU zwischen den vier Formen der Schwarmfinanzierung entscheiden, die es in der Schweiz gibt. Ein Überblick.

Aus Papier ausgeschnittene Männchen sind vor Türmen aus Münzen aufgestellt.

Crowdfunding boomt. Mehr als CHF 568 Millionen wurden in den letzten acht Jahren in der Schweiz auf diese Weise beschafft, allein im 2017 waren es CHF 374,5 Millionen.

Dies geht aus dem Bericht Crowdfunding Monitor Switzerland der Hochschule Luzern hervor. Heute gibt es hierzulande rund vierzig Plattformen, über die mehr als 160'000 Menschen im Jahr 2017 investiert und gespendet haben. Crowdsupporting, Crowddonating, Crowdlending und Crowdinvesting: Alle vier Modelle des Crowdfundings können für die Unternehmen interessant sein. Wir beleuchten sie im Einzelnen.

1. Crowdsupporting

Bei diesem Modell, das auch reward-based Crowdfunding genannt wird, finanzieren mehrere Förderer ein Projekt, die im Gegenzug durch Leistungen des Unternehmens oder vorbestellte Produkte belohnt werden. Hiervon machen insbesondere Start-ups regen Gebrauch, aber auch ältere KMU, die ein spezifisches Vorhaben finanzieren wollen. Das gilt beispielsweise für die Uhrenmarke Code41 aus Lausanne, die in weniger als 72 Stunden CHF 2,889 Millionen für die Entwicklung eines neuen Uhrenmodells eingeworben hat. "Eine Crowdfunding-Kampagne zu lancieren, ist wie eine Marktstudie in Echtzeit", erklärt Vincent Pignon, Vize-Präsident der Swiss Crowdfunding Association. "Die Plattformen sind regelrechte Resonanzkörper, Beschleuniger von Erfolg wie auch Misserfolg." Insofern ist es sehr wichtig, gut zu kommunizieren und im Vorfeld eine ausreichend grosse Gemeinschaft zusammenzubringen.


Für das Zürcher Online-Magazin Republik ging das Wagnis auf: Es sammelte 2017 rund CHF 3,4 Millionen für sein unabhängiges Medienprojekt (mehr dazu in unserem Interview vom 7. August). Auch der Zirkus Knie konnte auf diesem Weg den Kauf eines neuen Zirkuszeltes in Höhe von CHF 254'101 finanzieren. Das im Januar 2019 beendete Projekt war vor allem eine Marketing-Aktion, da es dem Familienunternehmens aus Rapperswil (SG) finanziell gut geht.

2. Crowddonating

Das von grossen NGOs wie Greenpeace oder dem WWF genutzte Crowddonating ist ein Aufruf zu Spenden, für die es keine Gegenleistung gibt. Die Spender fördern Projekte, die einen positiven Einfluss auf das Gemeinwohl haben. So sammelte der Verband für den Schutz des Genfersees mehr als CHF 50'000, grösstenteils aus Spenden, für die Entwicklung einer Anwendung, mit der sich Daten über Abfälle im See sammeln und analysieren lassen. Diese Plattformen haben die Spielregeln verändert: Heutzutage unterstützen die Investoren eine einzelne Aktion und nicht eine Organisation als Ganzes. Sie sind Teilhaber und wissen, wohin ihr Geld fliesst. "Das Bedürfnis nach Transparenz ist sehr stark. Für gut etablierte Organisationen ist das eine Herausforderung. Sie müssen echte Veränderungen in ihrer Kultur vornehmen und mehr über ihre Aktionen kommunizieren", betont Vincent Pignon.

3. Crowdlending

Dieses Modell erlaubt es Privatpersonen oder KMU, sich Geld zu leihen, ohne dafür eine Bank in Anspruch zu nehmen. Der Vorteil des Crowdlendings ist die Schnelligkeit, mit der die Kreditanfragen behandelt werden. Es ist aber nicht für alle Firmen gut geeignet: "Angesichts der potenziellen Risiken bevorzugen die Investoren gut etablierte KMU, die vertrauenswürdig scheinen", merkt Vincent Pignon an.

Auch der gemeinschaftliche Aspekt spielt eine grosse Rolle. 2011 war der Genfer Bäcker Eric Emery einer der ersten, die das Crowdlending für sich nutzten. Als sein Mietvertrag auslief, hatte er nicht genug Kapital, um seinen Betrieb in grösseren Räumen fortzusetzen. Dank seiner treuen Kundengemeinde erhielt er CHF 1,675 Millionen als Darlehen. Diesem neuartigen Konkurrenzmodell setzen die Bankinstitute etwas entgegen, indem sie ihre eigenen Crowdlending-Lösungen schaffen.

4. Crowdinvesting

Mit diesem Modell können die Investoren ihr Geld in Firmen und Immobilien anlegen. Als Gegenleistung erhalten sie Zinsen oder eine Unternehmensbeteiligung. Hierzu sind in der Schweiz mehrere Plattformen entstanden, darunter Investiere. Auf diese Weise konnte das waadtländische Start-up Kiwi, das in der FinTech-Branche tätig ist, CHF 1,5 Millionen sammeln, um seine App für Mikrokredite weiterzuentwickeln. Ein weiteres Beispiel ist das Jungunternehmen SoFlow aus St. Gallen, das über die Website Seedmatch EUR 850'000 bei 582 Investoren einwerben konnte, um seine kleinen Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen.

Während Crowdinvesting ursprünglich für Start-ups und KMU gedacht war, hat es sich auch im Immobiliensektor und bei Privatpersonen sehr rasch verbreitet. "In der Schweiz werden die grössten Summen investiert, denn die Plattformen konnten viele Eigentümer für sich gewinnen", macht Vincent Pignon deutlich. Das System bietet den Zahlenden die Möglichkeit, für einen geringen Beitrag Miteigentümer zu werden. Zwischen 2016 und 2017 verzeichnete dieses Modell der Schwarmfinanzierung den markantesten Anstieg (Zunahme der investierten Summen um 245%).


Informationen

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"Die Idee, eine Gruppe um ein gemeinsames Projekt herum zu versammeln"

Ta Cave erblickte im Frühjahr 2015 in Lausanne das Licht der Welt und hat heute in Genf und bald auch in Basel weitere Standorte. Die erste gemeinschaftliche Bar der Schweiz war in der Region eine Pionierin des Crowdfunding. Sie konnte dank etwa tausend Unterstützern in weniger als einer Woche CHF 275'000 Kapital beschaffen. Die Belohnung: Lebenslang kostenloser Aperitif in allen bestehenden und künftigen Lokalen. Guillaume Luyet, einer der Gründer von Ta Cave, erklärt diese Begeisterung mit dem Gemeinschaftsgeist hinter dem Ansatz. "Die Idee, eine Crowdfunding-Kampagne zu starten, war etwas ganz Natürliches" erläutert der Absolvent der Hotelfachschule Lausanne. "Die Idee war nicht einfach, Kapital zu beschaffen, sondern eine Gruppe von Personen um ein gemeinsames Projekt zu versammeln und einzubinden." So kann man zugleich bei potenziellen Kunden vorfühlen und bringt sich mit seinem Konzept ins Gespräch. Das war die Zauberformel für das KMU, das plant sich in der Schweiz und im Ausland weiterzuentwickeln.

Letzte Änderung 07.08.2019

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