Die Schweizer Unternehmen greifen immer häufiger auf Finanzierungen durch Banken zurück. Wie kann man ein Darlehen zu günstigen Konditionen erhalten? Ein Experte gibt Tipps.
Die Zahl der vollständig aus Eigenmitteln finanzierten kleinen und mittleren Unternehmen ist in den letzten Jahren rückläufig. Eine repräsentative Umfrage, die 2021 im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) publiziert wurde, kam zu dem Ergebnis, dass diese Eigenfinanzierung nur noch auf 37% der befragten Firmen zutraf, während es fünf Jahre zuvor noch 62% waren. In der Erhebung wurde ausserdem hervorgehoben, dass die Bankfinanzierung heute bei KMU die häufigste Form der Fremdfinanzierung darstellt. Im untersuchten Zeitraum erhöhte sich das Gesamtvolumen der nationalen Firmenkredite, die von den Banken in der Schweiz gewährt wurden, im Juni 2021 um 28% auf CHF 416 Milliarden. Rund 87% des Gesamtvolumens (etwa CHF 362 Milliarden) entfielen dabei auf KMU mit weniger als 250 Beschäftigten.
Im Rahmen einer Kreditanfrage eines Unternehmens bei einer Bank nimmt diese eine Bewertung vor, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Unternehmen seine finanziellen Verpflichtungen (Rückzahlung von Krediten inklusive Zinsen) pünktlich und vollständig erfüllen kann. Diese Bewertung dient zugleich der Festlegung des Zinssatzes. Dann wird die Kreditanfrage mit einem "Score" versehen, der auch Bankrating genannt wird. Erläuterungen von Andreas Dietrich, Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ).
Welchen Einfluss hat ein gutes Rating auf die Erlangung eines Kredits?
Dietrich: Ein gutes Bankrating erleichtert es einem Unternehmen, Kredite zu günstigen Konditionen zu erhalten, während ein schlechtes Rating zu höheren Zinsen oder Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe führen kann. Insofern hat die Erreichung eines guten Ratings sowohl einen Einfluss auf die Kreditverfügbarkeit als auch auf die Konditionen.
Welche Kriterien werden bei der Erstellung des Ratings berücksichtigt?
Dietrich: Auch wenn es grundsätzlich darum geht, die zukünftige Bonität abzuschätzen, sind die meisten von den Banken berücksichtigten Faktoren vergangenheitsorientiert und vor allem quantitativ (Kennzahlen). Die Banken begnügen sich nicht damit, bei der Kreditvergabe einfach zwischen guten und schlechten Risiken zu unterscheiden. Um die Bonität der Unternehmen einzuschätzen, beurteilen die Banken die aus der Bilanz entnommenen Finanzdaten (Liquidität, Eigenkapital usw.), aber auch andere nicht-finanzielle Faktoren wie die Qualität der Unternehmensführung oder die Konjunkturaussichten.
Was sind die konkreten Schritte für ein KMU, um sein Bankrating zu erhalten?
Dietrich: Das Unternehmen muss Finanzunterlagen bereitstellen und einen sinnvollen Geschäftsplan, gut durchdachte Zukunftsprognosen sowie mögliche Sicherheiten aufzeigen.
Welche Möglichkeiten gibt es, sein Rating zu verbessern?
Dietrich: Man kann einige zentrale Beurteilungskennzahlen verbessern. Das gelingt zum Beispiel über eine Erhöhung des Eigenkapital-Anteils, den Abbau von Schulden, die Verbesserung der Liquidität, ein gutes Kostenmanagement, die Bereitstellung von Sicherheiten oder auch über professionelle Berichterstattung.
In einer früheren Studie haben sie festgestellt, dass nur drei von zehn KMU, die eine Finanzierung durch eine Bank erhalten, ihr Bankrating kennen. Wie lässt sich das erklären?
Dietrich: Die Finanzkenntnisse vieler kleinerer und auch mittelgrosser KMU sind insgesamt eher bescheiden. Oftmals fehlt es ihnen daher nicht nur am Wissen, wie gut oder schlecht ihr Rating ist, sondern auch an den Kenntnissen, wie sie ihr Rating – und dadurch ihre Kreditkonditionen – verbessern können.
Haben Sie Ratschläge für Unternehmerinnen und Unternehmer, die mit diesem Thema konfrontiert sind?
Dietrich: Wichtig zu verstehen ist, dass ein Rating nicht einfach "gegeben" ist. Die Einschätzungen hängen von den Beurteilungen der einzelnen Rating-Faktoren, den entsprechenden Gewichtungen und auch von deren Auswahl ab, die von Bank zu Bank unterschiedlich ist. Insofern lohnt es sich für ein Unternehmen, bei mehreren Banken ein Rating zu erlangen. Durch diese verbesserte Verhandlungsposition kann man möglicherweise auch bessere Zinssätze erhalten.
Generell lohnt es sich zu verstehen, mit welchen Massnahmen man das Rating verbessern kann. Zwar werden Banken ihre Rating-Methoden und Gewichtungen nicht offenlegen, doch durch etwas Internetrecherche lässt sich schnell herausfinden, welche Kennzahlen bei den meisten Banken eine zentrale Rolle in der Bewertung spielen.
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Zur Persona/Firma

Andreas Dietrich ist Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) sowie Programmleiter des CAS Digital Banking. Er studierte und promovierte an der Universität St. Gallen (HSG), wirkte als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HSG und absolvierte ein Forschungsjahr an der DePaul University in Chicago. Seit 2008 arbeitet er am IFZ. Zudem ist er seit 2015 Mitglied des Verwaltungsrates der Luzerner Kantonalbank und seit Mai 2024 im Bankrat der Schweizerischen Nationalbank (SNB).
Letzte Änderung 19.06.2024