Cysec ist fast das einzige Unternehmen in der Schweiz, das im Bereich Confidential Computing tätig ist. Die drei Firmengründer Patrick Trinkler, Alexandre Karlov und Yacine Felk haben beschlossen, eine Aussenstelle in Singapur zu eröffnen.
"Confidential Computing" ist ein Spezialgebiet der Cybersicherheit und besteht darin, eine "Enklave" oder eine Festung zu bauen, in der alle Daten eines Unternehmens geschützt werden. Das waadtländische Unternehmen Cysec macht seit 2018 in diesem Bereich von sich reden und hat heute 25 Beschäftigte. Zu seinen Unterstützern gehören der Inkubator der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und das "Trust Valley" in der Genferseeregion über den Start-up-Accelerator "Tech4trust". Ein Gespräch mit CEO Patrick Trinkler.
Was für Produkte entwickelt Ihr Start-up?
Patrick Trinkler: Wir entwickeln Lösungen, mit denen vertrauliche Daten sicher verarbeitet werden können. Das heisst, wir bauen eine Software-Schicht auf, ein Betriebssystem, das Dritten ermöglicht, Anwendungen zu entwickeln und zu nutzen, ohne sich um den Schutz ihrer Systemdaten zu sorgen.
Worin genau unterscheidet sich Ihre Lösung von dem, was es allgemein schon auf dem Markt für Cybersicherheit gibt?
Trinkler: Daten können auf verschiedenen Trägern gespeichert werden, zum Beispiel auf einer Festplatte oder einem USB-Stick, und auch ausgetauscht werden, zum Beispiel per E-Mail oder als Nachricht. In diesen Situationen sind die Daten sehr gut geschützt. Aber wenn die Daten von einem Prozessor auf einem Server verarbeitet werden und in der Cloud (man nennt sie dann "data in use"), sind sie einer Reihe von möglichen Angriffen und Gefahren ausgesetzt, für die es noch keinen angemessenen Schutz gibt. Unsere Lösung schützt die Daten sowohl von innen (Cloud-Provider) als auch vor äusseren Bedrohungen wie Personen, die versuchen, das System zu unterwandern.
Was hat Sie dazu gebracht, in diesem Sektor aktiv zu werden?
Trinkler: Die Entwicklungen in Europa haben uns fasziniert. Die Europäische Kommission hat 2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingeführt, damit die Daten der EU-Bürger, die in Commercial Clouds – oftmals ausserhalb Europas – migriert worden waren, geschützt sind.
In jüngerer Zeit haben viele Unternehmen begonnen, mit Cloud Computing zu arbeiten. Europa läuft daher immer mehr Gefahr, die Kontrolle über die Daten von Unternehmen zu verlieren, die immer häufiger in amerikanischen oder asiatischen Clouds gespeichert sind. Anstatt Gesetze zu erlassen, hat die Europäische Kommission auf eine deutsch-französische Initiative hin beschlossen, eine eigenständige europäische Cloud namens Gaia-X zu schaffen, damit die Firmendaten in Europa bleiben können.
Wer sind Ihre wichtigsten Kunden?
Trinkler: Wir können unsere Kunden nicht nennen, denn im Bereich der Sicherheit ist das Ziel, dem Angreifer möglichst wenige Informationen zu liefern. Wir können nur sagen, dass mehrere Grossbanken und grosse Industrieunternehmen unsere Lösungen nutzen.
Aus welchen Quellen haben Sie sich am Anfang finanziert?
Trinkler: Für den Start unserer Firma haben wir vier Finanzierungsquellen genutzt. Zunächst haben wir selbst, also alle Mitgründer, in die Firma investiert. Ausserdem haben uns Kapitalgeber geholfen. Durch unsere ersten Verkaufserfolge konnten wir unser Kapital rasch erhöhen. Und schliesslich konnten wir uns auch dank der Innovations- und Forschungsprojekte, die von der EU finanziert wurden (im Rahmen von Horizon 2020) und dank der institutionellen Programme der ESA finanzieren.
Inwiefern haben Ihnen die verschiedenen Start-up-Förderinstrumente wie der ESA-Inkubator geholfen?
Trinkler: Neben dem ESA-Inkubator haben wir von Innosuisse noch eine Unterstützung in Form eines Coachings erhalten. Zwei Innovationsprojekte mit der Fachhochschule Westschweiz (HES-SO Waadt und Genf) ermöglichen uns die Entwicklung eines Teils unserer Produkte. Und auch die Teilnahme an der zweiten Runde des Start-up-Accelerators im Trust Valley in der Genferseeregion hat uns mehr Sichtbarkeit gebracht. Auf europäischer Ebene haben wir einen Scheck dafür bekommen, dass wir es ins Finale der innovativsten Firmen im Programm Horizon 2020 geschafft haben.
Aus welchen Gründen wollen Sie eine Niederlassung in Asien eröffnen?
Trinkler: Wir haben schon sehr grosse Kunden vor Ort und ein Kooperationsprojekt mit Spin-offs der Universität Singapur. Was den Bedarf angeht, ist Asien im Moment auf Singapur, Japan, Taiwan und Südkorea beschränkt. Diese Länder sind für uns sehr attraktiv, denn sie sind offen für Innovationen im Sicherheitssektor. Europa ist da traditioneller. Die anderen Märkte sind aus technologischer Sicht noch nicht reif und zum chinesischen Sicherheitsmarkt hat man keinen Zugang.
Welche Schwierigkeiten weist der asiatische Markt im Vergleich zu Europa auf?
Trinkler: Unser Start in Asien hat sich aufgrund der Pandemie verzögert. In unserem Bereich ist es nicht möglich, viel Umsatz über den Online-Verkauf zu generieren. Physische Präsenz ist für die Vertrauensbildung unerlässlich. Diese Präsenz aufzubauen, ist eines der Ziele der Finanzierungsrunde, die wir gerade zum Abschluss bringen.
Was würden Sie jungen Unternehmerinnen und Unternehmern raten, die in einem Bereich aktiv werden wollen, den es in der Schweiz noch nicht gibt?
Trinkler: Wenn man als Start-up in einem "Blue Ocean" ankommt, also in einem Markt, auf dem es keinen echten Wettbewerb gibt, hat man anders als Grosskonzerne wie Microsoft oder Intel nicht die nötigen Mittel für eine Erschliessung des gesamten Marktes. Hier kommt es darauf an, Nischen zu finden und sich in Marktsegmente zu begeben, die reif für die innovative Lösung sind. Ausserdem muss man in der Lage sein, potenziellen Kunden zu erklären, welche Vorteile ihnen diese Lösung bringen kann. Kommunikation ist dabei das A und O.