Lohngleichheit auf gutem Weg

Seit der Revision des Gleichstellungsgesetzes im Jahr 2020 sind Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten verpflichtet, ihren Betrieb auf mögliche Lohndiskriminierungen zu prüfen. Die ersten Ergebnisse sind positiv, da nur bei einem von zwanzig Unternehmen erhebliche Ungleichheiten aufgedeckt wurden.

Ein Mann und eine Frau geben sich ein High Five.

In der Schweiz verdient eine Frau im Durchschnitt 8% weniger als ein Mann, also CHF 686 pro Monat, wie aus einer Erhebung des Bundesamtes für Statistik (BFS) aus dem Jahr 2018 hervorgeht. Das Parlament hat deshalb beschlossen, in das Gleichstellungsgesetz eine neue Regelung einzufügen. Seit dem 1. Juli 2020 müssen Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden eine Analyse durchführen, diese einem Audit unterziehen und das Ergebnis dann ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitteilen. Dafür stellt der Bund die kostenlose Software Logib zur Verfügung, die sich alle Schweizer Firmen herunterladen und anonym nutzen können. "Dank Logib können Firmen, die dies wünschen, eine Auswertung ihrer Situation vornehmen, ohne Strafen befürchten zu müssen, falls bei ihnen noch keine Lohngleichheit herrscht", erklärt Simon Hilber, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Themenbereich Arbeit beim Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann.

Logib besteht aus zwei getrennten Modulen. Eines ist für Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten und das andere für kleine Firmen mit weniger als 50 Beschäftigten. Im ersten Fall berücksichtigt die Software die Ausbildung der einzelnen Beschäftigten, ihre Erfahrung, ihr Dienstalter, ihr Kompetenzniveau und die berufliche Stellung ihrer Funktion. Diese Daten liefern im Vergleich mit denen der anderen Beschäftigten eine statistische Analyse der Löhne. "Für kleinere Unternehmen ist diese Bewertung schwierig, da die Zahl der Mitarbeitenden nicht gross genug ist, um einen repräsentativen Vergleich zu ermöglichen", erklärt Simon Hilber. Das zweite Modul von Logib bietet daher die Möglichkeit, jeder Stelle einen Wert zuzuweisen, die unter anderem auf dem Ausbildungsniveau, dem Grad an Verantwortung und möglichen körperlichen Belastungen bei der Arbeit basiert.

Die auf Lohngleichheit spezialisierte Beratungsagentur Comp-On mit Sitz in Aargau hat mehr als 190 Unternehmen analysiert. Bei weniger als 5% der Firmen wurde mit Sicherheit bestätigt, dass die betriebliche Lohngleichheit nicht eingehalten wurde. "Bei 90% dieser Unternehmen fiel der Unterschied zuungunsten von Frauen aus und bei 25% waren die Resultate grenzwertig", erklärt die Organisation in ihrem Fair-ON-Pay Report 2021.

Ungleichheit ist häufig unbeabsichtigt

Gibt es zwischen grossen und kleinen Unternehmen Unterschiede in Bezug auf die Lohnungleichheit? "Bei Letzteren gibt es weniger Schwankungen bei der Bezahlung", weiss Rafael Lalive, Wirtschaftsprofessor an der Universität Lausanne. "Die Leute kennen sich und können sich leichter über ihr Gehalt austauschen. Probleme gibt es eher in den grossen Firmen."  Hinter den ungleichen Löhnen steckt in der Regel keine Absicht. Sie sind das Ergebnis von fehlenden Strukturen innerhalb der Firma. "Dieses Problem erschwert eine objektive Analyse, die es erlauben würde, sich ein vollständiges Bild von der Situation zu machen", sagt Marc Pieren, Mitgründer von Comp-On. Um diese Differenzen zu vermeiden, plädiert er für eine klare und passgenaue Organisation. "Man muss in der Lage sein, die Aufgaben zu vergleichen sowie die Einkommen zu beobachten und zu rechtfertigen."

Neben dem strukturellen Aspekt gibt es weitere Lösungen, um eine bessere Lohngleichheit in einem KMU zu erreichen. Eine davon ist die Förderung von Teilzeitarbeit, insbesondere bei männlichen Beschäftigten. "Wir haben festgestellt, dass in Unternehmen, in denen Stellen mit reduzierter Arbeitszeit besser zwischen Frauen und Männern aufgeteilt sind, die Lohungleichheit geringer ausfällt", erklärt Marc Pieren.


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Wie bekommen Frauen leichter Zugang zu Führungspositionen?

In der Schweiz haben Frauen weniger Führungsposten inne als Männer, zudem ist ihr Beschäftigungsgrad oft geringer. "Nur 51% von ihnen arbeiten in Vollzeit, während es bei Männern 82% sind. Diese Situation versperrt ihnen den Zugang zu Führungspositionen", macht Marc Pieren, Mitgründer von Comp-On, deutlich. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, gibt es mehrere Möglichkeiten. Der erste Ansatz ist die Rekrutierung. "Bei einem Einstellungsverfahren kann man Frauen gezielt ermutigen, sich zu bewerben, indem man schreibt, dass die Stelle bei gleicher Eignung bevorzugt an Frauen vergeben wird", erklärt Rafael Lalive, Wirtschaftsprofessor an der Universität Lausanne. Während Arbeitgeber mittlerweile tendenziell mehr Frauen einstellen, haben auch die Frauen selbst die Möglichkeit, diesen Wandel mitzugestalten. "Sie neigen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Man muss ihnen helfen, diese verzerrte Wahrnehmung zu korrigieren", sagt Rafael Lalive. Eine Lösung ist auch die Vernetzung der Frauen untereinander. Diejenigen, die eine Führungsposition anstreben, sollten sich mit Frauen umgeben, die bereits eine derartige Funktion innehaben.

Letzte Änderung 01.06.2022

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