Im Zentrum der beruflichen Grundbildung steht das Unternehmen. Es stellt den Ausbildungsplatz zur Verfügung, wählt die Lehrlinge aus und schliesst einen Vertrag mit ihnen.
Mit der Ausbildung qualifizierter Fachkräfte leisten KMU einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft und für ihre Branche. "Es ist vorteilhaft, die Lernenden nach der Ausbildung zu übernehmen, weil sie das Unternehmen dann gut kennen", sagt Andrea Maurer, Berufsbildungsleiterin bei Jura, einem Hersteller von Kaffeeautomaten. Ein Ziel sei es auch, den jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, Berufserfahrung zu sammeln, so der Solothurner Hersteller, der zum Beispiel Lehrstellen für Kaufleute, Logistikerinnen, Mediamatiker und Automatikerinnen anbietet.
Berufsbildung ist für alle Wirtschaftszweige ein Thema. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) listet auf seiner Website mehr als 850 Berufe auf, vom Arbeitsagogen bis zur Feuerverzinkerin. Ein Unternehmen, das im Bereich Berufsbildung aktiv werden möchte, durchläuft in der Regel fünf entscheidende Phasen.
1. Erste Schritte
Das interessierte KMU muss zunächst sicherstellen, dass es geeignete Aufgaben für einen Lernenden hat. Fachleute aus der Arbeitswelt (Berufsverbände und Dachorganisationen), das zuständige kantonale Berufsbildungsamt oder ein Lehrbetrieb mit viel Erfahrung können Auskunft geben.
Es besteht auch die Möglichkeit, die Lehre mit anderen Unternehmen gemeinsam zu organisieren. "Wenn zum Beispiel ein kleiner oder mittlerer Malerbetrieb die Farben nicht selbst mischt, kann der Lehrling dies in einem anderen Lehrbetrieb lernen", sagt Bruno Müller, Leiter des Berufsbildungsamtes im Kanton St. Gallen. Die Grundlagendokumente für jeden Beruf, d.h. die Berufsbildungsverordnung und der Ausbildungsplan, sollten zu Rate gezogen werden.
2. Bewilligung
Ein KMU, das ein Lehrbetrieb werden will, muss sich mit dem zuständigen kantonalen Berufsbildungsamt in Verbindung setzen und dieses über seine Absicht informieren. Anschliessend füllt es das offizielle Antragsformular aus. Es wird empfohlen, dass KMU dies frühzeitig, am besten einige Monate vor Beginn der Ausbildung, tun. "Die kantonalen Ämter sollten genügend Zeit haben, um den Spezialisten zu beauftragen, der das betreffende Unternehmen besucht", erklärt Bruno Müller. Wenn Unternehmen in dieser Phase Fragen haben, können sie sich an die kantonalen Inspektoren wenden. "Die Ausbildungsberater haben viel Erfahrung." Sie beraten Betriebe, Lernende und deren Eltern sowie Berufsverbände und Berufsschulen.
3. Kurse für Berufsbildner
"Was zählt, ist die Ausbildung der Berufsbildner", sagt Florent Cosandey, Abteilungsleiter der Section francophone für die Berufsbildung im französischsprachigen Teil des Kantons Bern. Für die meisten Berufe muss die Person, die den Lehrling betreut, einen eidgenössischen Fähigkeitsausweis (EFZ) in diesem Beruf haben. Die erforderlichen Qualifikationen sind in der Verordnung für den jeweiligen Beruf definiert. Der Berufsbildner muss einen Kurs besuchen, der je nach Kanton zwischen 40 und 100 Stunden dauert. Dort lernt er, wie man Lehrlinge ausbildet und betreut und wie man ein Berufsbildungskonzept entwickelt.
4. Auszubildende finden
Um Lehrlinge zu rekrutieren, können Unternehmen ihre Lehrstellen ausschreiben, zum Beispiel auf berufsberatung.ch, allgemeinen Stellenportalen, kantonalen Jobbörsen, sozialen Medien, der eigenen Website, in Lokalzeitungen, oder sie können an Berufsbildungsmessen teilnehmen. Der Kanton Bern empfiehlt, dass potenzielle Lehrlinge ein mindestens einwöchiges Praktikum absolvieren. "So kann das Unternehmen die Motivation der jungen Leute sehen, was das wichtigste Kriterium ist", erklärt Florent Cosandey.
Der Betrieb setzt dann den Ausbildungsvertrag auf, der vom Auszubildenden und bei Minderjährigen auch von den Eltern unterschrieben werden muss. Der Vertrag wird an die zuständige kantonale Stelle geschickt, die den Inhalt prüft. Ein Mustervertrag ist online unter berufsbildung.ch verfügbar.
5. Betreuung der Auszubildenden und Prüfungen
Der Berufsbildner muss den Lernenden im Firmenalltag begleiten und beaufsichtigen. Als Unterstützung kann dafür ein interaktives Formular verwendet werden: die QualiCarte. Sie wurde von der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Arbeitgeberverband und dem Schweizerischen Gewerbeverband entwickelt und definiert die Anforderungen, die ein Ausbildungsgang erfüllen muss.
Neben der Begleitung durch die Berufsbildner führen die Ausbildungsleiter der Betriebe regelmässige Gespräche mit den Lernenden. "Mindestens einmal pro Halbjahr führe ich mit jedem Lehrling ein Gespräch", sagt Andrea Maurer von Jura. Die Managerin arbeitet mit einem Team von Ausbildern zusammen und steht auch mit den Eltern der Lehrlinge in Kontakt. Im letzten Halbjahr ihrer Berufsbildung hilft sie den Lernenden insbesondere bei der Vorbereitung auf die Abschlussprüfung. Die praktischen Prüfungen werden am Ende von Experten aus der Arbeitswelt kontrolliert, und die Kantone stellen die Zeugnisse des EFZ sowie die Diplomurkunden aus.
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Eine Vignette macht das Engagement nach aussen sichtbar
Die Vignette Lehrbetrieb, die vom zuständigen Berufsbildungsamt kostenlos verschickt wird, ist ein gutes Marketinginstrument. Sie signalisiert den Kunden und Geschäftspartnern, dass der Betrieb Lehrlinge ausbildet.
Der Aufkleber kann überall dort angebracht werden, wo Kunden ihn sehen können (Eingangstür, Schaufenster, Fahrzeug…). Viele Unternehmen nutzen auch die elektronische Version für ihre Drucksachen, ihre Website oder ihre E-Mail-Signatur.
Letzte Änderung 07.04.2021