Wie die Technologie die Transformation des Immobiliensektors beschleunigt

Der Wandel im Immobiliensektor setzt sich mit dem Einsatz neuer digitaler Tools fort, die von den 350 "PropTech"-Unternehmen in der Schweiz entwickelt werden.

Ein Mann hält ein Tablet mit dem Piktogramm eines Hauses in der Hand.

Der Immobilienmarkt hat in der Schweiz eine Menge Gewicht: Er weist gegenwärtig einen Wert von CHF 114 Milliarden auf (17% des landesweiten BIP) und zählt rund 566'000 Vollzeitbeschäftigte. In den Sektor streben seit einigen Jahren auch immer mehr Unternehmen eines neuen Typs. Sie nennen sich "PropTech" (für "Property Technology") und entwickeln digitale Tools wie virtuelle Immobilienbesichtigungen oder digitalisiertes Wohnungsmanagement.

Ein Beispiel ist das Zürcher Start-up Archilyse, dessen Software die Baupläne eines Gebäudes mit einem 3D-Modell seiner Umgebung und mit Daten zur Sonneneinstrahlung, zur Sicht oder zur Lärmbelästigung verknüpft. Anhand der Analyse dieser verschiedenen Faktoren wird dann die architektonische Qualität des Objekts berechnet, sodass ein möglichst angemessenes Preisniveau festgelegt werden kann.

Das Unternehmen PriceHubble mit Sitz in Zürich entwickelt ebenfalls Algorithmen, die darauf abzielen, die Bewertung von Immobilien zu automatisieren. Es kann sich damit rühmen, im September mit seinem Tool Objekte im Gesamtwert von CHF 26 Milliarden bewertet zu haben, und hat gerade eine neue Finanzierungsrunde über einen Betrag von CHF 34 Millionen abgeschlossen.

In der Schweiz gibt es laut den jüngsten Zahlen des Netzwerks SwissPropTech derzeit mehr als 350 PropTech-Unternehmen, 2016 waren es 60. Trotz eines Rückgangs des in diese Start-ups investierten Risikokapitals um insgesamt 25% im Jahr 2020, konnten knapp 80% der befragten Unternehmen auch im Laufe des letzten Jahres weiter neue Mitarbeitende einstellen (durchschnittlich +71%), wie aus dem von der Credit Suisse erstellten "Swiss PropTech Report 2021" hervorgeht. Die im Juni veröffentlichte Studie enthält darüber hinaus Angaben zu den Umsätzen, die im Laufe des Jahres 2020 um durchschnittlich 68% gestiegen sind.

Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren

In der Umfrage der Credit Suisse wird deutlich , dass drei Elemente zu den zentralen Erfolgsfaktoren dieser Projekte gehören: die Vorteile für den Endkunden, die Qualität des Managementteams und die Möglichkeit der Ausweitung des Geschäftsmodells. "Die Tatsache, dass der Vorteil für den Kunden an erster Stelle genannt wird, zeigt, dass die Akteure der Branche mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben und nichts Unmögliches versprechen", sagt Lars Sommerer, Leiter des Netzwerks SwissPropTech. "Dass ein solides Gründungsteam so wichtig ist, lässt sich damit erklären, dass diese Unternehmen oft mit begrenzten Ressourcen arbeiten und ihr Geschäftsmodell manchmal von einem Tag auf den anderen anpassen müssen. Und die Entwicklungsfähigkeit des Konzepts, insbesondere mit Blick auf die internationalen Märkte, ist häufig entscheidend, um neue Investoren zu gewinnen."

Als Beispiel für Firmen, die ihr Geschäft auf das Ausland ausweiten, nennt der Experte unter anderem das Basler Unternehmen Allthings, das eine Mieter-Plattform entwickelt, und das Start-up emonitor aus St. Gallen mit seinem Immobilien-Management-Tool, die mittlerweile beide in Deutschland tätig sind.

Neue Märkte im Ausland zu erobern, ist auch eines der Ziele von Locatee. Das in Zürich ansässige Unternehmen mit 65 Beschäftigten hat ein Tool für die Analyse von Daten zur Auslastung der Arbeitsräume entwickelt. Ursprünglich wurde es entwickelt, um den Grossunternehmen bei der Optimierung ihrer Kosten zu helfen. Mittlerweile steigt das Interesse an dem Produkt aufgrund der immer stärker verbreiteten hybriden Arbeitsmodelle. Zu den Kunden von Locatee zählen unter anderem Swiss Re, Zurich Insurance Group und Deloitte und das Programm wird in rund sechzig Ländern eingesetzt, besonders in den USA, wo die Firma im Frühjahr ein Büro eröffnet hat.

"Während Europa vor Covid beim Thema flexible Arbeitsplätze eher Vorreiter war, stellen wir nun eine sehr hohe Nachfrage bei amerikanischen Unternehmen fest, die ihre Büroräume neu organisieren wollen", berichtet Raphaël Morgulis, PR-Manager bei Locatee. "Das liegt vor allem an dem Bedürfnis, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um angesichts des Drucks auf dem Arbeitsmarkt die Talente für sich zu gewinnen und zu binden."


Informationen

Zum Thema

Aufgeschlossenheit und Konsolidierung

Der Immobiliensektor hat den Ruf einer eher traditionellen Branche. Darin besteht eine der grössten Herausforderungen für die Schweizer "PropTech", die ihre Industrie nach dem Vorbild von technologiezentrierten Unternehmen wie Uber oder Airbnb umkrempeln wollen. "Die Ausgangslage ist vielversprechend, aber die aktuelle Herausforderung ist, dass die Probleme, die man lösen muss, immer spezifischer werden", erklärt Lars Sommerer, Leiter des Netzwerks SwissPropTech. Ein Thema, das die Frage nach einer Konsolidierung in der  Branche aufwirft. "Man kann einige Anzeichen für diese Bewegung erkennen, zum Beispiel die Investitionen der Mobiliar in Buildigo und Flatfox, aber die Zahl neuer PropTech-Firmen dürfte im kommenden Jahr noch weiter steigen."

Letzte Änderung 03.11.2021

Zum Seitenanfang

News und nützliche Informationen für Gründer und Unternehmer
https://www.kmu.admin.ch/content/kmu/de/home/aktuell/monatsthema/2021/wie-die-technologie-die-transformation-des-immobiliensektors-beschleunigt.html