"Das Unternehmertum ist Teil meiner DNA"

Nach der Gründung und Leitung eines KMU zieht sich der CEO zurück und überlässt den Platz einem neuen Geschäftsführer. Eine solche Entscheidung ist in der Schweizer Unternehmenswelt weit verbreitet, auch wenn sie nicht immer leicht fällt. Erfahrungen von Tobias Richter.

Tri Dental Implants ist in rund fünfzig Ländern vertreten und damit einer der Hauptakteure auf dem Markt für Zahnimplantate. Die Firma mit Sitz in Hünenberg (ZG), die mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigt, wurde 2011 von Tobias Richter gegründet, der auch eine E-Learning-Plattform für Zahnärzte entwickelt hat. Nach sieben Jahren an der Spitze des KMU beschloss der Gründer, seine Funktionen abzugeben und sich auf die Strategie und die Innovation zu konzentrieren. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Wie ist ihm die Übergabe an den neuen CEO gelungen? Ein Interview.

Warum haben Sie Ihre Funktion als CEO abgegeben?

Tobias Richter: Als CEO war ich sehr mit dem Management des Tagesgeschäfts im Unternehmen beschäftigt. Ich hatte also nur sehr wenig Zeit für die Entwicklung neuer Ideen und strategischer Leitlinien. Das ist einer der Gründe, die mich dazu gebracht haben, die Position zu wechseln. Die Entscheidung war ausserdem durch den Wunsch motiviert, meine Aktivitäten zu diversifizieren und parallel dazu neue Unternehmensprojekte zu entwickeln, zum Beispiel eine Zahnklinik-Gruppe in Deutschland.

Was hat Ihnen dieser Rollenwechsel gebracht?

Richter: Einen neuen Geschäftsführer einzustellen, hat mich vom operativen Geschäft entlastet. Als Verwaltungsratspräsident kann ich mich jetzt auf die strategischen Aktivitäten des Unternehmens konzentrieren. So bekam ich auch die Zeit dafür, neue Konzepte auf die Beine zu stellen. Das Unternehmertum ist Teil meiner DNA, derzeit bin ich in fünf Unternehmen aktiv. Wäre ich noch CEO von Tri Dental Implants, hätte ich das alles nie gemacht.

Welche Auswirkungen hatte diese Entscheidung auf das Unternehmen?

Richter: Wir konnten dadurch unseren Horizont erweitern. Ich habe jetzt mehr Zeit, über Wertschöpfungsmodelle nachzudenken und darüber, wie diese gelingen können. Ich kann ausserdem mein Netzwerk besser pflegen. Darüber hinaus ist ein Wechsel in der Geschäftsführung auch die Gelegenheit, sich neue Energie und neue Entwicklungsperspektiven in den Betrieb zu holen.

Wann übergibt man den Staffelstab?

Richter: Das ist eine sehr persönliche Entscheidung; es gibt kein richtig oder falsch. Ich verstehe sehr gut, dass einige CEOs ihre Position behalten möchten. Meiner Meinung nach wird es interessant, sich diese Frage zu stellen, wenn man feststellt, dass das Tagesgeschäft überhandnimmt gegenüber der strategischen Reflexion und der Suche nach neuen Geschäftsgelegenheiten. In diesen Fällen ist es eine Option, sich aus seiner Funktion zurückzuziehen. Man kann auch in Betracht ziehen, einen Manager für den operativen Bereich einzustellen und sich auf diese Weise Zeit zu verschaffen.

Wie sollte man vorgehen, damit der Übergang gelingt?

Richter: Ich habe Tri Dental Implants von Grund auf aufgebaut. Es gab viele Herausforderungen und Opfer im persönlichen Bereich. Es ist also klar, dass diese Entscheidung nicht leicht zu fällen war, aber ich wusste, dass es die richtige ist. Der Übergang verlief reibungslos, weil er im Vorfeld gut organisiert wurde, lange bevor wir ihn öffentlich bekannt gaben. In dieser Phase ist es sehr wichtig, die tragenden Figuren des Unternehmens, beispielsweise den Chief Technology Officer (CTO) oder den Chief Financial Officer (CFO), einzubeziehen. Der zweite Schritt besteht darin, den geeigneten Kandidaten auszuwählen. Hier geht es natürlich um Kompetenzen, aber auch und vor allem um persönliche Eigenschaften. Da ich weiterhin eine aktive Rolle im Unternehmen spiele, war es in meinem Fall wichtig, dass ich jemanden auswähle, der dieselben beruflichen Werte hat und mit dem ich mich gut verstehe.

Und welche Fehler sollte man vermeiden?

Richter: Ein Wechsel in der Geschäftsführung kann die Angestellten und die Aktionäre verunsichern. Eine gute Kommunikation ist einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg. Ich habe viel Zeit darin investiert, die verschiedenen Interessengruppen mit Blick auf mein Engagement im Unternehmen zu beruhigen und ihnen die Gründe für diesen Wechsel mit allen positiven Entwicklungen, die er mit sich bringen wird, zu erklären.

Wie schafft man es, dass die Zusammenarbeit mit dem neuen CEO funktioniert?

Richter: Entscheidend ist, dass man von Anfang an einen klaren Rahmen absteckt. In welchen Momenten werde ich mich einmischen? Bei welchen Entscheidungen werde ich zu Rate gezogen? Stefan Hund, der neue CEO von Tri Dental Implants, und ich haben uns eine ganze Reihe von Fragen gestellt, damit die Rollen klar definiert sind und wir unsere Funktionen unter den bestmöglichen Bedingungen ausüben können.

Auf welche Finanzierungsquellen greifen Sie zurück?

Richter: Eine Mischung aus privaten Mitteln und Private Equity.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

Richter: Wir entwickeln und produzieren digitale Lösungen im Bereich der dentalen Implantologie, die wir dann über einen Vertriebskanal oder im Direktverkauf an Zahnärzte in 50 Ländern verkaufen.

Was würden Sie einem CEO raten, der darüber nachdenkt, sich aus seiner Funktion zurückzuziehen?

Richter: Man muss die Person für die Nachfolge sorgfältig auswählen. Wichtiger als die Kompetenzen ist die Fähigkeit, im Alltag miteinander zu interagieren. Darüber hinaus heisst der Verzicht auf die Position des CEO auch zu akzeptieren, dass man nicht mehr alle Entscheidungen trifft. Man muss also loslassen.


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Zur Person/Firma

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Tobias Richter (46) wurde in Deutschland geboren und erwarb seinen Master in Entrepreneurship am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Nach der Gründung eines Telekommunikationsunternehmens in London beschloss er mit seiner Ankunft in der Schweiz 2001, sich der Dentalindustrie zuzuwenden, wo er rund zehn Jahre arbeitete. 2010 gründete er Tri Dental Implants und lancierte eine E-Learning-Plattform für Zahnärzte. Heute ist er Verwaltungsratspräsident seines Unternehmens und entwickelt nebenbei neue Unternehmensprojekte.

Letzte Änderung 04.11.2020

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