"Das Programm CircuBAT soll den ökologischen Fussabdruck der Lithium-Ionen-Batterien nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft reduzieren"

In der Schweiz will das vom Bund unterstützte Programm CircuBAT die ökologischen Auswirkungen der im Elektromobilitätssektor verwendeten Lithium-Ionen-Batterien reduzieren, erklärt dessen Leiter Andrea Vezzini.

Elektroautos bieten immer mehr Reichweite und überzeugen immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten. Doch die Lithium-Ionen-Batterien, die sie enthalten, sind in der Anschaffung teuer und verbrauchen seltene Ressourcen wie Lithium und Cobalt. Ihre Herstellung und ihr Recycling bringen daher grosse Herausforderungen in Bezug auf die Industrie und die Umwelt mit sich.

Das im Jahr 2022 lancierte Schweizer Programm CircuBAT bringt insgesamt über 30 Partner aus Forschung und Industrie zusammen. Es zielt darauf ab, den Lebenszyklus dieser Batterien zu optimieren, um ihre ökologischen Auswirkungen möglichst gering zu halten und die Zukunftsfähigkeit der Elektromobilität zu stärken. Erläuterungen von Andrea Vezzini, der das Programm leitet.

Kann man Batterien ökologischer machen?

Andrea Vezzini: Das Programm CircuBAT beruht auf einem ehrgeizigen Ziel: Es soll den ökologischen Fussabdruck der Lithium-Ionen-Batterien nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft reduzieren. Wir erforschen und entwickeln Möglichkeiten, um einen geschlossenen Kreislauf zu errichten, in dem die Batterien in ihrem ersten Leben so lang wie möglich genutzt werden und anschliessend effizienter wiederverwendet oder recycelt werden.

Warum ist das wichtig?

Vezzini: Die Umstellung auf Elektromobilität führt zu einem so grossen Bedarf an Materialien, dass deren Verfügbarkeit ohne Recycling oder Aufwertung langfristig nicht nachhaltig garantiert werden kann. Die Nutzung eines Kreislaufmodells hilft dabei, die Ressourcen zu optimieren, die CO2-Emissionen zu reduzieren und auf Ungerechtigkeiten und Probleme im Zusammenhang mit der Gewinnung bestimmter Rohstoffe zu reagieren, die bei der Herstellung dieser Batterien verwendet werden.

Wie gehen Sie dabei konkret vor?

Vezzini: Das Programm, das von Innosuisse gefördert wird, beruht auf sechs technischen Subprojekten und einem Querschnittsprojekt, das möglichen Geschäftsmodellen gewidmet ist. Das erste Projekt, das von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und der Berner Fachhochschule (BFH) durchgeführt wird, soll einen im Wasser stattfindenden Recyclingprozess optimieren, der von der Firma Kyburz entwickelt wurde. Das zweite zielt auf die Entwicklung einer trockenen, lösungsmittelfreien Elektrodenumhüllung (siehe Glossar), wodurch der Energieverbrauch bei der Herstellung drastisch reduziert werden soll. Ein drittes Projekt, das von der BFH koordiniert wird, ist der Entwicklung von Prognosemodellen auf der Basis von Big Data gewidmet, um die Lebensdauer der Batterien im Rahmen ihrer ersten Nutzung in der Elektromobilität zu optimieren.

In Bezug auf Batterien am Ende ihrer ersten Nutzung beschäftigen sich zwei weitere Projekte unter Leitung des Centre suisse d'électronique et de microtechnique (CSEM) sowie der EPFL und der Ostschweizer Fachhochschule (OST) mit deren Weiterverwendung, um zum Beispiel Gebäude mit Strom zu versorgen. Das sechste Projekt von Switzerland Innovation Park Biel/Bienne erforscht die die Automatisierung der Demontage von Batterien ("Module Disassembly", siehe Glossar) um die Reparatur und das Recycling der Batterien zu erleichtern. Und schliesslich soll die Prüfung verschiedener Geschäftsmodelle durch die Empa und die Universität St. Gallen die Machbarkeit und die Rentabilität eines Kreislaufmodells für Lithium-Ionen-Batterien sicherstellen.

Wozu dient eine CircuBAT-Konferenz?

Vezzini: Der Event "CircuBAT2025", der am 13. und 14. November 2025 in Bern stattfinden wird, bildet den Abschluss des Projekts und wird internationale Meinungsbildner und Experten zusammenbringen. Der erste Tag wird für die Öffentlichkeit kostenlos zugänglich sein. Auf dem Programm stehen unter anderem die Präsentation einer Zusammenfassung des Projekts, Expertenrunden und eine Paneldiskussion mit verschiedenen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Alle Informationen werden demnächst auf circubat.ch zu finden sein.

Welche Auswirkungen werden diese Innovationen auf den Mobilitätssektor haben?

Vezzini: CircuBAT ist ein ehrgeiziges Projekt, das auf eine systemische Veränderung abzielt. Der Aufbau einer neuen Industrie wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Wir können uns aber schon über einige konkrete Erfolge freuen. Zum Beispiel hat das Unternehmen Librec Anfang April ein neues Werk für industrielles Recycling von Produktionsabfälle und gebrauchten Batterien der Elektromobilität eröffnet. Ob die verschiedenen entwickelten Lösungen sich durchsetzen werden, hängt auch davon ab, wie sich der Gesetzgeber einsetzt und wie sich das allgemeine Wirtschaftsklima entwickelt.


Zur Person/Firma

Andrea Vezzini, Leiter des Programms CircuBAT

Prof. Dr. Andrea Vezzini leitet das Programm CircuBAT2025. Er ist ausserdem Professor für Industrieelektronik an der Berner Fachhochschule (BFH), wo er bis Juli 2023 das Kompetenzzentrum "Energiespeicherung" leitete. Ferner arbeitet er regelmässig in den Arbeitsgruppen der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) mit, wo er an der Entwicklung internationaler Normen zu Motoren, Frequenzumrichtern und deren Kombinationen beteiligt ist.

Glossar

Trockene Elektrodenumhüllung: Eine gängige Technik zur Herstellung von Batterieelektroden, bei der pulverförmige Materialien ohne flüssige Lösungsmittel direkt auf die Oberflächen der Elektroden aufgetragen werden, die die zentralen Elemente einer Batteriezelle sind.

Module Disassembly: Die Zerlegung von Batteriesystemen umfasst das Testen, Lokalisieren, Erkennen, Lösen von Verbindungen und das Abklemmen und Durchtrennen von Kabeln.

Letzte Änderung 30.04.2025

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