Ein Manager muss Fehler machen

Führungsstärke bedeutet auch, dass man sich Fehler zugestehen kann. Und vor allem, dass man aus ihnen lernt und dadurch vorwärts kommt. Drei Expertinnen und Experten erklären, wie wichtig es für Geschäftsführungen und Führungspersonen ist, sich auch mal zu irren.

Eine Gruppe von Männern und Frauen steht vor einer Tafel mit Grafiken und unterhält sich.

Irren ist menschlich. Der oft zitierte Spruch gilt auch für die Arbeitswelt. Denn wer Fehler macht, entwickelt sich weiter. In einem Unternehmen die Rolle des Managers einzunehmen, kann mitunter Angst machen. Diese Angst kann auch die Lust, ein eigenes Unternehmen zu gründen, ausbremsen. Laut der Studie GEM 2020 hält die Angst vor dem Scheitern einen Viertel der Schweizerinnen und Schweizer, die gern ein KMU gründen würden, von der Umsetzung dieses Vorhabens ab. In einem Punkt sind sich jedoch alle Fachleute einig: Fehler zu machen, ist unerlässlich, wenn man etwas lernen und Lösungen finden will.

"Die Erwartungen an einen Manager sind extrem hoch", erläutert Bernard Reber, Geschäftsführer von Stucki Leadership & Team Development in Yverdon-les-Bains (VD). Seiner Meinung nach sollte ein guter Manager oder Geschäftsführer ein offenes Ohr haben und in der Lage sein zu beobachten und die Zeichen in seinem Team richtig zu deuten, wenn etwas nicht gut läuft. Auch Mut ist vonnöten. "Wir sind aber auch nur Menschen, mit unseren Schwächen und Problemen", macht der Experte deutlich. Das bedeutet, dass jeder das Recht hat, sich zu irren. "Das ist sogar unerlässlich, um weiterzukommen, herausragende Leistungen zu erbringen und wettbewerbsfähig zu sein.“ Doch um daraus eine Stärke zu machen, muss man klug reagieren. "Manchmal neigt man dazu, einen Schuldigen zu suchen, anstatt begreifen zu wollen, wie es dazu kommen konnte. Wenn man versucht zu verstehen, kann man dafür sorgen, dass sich der Fehler nicht wiederholt."

Fehler erkennen und eingestehen

Für einen Manager oder eine Managerin ist es daher extrem wichtig, die eigenen Schwächen zu kennen und sie auch gegenüber dem Team zuzugeben. Nach Ansicht von Marianne Högstedt, Gründerin von HMC Högstedt Management Consulting in Bern, geben offene Gespräche mit den Mitarbeitenden die Möglichkeit, einen Überblick über Situation zu bekommen. "Je mehr Austausch es gibt, desto grösser sind die Chancen, die richtige Lösung zu finden", sagt sie. Auch den Mitarbeitenden kommt eine wichtige Rolle zu. "Wenn sie den Mut haben, Dinge anzusprechen und sich proaktiv einzubringen, helfen sie ihrem Vorgesetzten, gute Entscheidungen zu treffen." Die Expertin rät ausserdem dazu, vor einer wichtigen Entscheidung Abstand zu gewinnen: "Eine Nacht drüber schlafen kann sehr hilfreich sein." Auch eine "Fehlerkultur" in den Unternehmen ist unerlässlich. "Die Leute müssen das Gefühl haben, in einem psychologisch sicheren Umfeld zu sein, damit sie sich trauen, Risiken einzugehen", weiss Bernard Reber.

Mit Verstärkung zu besserer Führung

Eine Führungsposition zu übernehmen, macht vielen Menschen Angst. Einige verzichten sogar darauf, weil sie fürchten, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, doch ein Team-Leader ist nie allein. "Man muss sich bewusst sein, dass man am Ende nur einen kleinen Teil der Aufgaben alleine bewältigen muss", macht Bernard Reber deutlich. "Man spricht auch von Situational Leadership. Eine Geschäftsführerin oder ein Manager haben häufig Fachleute um sich, die ihnen bei ihren Entscheidungen behilflich sind. Ausserdem wird die Arbeit gemeinsam mit dem Team erledigt, dem sie vertrauen und an das sie Aufgaben delegieren können."

Das gilt auch bei der Firmengründung. Alessandro Soldati ist Geschäftsführer des KMU Gold Avenue in Genf. In seinem Buch mit dem Titel "Les échecs de la réussite" (Die Misserfolge des Erfolgs) spricht er über 30 Erfahrungen, die ihm den Weg nach oben ermöglicht haben. "Als ich anfing, habe ich zum Beispiel an Pascal Meyer, den Chef der E-Commerce-Website Qoqa, geschrieben", erzählt er. "Die meisten Firmengründer freuen sich, wenn man sie um Rat fragt." Es gibt auch Strukturen, an die sich junge Unternehmerinnen und Unternehmer wenden können, beispielsweise Genilem oder das Netzwerk "Réseau Entreprendre Suisse romande". Und der Bund liefert Tipps und Schritt-für-Schritt-Anleitungen und stellt sogar Coaches zur Verfügung (z.B. im Rahmen von Innosuisse).

Für den jungen Serienunternehmer ist Risikomanagement das wichtigste: "Ab dem Moment, wo man genau weiss, wie weit man gehen würde, wie viel Geld und Verbindlichkeiten man aufs Spiel setzen würde, kann ich nur dazu raten, einfach loszulegen." Die Frage nach dem Misserfolg ist seiner Meinung nach rein subjektiv: "Ein Unternehmen schliessen zu müssen, ist zum Beispiel nicht immer ein Misserfolg. Als ich mein erstes Start-up aufgeben musste, war ich dankbar für alles, was ich gelernt hatte."


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Fehlverhalten vs. Irrtum

Laut Alessandro Soldati, Westschweizer Unternehmer und Autor von "Les échecs de la réussite", muss man zwischen Fehlern im Sinne von Irrtümern und beruflichem Fehlverhalten unterscheiden. "Definitionsgemäss wurde ein irrtümlich begangener Fehler in einem Verfahren zuvor nicht entdeckt", betont Alessandro Soldati. "Es handelt sich also nicht um ein berufliches Fehlverhalten. Indem man ein entsprechendes Verfahren einführt, vermeidet man, dass sich das Ganze wiederholt." Er geht sogar noch weiter: "Ich würde fast jedem Unternehmer raten, in der Anfangszeit möglichst viele solcher Fehler zu machen. Sie werden ihm später nützlich sein."

Letzte Änderung 05.05.2021

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