Abonnements im Aufwind

Lange dachte man bei einem Abonnement vor allem an Zeitungen oder Verkehrsmittel, doch seit zehn Jahren setzt sich der Trend auch im Bereich Musik und Streaming durch und es kommen immer mehr Güter und Dienstleistungen hinzu. Ein Überblick über die Vorteile und Grenzen dieses Modells.

Eine Reihe von versandfertigen Paketen.

Das Abonnement ist im 17. Jahrhundert entstanden und erlebt seit einigen Jahren eine zweite Blüte. Der Siegeszug der digitalen Angebote ist dabei nur die Spitze des Eisbergs, wie Professor Thomas Rudolph von der Universität St. Gallen feststellt, der das Thema gemeinsam mit Severin Bischof in Consumer Goods Subscriptions beleuchtet. "2018 haben wir eine Umfrage durchgeführt, die ergeben hat, dass 18% der Bevölkerung in der Deutschschweiz zum Zeitpunkt der Studie ein aktives Abonnement besassen. Die Zahl ist vergleichbar mit den USA, wo 2017 rund 15% der Konsumentinnen und Konsumenten ein Abonnement abgeschlossen hatten."

Dieser Trend spiegelt einen tieferen Mentalitätswandel wider, sagt Gabriel Dabi-Schwebel, Gründer der Marketingagentur 1min30. "Unsere Gesellschaften verändern sich von einer Besitzwirtschaft hin zu einer Miet- und Service-Wirtschaft. Das Abonnement sorgt dafür, dass man ein Gut nicht mehr besitzen muss, um davon Gebrauch zu machen."

Ein attraktives Modell für Unternehmen

Viele Schweizer Unternehmen bieten Abonnements an, was daran liegt, dass dieses Modell mehrere Vorteile mit sich bringt, wie Thomas Rudolph erklärt: "Für die Firmen ist das eine gute Methode, um die Nachfrage auf einem konstanten Niveau zu halten. Sie wissen auch, dass die Konsumenten dem Unternehmen eher die Treue halten, wenn sie ein Abonnement haben." Ein gutes Beispiel dafür ist Dollar Shave Club: Die US-Firma, die sich auf den Verkauf von Rasierklingen im Abonnement spezialisiert hat, weist eine Kundenbindungsrate von 69% auf, wodurch sie die Marktanteile des Giganten Gillette ernsthaft angreifen konnte.

"Häufige Kontakte zu den Kunden bewirken, dass man ihnen leichter zusätzliche Verträge anbieten kann", fügt Thomas Rudolph hinzu. Das hat auch die amerikanische Firma Peloton verstanden: Zusätzlich zu ihren hochwertigen Indoor-Bikes betreibt sie einen Streaming-Dienst, mit dem man auf den Bildschirmen der Geräte Kurse von Profi-Sportlern ansehen kann - für 39 Dollar im Monat.

Sind alle Branchen betroffen?

Medien, Musik, Serien ... Können alle Güter und Dienstleistungen im Abonnement angeboten werden? Fast alle, meint Severin Bischof, Berater in der Consulting-Agentur Roland Berger: "Auch wenn es erstmal schwer ist, sich vorzustellen, ein Abo für verderbliche Produkte abzuschliessen, entwickelt sich das Konzept des Abonnements dahin, dass es als eine Art Absicherung oder bequeme Hilfestellung angesehen werden kann. Wer sich wie bei HelloFresh eine Lebensmittelbox liefern lässt, stellt sicher, dass er etwas zu essen im Haus hat. Und wer ein Abo bei einem Beauty-Experten wie Glossybox abschliesst, bekommt durch die neuen Produkte alle Trends der Kosmetikindustrie mit."

Das Abo-Modell funktioniert auch ausserhalb des B2C-Bereichs, weiss Yves Pigneur, Professor für Management an der Universität Lausanne. Ein Beispiel ist die Liechtensteiner Firma Hilti, die Baustellenwerkzeuge vertreibt. "In der Krise von 2008 gab es einen drastischen Umsatzeinbruch. Damals hat das Unternehmen zusätzlich zu seinem klassischen Verkaufsmodell einen Mietservice eingeführt, bei dem Betriebe der Branche mit einem Abonnement Zugriff auf das Werkzeuglager des Unternehmens haben. Für einige Kunden ist es besser, zur richtigen Zeit auf der richtigen Baustelle das richtige Werkzeug zu haben, anstatt dem üblichen Kaufmodell zu folgen."

Risiken und Grenzen

Zwar setzt sich der Trend zum Abonnement mehr und mehr durch, doch es gibt auch Hindernisse. Das erste betrifft die automatische Verlängerung einiger Angebote, die dazu führt, dass die Konsumentinnen und Konsumenten für einen langen Zeitraum gebunden sind. "Die staatlichen Behörden versuchen, das Risiko zu minimieren, indem sie die Unternehmen verpflichten, die Kunden über eine bevorstehende Verlängerung zu informieren oder flexiblere Stornierungsbedingungen zu gestatten, doch wahrscheinlich profitieren viele Anbieter von Abonnements, die weiterlaufen, aber nicht genutzt werden", glaubt Thomas Rudolph.

Eine zweite Hürde hängt mit der Transparenz der Angebote zusammen, wie Severin Bischof am Beispiel der deutschen Bundesliga erklärt. "Die Spiele von Freitag bis Sonntag werden von verschiedenen Anbietern übertragen. Die Vielzahl an Angeboten stellt für die Konsumenten in Wirklichkeit eine Hürde dar."

Langfristig kann die Kundenbeziehung darunter leiden, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten das Gefühl haben, getäuscht zu werden, da das Angebot weniger attraktiv ist als gedacht. Während sich Akteure wie Netflix durch die Einfachheit und Klarheit ihres Modells auszeichnen, gewähren Angebote wie die von Apple TV+ oder Amazon Prime in Wirklichkeit nur Zugang zu einer begrenzten Auswahl an Sendungen und Filmen. "Wer Zugriff auf sämtliche Inhalte will, muss dafür extra bezahlen", beobachtet Severin Bischof. "Solche Strategien schaden dem Vertrauen der Kunden und lassen die Kündigungsraten in die Höhe schnellen."


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Eine Chance für KMU

Obgleich man das Abonnement-Modell häufig mit den grossen Akteuren der Digitalwirtschaft in Verbindung bringt, ist es auch für KMU eine gute Gelegenheit, besonders wenn sie über einen treuen Kundenstamm verfügen, wie die Zürcher Firma Blacksocks, die sich auf Herrenmode spezialisiert hat. "Die verschiedenen Abonnements sind vordefiniert und werden personalisiert. Jeder Kunde wählt in Abhängigkeit von seinem Budget einen oder mehrere Artikel aus, die er dann in regelmässigen Intervallen erhält, also zum Beispiel Socken, T‑Shirts usw."

Allerdings ist das Abonnement keine Allzweckwaffe, warnt Severin Bischof: "Unsere Forschungen haben gezeigt, dass es nicht leicht ist, Abonnements zu verkaufen, und dass es für Unternehmen im Detailhandel schwierig ist, ihre Kunden an sich zu binden. Das Abonnement kann das traditionelle Verkaufsmodell nicht ersetzen, sondern nur ergänzen."

Letzte Änderung 01.09.2021

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