"Die Gesundheit und Sicherheit des Personals sind fundamental"

Von Ausrüstungen gegen Abstürze bis zum Schutz vor UV-Strahlen – KMU im Baugewerbe müssen viele Massnahmen treffen, um ihre Mitarbeitenden vor Unfall- und Krankheitsrisiken zu schützen. Thomas Rosenberg, Betriebsleiter von Hector Egger Holzbau, spricht über die Einzelheiten dieser "systematischen Prävention".

Der Bausektor ist der Bereich mit dem fünfthöchsten Sterberisiko in der Schweiz. Zwischen 2014 und 2023 wurden hier pro Jahr durchschnittlich 10,9 Todesfälle je 100'000 Vollzeitkräfte gezählt und 179 Arbeitsunfälle je 1'000 Beschäftigte. Das KMU Hector Egger Holzbau ist sich dieser Gefahren bewusst und bemüht sich seit zehn Jahren um Innovationen, um seinen 110 Mitarbeitenden einen angemessenen Schutz vor Unfällen zu bieten. Thomas Rosenberg, betrieblicher Leiter der Firma, erläutert die Herausforderungen der Branche im Bereich Risikoprävention.

Was sind die Haupttätigkeiten Ihres KMU und inwiefern ist es in Ihrer Branche wichtig, auf die Sicherheit der Mitarbeitenden zu achten?

Thomas Rosenberg: Wir arbeiten im Bereich Holzbau, das heisst, wir fertigen Elemente aus Holz, die ein Gebäude tragen oder ein Teil davon sind (Wände, Fussböden, Decken), und bauen sie anschliessend auf den Baustellen ein. Wir führen auch regelmässig Renovierungen durch. Diesbezüglich betrifft uns die Bauarbeitenverordnung von 2022, die hierfür besondere Massnahmen vorschreibt. Um diese neuen Vorgaben zu erfüllen, haben wir intern einen Pool geschaffen und wir können nun innert fünf Minuten einen Sicherheitsplan entwerfen, während uns das früher eine Stunde gekostet hat.

Wer kümmert sich in Ihrem Unternehmen um das Thema Prävention?

Rosenberg: Die Projektleiter sind Ansprechpartner für alle Sicherheitsfragen auf den Baustellen. Sie erarbeiten die nach den Bundesvorschriften verlangten Schutzpläne, deren Umsetzung kontrolliert wird. Diese werden in den Kostenvoranschlag aufgenommen und dann entsprechend organisiert, und zwar schon ab der Planungsphase für ein Bau- oder Sanierungsvorhaben.

Die Gesundheit und Sicherheit unseres Personals sind natürlich fundamental. Am Abend muss jeder unversehrt nach Hause gehen! Ich gehöre übrigens zu einem Branchenlösung zur Risikoprävention mit dem Namen "Holzbau Vital". In diesem Rahmen wurde für Holzbaubetriebe eine Lösung entwickelt, die sowohl einen Massnahmenkatalog als auch Weiterbildungskurse im Bereich Sicherheit und Gesundheit umfasst. Sie wurde von der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) zertifiziert und kann das Leben kleiner Unternehmen vereinfachen, da diese keine externen Spezialisten beauftragen müssen. Es ist auch eine Möglichkeit, um daran zu erinnern, dass Sicherheit bei einem Bauvorhaben ein Kostenpunkt ist, dass man sie im Budget berücksichtigen und planen muss.

Haben Sie konkrete Beispiele für "systematische Prävention"?

Rosenberg: Wir statten unsere Baustellen mit kollektiven Absturzsicherungen aus, die für alle Gewerke funktionieren müssen. Diese bestehen aus Sicherheitsnetzen, mobilem Seitenschutz (z.B. Geländer) oder auf dem Boden angebrachteLuftkissen. Falls das nicht funktioniert, sichern wir jeden einzeln, vor allem mit Hilfe von Auffanggurten.

Wie wird ein neuer Lehrling, der neu bei Ihnen anfängt, für diese Fragen sensibilisiert?

Rosenberg: Gleich am Willkommenstag erhalten die neuen Lehrlinge ihre erste Sicherheitsschulung. Ihnen werden unter anderem die "Zehn lebenswichtigen Regeln für den Holzbau" vorgestellt. In diesen geht es um das Thema Abstürze, aber auch um das Tragen von Schutzkleidung, das sichere Transportieren von Lasten, die korrekte Lagerung von Bauelemente oder auch den Umgang mit Werkzeugen. Eine Woche später nehmen die jungen Leute an einem von der Unfallversicherung organisierten Sicherheitsparcours teil und einen Monat später bekommen sie eine zweitägige Fortbildung zu diesem Thema.

Inwiefern hat sich durch die Bauarbeitenverordnung die Situation für Sie verändert?

Rosenberg: Mit den neuen Vorschriften zur verpflichtenden Absturzsicherung ab einer Höhe von zwei Metern, was in unserer Branche häufig vorkommt, nutzen wir verstärkt Hebebühnen und persönliche Schutzausrüstung gegen Abstürze, also Auffanggurte mit Seilen. Dafür muss zum einen Material gekauft werden, zum anderen müssen obligatorische externe Schulungen für unsere Mitarbeiter organisiert werden.

Weitere neue Elemente in der Verordnung betreffen die Verhütung von Krankheiten, insbesondere den Schutz vor UV-Strahlung. Im Sommer verteilen wir Sonnencreme, Sonnenschutz für Kopf und Nacken sowie Wasser. Die Mitarbeiter können auch früher mit der Arbeit beginnen, wenn sie das möchten, und mehr bezahlte Pausen im Schatten machen.

Welche Herausforderungen bringt diese systematische Prävention für Hector Egger Holzbau mit sich?

Rosenberg: Man muss dafür sorgen, dass auch die Mitarbeiter neue Ideen einbringen, damit sie sich wirklich einbezogen fühlen. Ausserdem muss man die Termine für die Sicherheitsschulungen schon zu Jahresbeginn festlegen und sich daran halten, egal wie viel Arbeit gerade anfällt.

Was sind – abgesehen von der Einhaltung der Gesetze – die positiven Auswirkungen für Ihr KMU?

Rosenberg: Unser Engagement für mehr Sicherheit zeigt Wirkung, denn die Höhe unserer Prämien für die Unfallversicherung sinkt von Jahr zu Jahr. Allgemein versuchen wir, unsere Mitarbeiter in die Organisation der Sicherheit bei den verschiedenen Projekten einzubinden und wir versuchen, eine offene Gesprächskultur zu leben. Falls am Ende ein Fehler passiert, geht es darum, gemeinsam Lösungen zu finden.


Zur Persona / Firma

"Die Gesundheit und Sicherheit des Personals sind fundamental"

Thomas Rosenberg stieg 2008 als Praktikant bei dem 1848 in Langenthal (BE) gegründeten Unternehmen Hector Egger Holzbau ein und schloss dort seine Weiterbildung als Holzbautechniker ab. Nachdem er einige Jahre Erfahrung als Projektleiter gesammelt hatte, wurde er 2013 Betriebsleiter und 2014 Mitglied der Geschäftsführung. Im selben Jahr schloss er auch sein Nachdiplomstudium als Dipl. Baubetriebsmanager erfolgreich ab.

Letzte Änderung 04.09.2024

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