Foodtrucks: Flexibilität ist Trumpf

Seit 2015 die ersten Exemplare der mobilen Restaurants auftauchten, konnten sie einige hundert gründungswillige Schweizerinnen und Schweizer überzeugen. Erfahrungsberichte.

Ein Foodtruck wartet nachts bei einer Veranstaltung auf seine Kunden.

Das Phänomen der Foodtrucks, das zunächst in den USA aufkam, erlebte vor allem zwischen 2015 und 2016 in den Städten und auf den Festivals in der Schweiz einen Boom. Dann verlangsamte sich das Wachstum aufgrund der Einführung eines strengeren Gesetzesrahmens (mehr dazu im Kasten am Rand). Was sind die Gründe für diese Begeisterung bei den jungen Selbstständigen in der Schweiz? Ein flexibles Geschäftsmodell ohne grosse Investitionen und sehr viel Freiheit.

In seinem metallgrauen Anhänger mit dem grünen Streifen weiss Philippe Vuagniaux, Inhaber von La Boîte à Goûts, die Möglichkeit zu schätzen, dass er fahren kann, wohin er will. "Ich bin mein Leben lang viel gereist und wollte mich nicht an einem einzigen Ort einschliessen", erklärt der Unternehmer. "Da ich eine Ausbildung als Bäcker und Konditor habe, entschied ich mich 2015 für das Geschäft mit meinem Foodtruck." Auf der Karte stehen süsse und herzhafte Crêpes, ausschliesslich nach hausgemachten Rezepten.

Claire Mallet setzte das Konzept des Restaurants auf Rädern mit ihrem rot-weissen Renault Estafette um. "Ich bin schon immer im Weinbau tätig und wollte, dass andere an meiner Leidenschaft teilhaben können. 2015 beschloss ich, mein "Wine Trotter"-Konzept zu entwickeln, bei dem ich meinen Kunden regionale Weine im Ausschank oder als Flasche verkaufe."

Die Suche nach dem richtigen Ort

Diese Mobilität bietet den Inhabern der Foodtrucks die Möglichkeit, die besten Orte und Veranstaltungen auszuwählen. "Zu Beginn des Abenteuers ist man auf jedem Dorffest präsent", erklärt Claire Mallet. "Dann merkt man, dass einige davon nicht zum Geschäftsmodell passen." Daher bevorzugt die Mittdreissigerin bestimmte Feste wie das Feuerwerk am 1. August in Genf. Bei diesen Veranstaltungen kann sie Einnahmen von CHF 7’000 bis 8’000 erzielen. "Ich fahre auch zu Privatkunden für Hochzeiten, Einweihungspartys oder Baustelleneröffnungen. Ich bleibe aber in einem Umkreis von 30 Kilometern."

Philippe Vuagniaux ist mit seiner mobilen Crêperie vor allem auf kleinen Dorffesten, in der Nähe von Bürogebäuden und auf seinem festen Stellplatz auf dem Wochenmarkt an der Place de la Riponne in Lausanne präsent. "Die grossen Festivals habe ich aufgegeben, weil ich mit dem Tempo nicht Schritt halten konnte. Dagegen mache ich bei jedem Dorffest Gewinn." Ein guter Arbeitstag bedeutet für ihn rund fünfzig Kunden.

Just in time

Gewinn zu erwirtschaften, erfordert ein präzises Warenmanagement. "Ich muss meinen Bestand aufs Korn genau durchplanen", berichtet Philippe Vuagniaux. "Dafür habe ich an dem Ort, wo mein Wagen geparkt ist, ein kleines Material- und Warenlager gebaut." Claire Mallet bestätigt diese Einschätzung: "Ich greife auf die Lager der Winzer zurück, mit denen ich zusammenarbeite. Sie berechnen mir nur das, war konsumiert wurde."

Der grösste Unterschied zu den klassischen Restaurants sind die Fixkosten. Ausser der Miete für den Parkplatz und die Stellflächen in den Städten fallen für die Foodtrucks keine Betriebskosten an. "Aber wenn man nicht zu einer Veranstaltung fährt, verdient man auch nichts", gibt Claire Mallet zu bedenken. Deshalb hat sie beschlossen, weiterhin parallel einer Arbeit als Weinverkäuferin für Restaurants und Feinkostläden nachzugehen. In unsicheren Zeiten wie der aktuellen Pandemie ist das für sie ein grosser Pluspunkt.

Resilienz ist ein Muss

Das Geschäft mit dem eigenen Foodtruck bringt auch Nachteile mit sich, zum Beispiel die Abhängigkeit vom Wetter oder zuweilen ein hohes Mass an Stress, mit dem man zurechtkommen muss. "Ich empfehle allen, die mit der Idee eines Foodtrucks liebäugeln, ein Praktikum in der Küche zu machen", erklärt Philippe Vuagniaux. "Manchmal muss man drei Kunden gleichzeitig bedienen, ohne die Bestellungen durcheinanderzubringen, man muss stressresistent sein und mit unvorhergesehenen Situationen klarkommen, die in der Gastronomie passieren können."

Laut Claire Mallet braucht man eine klare Identität und eine interessante Positionierung auf dem Markt. "Eine Konkurrenzanalyse ist notwendig, um zu vermeiden, dass man es sich zu leicht macht. Mein Geschäft ist heute untrennbar mit meinem Wagen verbunden. Egal wo ich hinkomme - meine Kunden erkennen mich. Ohne ihn bin ich nichts. Und umgekehrt genauso."


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Der rechtliche Rahmen wurde rasch angepasst

Einer der Hauptgründe für den Erfolg der Foodtrucks im Jahr 2015 war eine Lücke im Gesetz, durch die dieses Business nahezu jedem offenstand. Der Ärger der Gastronomen bewirkte, dass die Kantone ihre Gesetze nach und nach überarbeiteten. Im Wallis beispielsweise herrschen nun die strengsten gesetzlichen Regelungen in diesem Bereich, denn wer dort einen Foodtruck betreibt, unterliegt denselben Auflagen wie der Inhaber eines klassischen Restaurants. Die Mehrheit der übrigen Kantone fordert ein vereinfachtes Wirtepatent sowie die Einhaltung der Hygieneregeln und des Arbeitsrechts.

Die Behörden haben auch neue Regelungen für die Stellplätze der mobilen Restaurants aufgestellt. "Im öffentlichen Raum gibt es nur eine begrenzte Zahl an Flächen, die für die Trucks reserviert sind", erklärt der Zürcher Andreas Seiler, Präsident von Foodtruck Verband Schweiz. "Die Städte müssten mehr Flächen für dieses Geschäftsmodell bereitstellen." In Genf hat die Stadtverwaltung zum Beispiel die Zahl der Stellplätze um die Hälfte reduziert, sodass nur noch fünf zur Verfügung stehen.

Letzte Änderung 01.07.2020

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