"Im Personalmanagement kommt es darauf an, Synergien zu bilden"

Mit einem ganzheitlichen Ansatz lassen sich Personalfragen in kleineren Unternehmen besser bewerkstelligen.

Im Gegensatz zu grossen Unternehmen haben kleine und mittelgrosse Betriebe oft keine Personalabteilung. Aufgaben des Personalmanagements werden dort nicht selten von Mitgliedern der Geschäftsleitung übernommen, denen es an Zeit mangelt, sich diesen Themen umfassend zu widmen. Die Aufgaben und die Herausforderungen sind jedoch die gleichen wie in Grossunternehmen: Mitarbeitende müssen ausgewählt, bezahlt, weitergebildet und beurteilt werden. Ulrich Pekruhl, Dozent für Human Resource Management an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), plädiert in einem kürzlich erschienenen Buch für einen integrierten Ansatz.

Wie werden Personalfragen in grossen Unternehmen im Gegensatz zu KMU angegangen?

Ulrich Pekruhl: Grosse Unternehmen haben Human-Resource-Abteilungen. Für alle Felder des Personalmanagements – etwa Rekrutierung, Löhne oder Mitarbeitendenentwicklung – werden dort Prozesse definiert und systematisch kontrolliert. Kleinere Betriebe mit bis etwa 60 Mitarbeitenden haben selten eine eigene HR-Abteilung. Dort werden Personalfragen oft von einer einzelnen Person, die oft aus der Geschäftsleitung kommt, behandelt. Aus Zeitgründen werden diese Aspekte des Firmenlebens allerdings weniger systematisch angegangen.

Warum sollten KMU Fragen des Personalmanagements prioritär behandeln?

Pekruhl: Das alles bestimmende Thema für kleinere Unternehmen im Moment ist Arbeitgeberattraktivität. In vielen Branchen haben Schweizer Betriebe Probleme, die richtigen Fachkräfte zu finden. Sie stehen dabei in Konkurrenz zu den grossen Unternehmen, mit denen sie auf der Lohnebene meistens nicht mithalten können. KMU müssen also andere Argumente aufbringen, wie zum Beispiel gute Weiterbildungsmöglichkeiten oder attraktive Arbeitsbedingungen. Diese Aspekte betreffen direkt das Personalmanagement.

In Ihrem kürzlich erschienenen Buch „Integriertes Personalmanagement in kleinen Unternehmen“ plädieren Sie für einen ganzheitlichen Ansatz. Wie sieht dieser konkret aus?

Pekruhl: Die Idee dieses Buches ist, den Unternehmen einen pragmatischen Ansatz zu liefern, mit dem sie auf vorhandenen Ressourcen aufbauen können – ohne, dass unnötig viel Mehrarbeit entsteht. Ein integrierter Ansatz im Personalmanagement besteht darin, Synergien zwischen den verschiedenen Aufgabenfeldern zu bilden. Ein Vorteil dabei ist, dass KMU sehr viel flexibler und schneller auf Veränderungen reagieren können, als Grossunternehmen mit komplexen Entscheidungsprozessen.

Können Sie ein Beispiel für einen solchen integrierten Ansatz geben?

Pekruhl: Wenn sich ein KMU der Frage der Personalentwicklung widmet, kann es gleichzeitig ähnliche Fragestellungen angehen. Wenn sich Mitarbeitende weiterentwickeln sollen, geht es auch darum, wie Informationen von einer Person zur anderen gelangen. Im Bereich Human Resources spricht man von Wissensmanagement. Ein weiterer Aspekt der Personalentwicklung kann auch die Neuausrichtung von Hierarchien sein.

Ein anderes Beispiel zeigt sich, wenn ein Betrieb seine Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen möchte. Dieser kann dabei zeitglich mehrere Bereiche des Personalmanagements abdecken: Rekrutierung der Mitarbeitenden, Lohnhöhe, Entwicklungsmöglichkeiten, Gesundheit am Arbeitsplatz, usw. Generell geht es darum, sich bei jeder Aufgabe betreffend des Personalmanagements zu fragen, welches andere Gebiet mit dieser Aufgabe zusammenhängt.

Für die Recherche zu Ihrem Buch haben Sie mehrere KMU begleitet. In welchen Bereichen sahen diese am meisten Handlungsbedarf?

Pekruhl: Tatsächlich sind viele mit einem Zeitproblem konfrontiert. Es wird allgemein erkannt, wie wichtig Fragen des Personalmanagements sind, insbesondere um die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhalten, aber es fehlt an Ressourcen, um Prozesse in Gang zu bringen. In vielen Betrieben zum Beispiel gibt es kein einheitliches System, um Mitarbeitende zu beurteilen. Das führt mittelfristig zu Ungerechtigkeiten und im schlimmsten Fall zu einer Verschlechterung des Betriebsklimas. Deshalb ist es umso wichtiger, solche Fragen ganzheitlich und kontinuierlich anzugehen, und nicht nur dann, wenn es akute Probleme gibt.

In welchen Situationen sollten Betriebe externe Hilfe zu Rate ziehen?
Pekruhl:
Externe Berater machen bei der Einführung von neuen Prozessen Sinn. Zum Beispiel, wenn es darum geht, ein neues Lohnsystem einzuführen. Oder auch, wenn ein Unternehmen ein neues Schichtsystem einführen möchte. Es gibt dabei sehr viel auf rechtlicher Ebene zu beachten, so dass es zu lange dauern würde, interne Kompetenzen aufzubauen. Für die alltäglichen Aufgaben des Personalmanagements aber können kleinere Betriebe auf bereits vorhandene Ressourcen zurückgreifen.


Informationen

Zur Person/Firma

Ulrich Pekruhl, Forscher am Institut für Personalmanagement und Organisation

Ulrich Pekruhl lehrt und forscht am Institut für Personalmanagement und Organisation PMO der Hochschule für Wirtschaft FHNW. Er ist promovierter Soziologe und hat sich für das Fach Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personal und Organisation, habilitiert. Bevor er vor 18 Jahren in die Schweiz kam, hat er in Deutschland in zwei Forschungsinstituten in nationalen und internationalen Projekten gearbeitet. Seine Themenschwerpunkte sind Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung, Organisationskultur und Performance Management.

Letzte Änderung 06.02.2019

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