Skigebiete in Zeiten des Wandels

Der Tourismus ist für die Wirtschaft der Schweizer Berggebiete ein zentrales Element. Welche neuen Wege können diese Regionen einschlagen, um auf klimatische und demografische Veränderungen zu reagieren? Ein Überblick.

Skifahrer bei der Abfahrt einer Seilbahn im Winter.

Die Schweiz zeichnet sich durch ein vielseitiges Tourismusangebot aus. Der Tourismussektor ist zudem ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft, besonders in den Berggebieten. Auf ihn entfällt ein Fünftel des Bruttoinlandproduktes der Bergregionen und er trägt dort direkt oder indirekt zu einem Viertel der Arbeitsplätze bei. Doch seit mehreren Jahren stehen die Destinationen in den Bergen aufgrund des Klimawandels unter Druck und nun kommt noch die Gesundheitskrise hinzu.

"Die Skistationen leiden unter einem Konsumverhalten, das den saisonalen Schwankungen des Schneefalls nicht mehr entspricht", erklärt Ralph Lugon, Professor am Institut Tourismus der HES-SO Wallis. "Heute will ein grosser Teil der Skitouristen über Weihnachten auf die Piste, wobei es in dieser Zeit immer häufiger keinen Schnee gibt. Früher verteilten sich die Skifahrer dagegen über alle fünf Wintermonate."

Der Experte zeigt auch auf, dass es sich um einen Nischenmarkt handelt, der mittlerweile gesättigt ist. "Die Skikultur scheint in den jungen Generationen allmählich zu verschwinden. Sie leidet zudem unter der Konkurrenz durch ein umfangreiches Freizeitangebot." Der Rückgang der Billigflüge in sonnenreiche Länder, der von der Covid-19-Pandemie ausgelöst wurde, könnte jedoch einen Teil der Gäste, die dem Wintersport den Rücken gekehrt hatten, wieder zurückbringen. Der Art des Angebots dürfte dann eine entscheidende Bedeutung zukommen.

Nachhaltigkeit

Um ihre wirtschaftliche Zukunft zu sichern, müssen die Stationen also neue Geschäftsmodelle entwickeln, indem sie unter anderem auf Technologie und die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung setzen. Ein Beispiel ist der Solarskilift von Tenna im Bündner Safiental. Die Anlage der besonders bei Familien beliebten Station ist 450 Meter lang und kann mehr als 800 Personen pro Stunde transportieren. Sie produziert 90'000 kWh pro Jahr, verbraucht aber nur 22'000 kWh.

Auch die Monte-Rosa-Hütte, die sich in 2'883 Metern Höhe in der Gemeinde Zermatt (VS) befindet, ist ein Pionierprojekt im Bereich des Berghüttenbaus. Zwischen 70 und 90% des Strombedarfs werden durch Sonnenenergie gedeckt, während die Wasserversorgung durch das Sammeln von Schmelzwasser sichergestellt wird. Darüber hinaus verfügt sie über ein eigenes Blockheizkraftwerk und eine autarkes Wasseraufbereitungssystem.

"Es gibt immer mehr umweltfreundliche Technologien, ob für Neubauten oder die Modernisierung von bestehenden Hotels oder Restaurants", sagt Barbara Gisi, Leiterin des Schweizer Tourismus-Verbands (STV). "Die Tourismusdestinationen bringen ihre Fortschritte in diesem Bereich nicht immer ausreichend zur Geltung, auch wenn dies am Rande der aktuellen Diskussionen über Nachhaltigkeit thematisiert wird."

Neue Angebote

Doch sanfte Mobilität, erneuerbare Energien oder die Verwendung ökologischer Baumaterialien sind nur eine Seite der Gleichung, die den Fortbestand des Schweizer Bergtourismus sicherstellen soll. Dessen Zukunft hängt auch von der Schaffung neuer Angebote ab, insbesondere für den Vier-Jahreszeiten-Tourismus. "Der Übergang vom Wintertourismus zu einem ganzjährigen Angebot geht natürlich nicht von heute auf morgen, denn es müssen zum Beispiel die Öffnungszeiten angepasst werden", macht Barbara Gisi deutlich.

Fraglich bleibt, ob Weintourismus, Herbstwanderungen oder Familienaktivitäten den Einnahmen aus den Skipässen Konkurrenz machen können. "Diese Frage kann heute niemand beantworten", erklärt Ralph Lugon vom Institut Tourismus. "Laut den Aussagen einiger Betreiber von Bergbahnen entsprechen die Einnahmen aus dem Mountainbike-Tourismus in der Sommersaison im Moment nur einem Bruchteil der im Winter erzielten Einnahmen."

Komfort und Digitalisierung

Die Leiterin des Schweizer Tourismus-Verbands hebt auch die Bedeutung des demografischen Wandels hervor, den man berücksichtigen müsse. "Es ist bekannt, dass ältere Menschen ihre Ski-Aktivitäten ganz oder teilweise reduzieren. Man kann ihnen stattdessen eine Einführung ins Schneeschuhwandern anbieten. Ausserdem ist diese Zielgruppe sehr empfänglich für Angebote, die mit einem gewissen Komfort aufwarten können."

Den Touristen das Leben leichter zu machen, ist ein Trend, der in den kommenden Jahren noch wichtiger werden wird: Gepäcktransfer bei Ankunft oder Abreise, individuelle Service-Packages oder Flexibilität bei den Buchungen. "Die Digitalisierung wird in dieser Hinsicht eine grosse Rolle spielen", meint Barbara Gisi. "Ich denke, dass wir langfristig über digitale Assistenten verfügen werden, die die Touristen über ihren Aufenthalt hinweg begleiten, indem sie ihnen beispielsweise Sehenswürdigkeiten in der Nähe anzeigen oder in Echtzeit die Auslastung der Bergbahnen in dem jeweiligen Skigebiet wiedergeben."


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2019 hatte der Schweizer Tourismussektor einen neuen Rekord an Logiernächten verzeichnet: Mit mehr als 39,6 Millionen wurden alle bisherigen Zahlen übertroffen; im Vergleich zu 2018 lag die Zunahme bei 1,9%. Mit dem Ausbruch der Gesundheitskrise sieht die Entwicklung in diesem Jahr gänzlich anders aus. So kam der Schweizer Hotelsektor zwischen Januar und August 2020 auf 16,5 Millionen Logiernächte. Das entspricht gegenüber dem Vorjahreszeitraum einem Rückgang um 40,9% (-11,4 Millionen Logiernächte). Die ausländischen Gäste generierten in den ersten acht Monaten des Jahres 5,9 Millionen Logiernächte (-61,7%). Die Gäste aus der Schweiz kamen ihrerseits auf 10,6 Millionen Logiernächte (-15,1%).

Letzte Änderung 06.01.2021

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