Immer mehr Unternehmer lernen Programmieren

Um die Entwicklung ihrer digitalen Projekte selbst in der Hand zu haben, machen sich Kader und Geschäftsführer mit Informatikcodes vertraut.

 
Eine junge Frau und ein junger Mann schauen sich Zeilen eines Codes auf einem Computer an.

Da das Thema Programmieren und Codes in der schulischen Grundbildung vernachlässigt wird, fehlt es einigen Unternehmerinnen und Unternehmern bei ihren beruflichen Projekten an entsprechenden Kenntnissen. Um ihnen dabei zu helfen, diese Lücke zu schliessen, entstehen überall in der Schweiz immer mehr Weiterbildungen. Von einigen Stunden bis zu mehreren Wochen dauern die Kurse, die somit an die jeweiligen digitalen Bedürfnisse angepasst sind. Alle haben ein Ziel: Die Grundlagen der Entwicklung zu vermitteln.

Hinter den Bildschirm schauen

Das Ziel der Erwerbstätigen, die Programmiersprachen lernen wollen, besteht nicht darin, Informatik-Cracks zu werden. Ihre Erwartungen sind unterschiedlich, aber nicht unbedingt komplex. Die einen wollen den Code eines Programms entschlüsseln, um das "Backend" ihrer Website zu verstehen und eventuell anzupassen. Die anderen wollen das Sicherheitsniveau ihrer IT-Systeme und den Datenschutz überprüfen. "Durch die Informatisierung der Systeme kann es für das Funktionieren und die Entwicklung eines Unternehmens schädlich sein, wenn man gar nicht weiss, wie die digitalen Geräte funktionieren. Vor allem, wenn die Strategie auf der Digitalisierung beruht: In diesem Fall ist es riskant, total von seinem IT-Dienstleister abhängig zu sein", meint Maurizio Rigamonti, Präsident des Swiss Game Center in Freiburg.

In dem vor sieben Jahren gegründeten Verein lernt man Programmieren auf spielerische Art. "Spiele sind ein tolles Mittel, um Programmieren zu lernen. Indem sich der Teilnehmer in die Perspektive versetzt, ein Videospiel zu entwickeln, taucht er in die Praxis ein und hat mit ganz konkreten Problemen und Konzepten des Programmierens zu tun. Am Ende hat er ein konkretes Ergebnis, was befriedigend ist und eine Belohnung darstellt."

Digitale Bedürfnisse formulieren

In einem KMU mit wenigen Beschäftigten ist es unmöglich, intern über alle Kompetenzen zu verfügen, die für die Web- oder Software-Entwicklung notwendig sind. "Es geht vielmehr darum, eine Weiterbildung passend zum eigentlichen Beruf und zu den erkannten Bedürfnissen des Unternehmens finden", sagt Nicolas Wirth, Geschäftsführer bei Ifage, der Stiftung für Erwachsenenbildung in Genf. "Während jemand, der geschäftlich im Web aktiv ist, mit Ingenieuren an der digitalen Entwicklung arbeitet, braucht ein Gastwirt lediglich Grundkenntnisse der Codes. Mit ihnen kann er seine Website intern pflegen und bearbeiten."

Zu erfahren, welche Erwartungen die KMU haben, und diesen mit angepassten Weiterbildungen zu entsprechen, kann kompliziert sein. "Wenn einem Geschäftsführer die Kenntnisse und das passende Vokabular fehlen, fällt es ihm manchmal schwer, sein Anliegen klar zu formulieren", weiss Nicolas Wirth. "Ein Gespräch ist der einzige Weg, um zu verstehen, was er braucht, bevor man ihm einen Kurs vorschlägt." Die Grundlagen der Sprachen Python oder Java lassen sich in Kursen von wenigen Stunden erlernen, für ein Entwickler-Zertifikat braucht es 15 Wochen – die Kurse und ihre Dauer richten sich nach den Bedürfnissen der Teilnehmer.

Dem Code den Schrecken nehmen

In einem neunwöchigen Intensivkurs lernen die Teilnehmer des Kurses der Akademie Le Wagon blockweise die Elemente, die für die digitale Entwicklung besonders nützlich sind, und setzen ihre Kenntnisse im Rahmen eines konkreten Unternehmensprojekts in die Praxis um. "Wir versuchen, sie an praktische, automatisierte Tools und die Best Practices heranzuführen, die sie brauchen", erklärt Thibault Jaime, Leiter der Zweigstelle von Le Wagon in Lausanne. "Man muss dem Code den Schrecken nehmen: Die Grundlagen der wichtigsten Programmiersprachen zu kennen und digitale Elemente zu schaffen, ist nicht so kompliziert."

Für Selbstständige, die einfache Veränderungen an der Homepage ihrer Website vornehmen wollen, sind zwei Stunden ausreichend. Weitere Angebote der Schweizer Akademien bestehen darin, die Grundlagen der Entwicklung, die Automatisierung eines Verkaufsprozesses oder den Grad der Komplexität einer digitalen Aufgabe zu erklären.

Es gibt auch Unternehmer, die Programmieren lernen wollen, wenn sie ein Online-Unternehmen gründen. "Sie kommen zu uns, um die technischen Aspekte des Digitalen zu verstehen und sich weiterzubilden", ergänzt Thibault Jaime. Aufgrund der guten Arbeitsmarktaussichten im Bereich IT-Entwicklung ist das Erlernen der Codes auch für Personen attraktiv, die sich beruflich neu orientieren.


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Erfahrungsbericht: "Ich wollte nicht mehr von einem Entwickler abhängig sein"

Michaël Dusong startet mit der Website labelbleu.ch in den Online-Verkauf. Seit zehn Jahren bietet diese Plattform die rund dreissig Mitarbeiter beschäftigt, Produkte aus der Romandie im Direktverkauf vom Produzenten an den Konsumenten an. "Die Benutzeroberfläche unserer Website wurde in der Schweiz entwickelt. Die Nutzungsintensität stieg rasch an und so haben wir den Betrieb der Seite nach Indien ausgelagert."

Diese Vorgehensweise passt nicht gut zu Michaël Dusong. Als er sein Start-up oplabio.ch im Alleingang gründet, beschliesst er also, selbst zu lernen, wie man programmiert. "In einem Kurs an der Akademie Le Wagon konnte ich die Grundlagen der wichtigsten Programmiersprachen lernen. Diese Kenntnisse haben mir dabei geholfen, die Oberfläche meiner Website zu verstehen, sie zu füllen und an die Bedürfnisse meines Geschäfts anzupassen."

Der Chef des KMU mit sechs Beschäftigten strebt nicht das Kompetenzniveau eines Informatikers oder eines Entwicklers an. "Ich wollte aber ein Minimum an nützlichen Kenntnissen haben, da mein Geschäft ausschliesslich über das Internet läuft. Für mein Start-up wäre es riskant und teuer, ganz und gar von einem Entwickler abhängig zu sein." Deshalb ermutigt Michaël Dusong alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die mit der Verwaltung einer Website oder der Entwicklung digitaler Projekte zu tun haben, sich ein Mindestmass an Programmierkenntnissen anzueignen.

Letzte Änderung 06.02.2019

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