Die Digitalisierung betrifft auch öffentliche Urkunden

Die Erstellung von elektronischen öffentlichen Urkunden oder elektronischen Beglaubigungen, zum Beispiel für ein Unternehmen, gestaltet sich je nach Kanton und Rechtsgebiet unterschiedlich.

Ein Mann im Anzug schreibt mit einem Stift auf einem Tablet.

Schweizer KMU müssen in mehreren Phasen ihrer Entwicklung die Erstellung von öffentlichen Urkunden beantragen oder Dokumente beglaubigen lassen. Diese Aufgabe wird von Urkundspersonen (Notaren) übernommen.

Nach geltendem Recht muss das Original der öffentlichen Urkunde – das schriftlich abgefasste Ergebnis des durchgeführten Hauptverfahrens (in der Terminologie vieler Kantone auch «Urschrift» genannt) – als Papierdokument erstellt werden. Art. 55a Abs. 1 des Schlusstitels des Zivilgesetzbuchs erlaubt es der Urkundsperson im beurkundungsrechtlichen Nachverfahren eine elektronische Ausfertigung der auf Papier errichteten Urkunde zu erstellen oder eine elektronische Beglaubigung vorzunehmen. Ein Ziel des Bundesrates für das Jahr 2019 ist es, die elektronische öffentliche Beurkundung zu fördern.

Vorteile des Digitalen

"Wenn sämtliche öffentlichen Urkunden und Beglaubigungen elektronisch erstellt werden können und sich die beteiligten Akteure an die damit verbundenen digitalen Programme gewöhnt haben, dürften alle dadurch Zeit sparen und effizienter arbeiten: die zuständige kantonale Behörde, die Urkundsperson und das Unternehmen", erklärt Rahel Müller, Vorsteherin des Eidgenössischen Amts für Grundbuch- und Bodenrecht (EGBA), das beim Bund für das Thema zuständig ist. Die digitale Archivierung der elektronischen öffentlichen Urkunden dürfte es den kantonalen Verwaltungen ausserdem ersparen, kilometerweise Akten in Papierform aufzubewahren.

Ein weiterer Vorteil: Der elektronische Weg gewährleistet höhere Sicherheitsstandards, wie Rahel Müller betont. Ein Beispiel dafür ist das Programm UPReg (Schweizerisches Register der Urkundspersonen), das den Kantonen vom Bund zur Verfügung gestellt wird. "Um eine gültige elektronische Ausfertigung oder elektronische Beglaubigung zu erstellen, muss die Urkundsperson eine Zulassungsbestätigung erhalten, die im UPReg abgerufen wird", erklärt Christian Bütler vom Fachbereich Rechtsinformatik des Bundesamtes für Justiz. "Sie kann diese Zulassungsbestätigung jedoch nur dann erhalten, wenn sie über die kantonale Beurkundungsbefugnis verfügt."

Elf Kantone im Urkundspersonenregister UPReg eingetragen

Um eine elektronische Ausfertigung oder eine elektronische Beglaubigung zu erstellen, muss der Notar zwei Bedingungen erfüllen. Zum einen muss er beim UPReg angemeldet sein und zum andern muss er über eine elektronische Signatur (gültige SuisseID) verfügen.

Die Eintragung der Urkundspersonen im UPReg wird derzeit von elf Kantonen ermöglicht (UR, NW, FR, NE, BE, SZ, SO, AG, VD, BS und TG). Im Schweizer Recht sind die kantonalen Behörden dafür zuständig, die Personen zu benennen, die befugt sind, öffentliche Urkunden zu errichten. Mehr als ein Drittel der Kantone haben also schon mit der Nutzung von UPReg begonnen, um den in ihrem Gebiet tätigen Notaren die Möglichkeit zu geben, eine "Zulassungsbestätigung" anzubringen.

Notwendige gesetzliche Anpassungen

Der Bundesrat will die Digitalisierung der öffentlichen Urkunden und Beglaubigungen beschleunigen. Er hat das EGBA gebeten, ein entsprechendes neues Gesetz in die Vernehmlassung zu schicken. "Mit diesem Vorentwurf, der am 30. Januar in die Vernehmlassung ging, werden alle Kantone verpflichtet sein, die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen zu ermöglichen", macht Rahel Müller deutlich. "Die Zulassungsbestätigung via UPReg wird dann für alle Urkundspersonen in der Schweiz zugänglich sein. Die kantonalen Behörden werden weiterhin selbst die Personen benennen, die für die Errichtung öffentlicher Urkunden befugt sind, aber sie müssen das ebenfalls elektronisch tun, insbesondere über das vom Bund bereitgestellte Programm."

Der Entwurf für ein Bundesgesetz über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBG) enthält zwei Neuerungen. Künftig sollen nicht mehr nur die Erstellung elektronischer Beglaubigung und elektronischer Ausfertigungen öffentlicher Urkunden erlaubt sein, sondern auch die Erstellung des Originals der öffentlichen Urkunde in digitaler Form. Anders gesagt soll der Notar das Recht haben, das Original der öffentlichen Urkunde direkt elektronisch zu erstellen. Und die bereits mögliche elektronische Ausfertigung darf der Notar einem Kunden, der diese explizit wünscht, nicht verweigern.


Informationen

Zum Thema

Definitionen: Öffentliche Urkunde vs. Beglaubigung

Anja Risch, stellvertretende Vorsteherin des EGBA, erläutert den Unterschied zwischen elektronischer öffentlicher Urkunde und elektronischer Beglaubigung*.

Öffentliche Urkunde: Für bestimmte Rechtsgeschäfte ist eine öffentliche Beurkundung erforderlich. "Im Bereich des Handelsregisters benötigen die Unternehmer beispielsweise eine öffentliche Urkunde für die Gründung einer GmbH oder einer AG", führt Anja Risch an.

Beglaubigung: Die Beglaubigung einer Unterschrift soll Gewissheit verschaffen, dass die auf dem Dokument stehende Unterschrift von der im Beglaubigungstext genannten Person stammt. Bei der Beglaubigung einer Kopie beurkundet die Urkundsperson die Übereinstimmung einer Kopie mit dem ihr vorgewiesenen Dokument.

* Die Bezeichnungen können je nach Kanton unterschiedlich sein.

Letzte Änderung 06.03.2019

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