In der Schweiz bekommt der Markt für Reparaturen und Upcycling immer mehr Zulauf. Sein Potenzial ist jedoch noch nicht ausgeschöpft. Aurel Greiner, Gründer der Firma Revendo, die auf die Aufbereitung und den Wiederverkauf von elektronischen Geräten spezialisiert ist, fasst die Lage zusammen.
Vintage-Velos, entstaubte Möbel oder Smartphones, die wieder wie neu sind: Der Second-Hand-Markt überzeugt immer mehr Kunden. Die Kreislaufquote der Schweiz liegt jedoch leicht unter dem weltweiten Durchschnitt (6,9% gegenüber 7,2%), wie aus dem neuen "Circularity Gap Report" von Deloitte und der Organisation Circle Economy hervorgeht. Das heisst, dass 93% der Materialien, die in die Schweizer Wirtschaft einfliessen, aus primären Ressourcen erzeugt werden. Dass bereits existierende Produkte länger im System bleiben können, anstatt auf dem Müll zu landen oder zu schnell recycelt zu werden, ist auch die Motivation und Mission von Aurel Greiner, der 2013 Revendo gegründet hat, ein Unternehmen für den An- und Verkauf von gebrauchter Elektronik.
Können Sie uns etwas über die Gründung von Revendo erzählen?
Aurel Greiner: Meine Partner und ich haben ohne Business Plan einfach angefangen. Obwohl es damals keine Zahlen dazu gab, wussten wir, dass Tausende Smartphones bei Privatpersonen ungenutzt herumliegen. Wir haben mit einem Online-Geschäft begonnen, da wir dachten, das physische Ladengeschäft wäre überholt. Doch von Anfang an hatten wir Kunden, die zu uns kommen wollten, um die Geräte vor dem Kauf zu testen. Heute machen wir 50% unseres Umsatzes in unseren Filialen. Es kommen auch viele Leute mit ihren gebrauchten Geräten vorbei, damit wir diese weiterverkaufen.
Wie ist das Unternehmen zehn Jahre nach seiner Gründung aufgestellt?
Greiner: Wir haben heute einschliesslich der Logistik 13 Standorte in vier Ländern und beschäftigen 140 Mitarbeitende. Mit einem solchen Erfolg hätte ich niemals gerechnet. Wichtiger als die Finanzierung oder das Konzept war aus meiner Sicht, dass wir im richtigen Moment mit der richtigen Idee am Start waren. In den ersten acht Jahren ist es uns gelungen, organisch zu wachsen, indem wir jeden Franken Gewinn wieder investiert haben. Man muss dazusagen, dass unser Gründungsteam jung war und nichts zu verlieren hatte; mein erstes Jahresgehalt betrug nur CHF 12'000.
Was bringt einen Menschen dazu, ein Smartphone über Revendo zu verkaufen oder zu kaufen, anstatt ein Online-Portal zu nutzen?
Greiner: Da spielen zwei Aspekte eine Rolle. Auf Plattformen für den Privatverkauf wird diese Person mit absurden Fragen, Preisdumping oder auch Betrug konfrontiert, was zu Frustration führen kann. Ausserdem sind unsere Bestseller – Smartphones und Tablets – in der Regel nicht bereit für ein zweites Leben, ohne dass das Gerät von Profis aufbereitet wird. Hinzu kommt, dass neue Geräte viel teurer geworden sind und dabei immer weniger Unterschiede zu den etwas älteren Geräten aufweisen.
Haben Sie seit Ihrem Einstieg in diesen Markt einen Imagewandel beim Thema Upcycling wahrgenommen?
Greiner: Ja, auf jeden Fall. In den ersten Jahren war unser Angebot vor allem für Leute interessant, die aufs Geld achten mussten. Heute ist unsere Kundschaft sehr breit gefächert; es gibt auch Kunden, die sich ein neues Gerät leisten könnten, sich aber bewusst für ein neuwertiges Second-Hand-Produkt entscheiden. Natürlich bleibt der Preis ein entscheidender Faktor.
Können Sie den Kreislauf der von Ihnen verkauften Second-Hand-Produkte erklären?
Greiner: Wir beginnen immer mit einer vollständigen Löschung aller Daten. Dann überprüfen unsere Techniker die Verlässlichkeit bestimmter Komponenten. Der Akku eines Smartphones muss zum Beispiel mindestens eine Kapazität aufweisen, die 85% der Leistung eines neuen Akkus entspricht. Die Qualität des Displays wird ebenfalls systematisch überprüft. Bei einem Computer schauen wir auch, ob man ihn mit zusätzlichem Speicher oder einer neuen Festplatte aufrüsten sollte. Wir geben auf alle verkauften eine Garantie. Damit unser Geschäftsmodell funktioniert, müssen wir jedoch auf ein Gleichgewicht zwischen dem angekauften Material und den Verkaufszahlen achten. Dazu haben wir auch Partnerschaften geschlossen, unter anderem mit dem Telefonanbieter Salt.
Sehen Sie noch Wachstumspotenzial? Wie ist die Lage im Jahr 2023?
Greiner: Wenn man die Menge der neugekauften Produkte mit der von uns verkauften vergleicht, gibt es noch sehr viel ungenutztes Potenzial. Die jüngsten verfügbaren Daten deuten jedoch auf einen Rückgang der Verkaufszahlen von neuen Computern und Smartphones hin, was vor allem der Inflation geschuldet ist. Das wird sich am Ende natürlich auf unseren Bestand an verfügbaren Produkten auswirken. Wir rechnen dennoch für dieses Jahr mit einem Umsatzwachstum von 20%.
Haben Sie einen Tipp für junge Menschen, die ein eigenes Unternehmen gründen wollen?
Greiner: Wenn man an sein Projekt glaubt, kann man vieles schaffen. Das ist umso leichter, wenn man jung ist und nichts zu verlieren hat. Mir erscheint es ausserdem wichtig zu betonen, dass Nachhaltigkeit als solche kein Verkaufsargument ist, sondern dass sie für die Konsumenten einen konkreten Vorteil bieten muss. Dabei denke ich, dass die Upcycling-Branche von einer stärkeren Förderung durch die Politik profitieren könnte, ähnlich wie bei den Recycling-Unternehmen.