Exportfinanzierung im Rampenlicht

Diesen Sommer erscheint in der Schweiz ein Buch über Exportfinanzierung für KMU. In diesem Bereich kommt der Unterstützung durch die staatliche Organisation Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) eine entscheidende Bedeutung zu.

Auf der Zeichnung sieht man eine mexikanische Brauerei.

Die Finanzierung der Exporte von KMU ist in der Schweiz ein wichtiges Element. 2017 haben die Unternehmen Güter im Wert von CHF 220 Milliarden ins Ausland verkauft (+4,7% im Vergleich zu 2016). Chemikalien und pharmazeutische Produkte sowie Maschinen und Elektronik stehen an der Spitze der exportierten Waren. 

Aufgrund der hohen Bedeutung dieses Themas haben rund zwanzig Expertinnen und Experten aus diesem Bereich ein Handbuch für exportierende KMU mit dem Titel "Finanzierung von Exporten und Direktinvestitionen - Ein Handbuch für Schweizer KMU" geschrieben. Das im Juli 2018 veröffentlichte Buch hat mehr als 300 Seiten (s. Box). 

Die SERV hat seit 2009 neue Leistungen im Bereich der Exportfinanzierung entwickelt. Diese öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes arbeitet nach dem Subsidiaritätsprinzip und wird dort aktiv, wo der Privatsektor keine Lösungen anbietet. Sie richtet sich an KMU aller Art. "Die SERV deckt neben dem Export von Konsum- und Investitionsgütern auch  Exporte von Dienstleistungen ab", erklärt Peter Gisler, Direktor der SERV. "Dabei handelt es sich beispielsweise um Bau-. Wartungs- und Ingenieurarbeiten oder Lizenz- und Know-how-Verträge." 

Viele Herausforderungen, darunter verschärfter Wettbewerb durch die Digitalisierung 

Wie lässt es sich erklären, dass die Exportfinanzierung in den letzten Jahren zu einer so brennenden Frage geworden ist?  "Das schwache Wirtschaftswachstum in den europäischen Ländern, besonders im Süden Europas, und der teure Schweizer Franken haben die Schweizer Unternehmen dazu getrieben, neue Märkte ausserhalb Europas zu suchen", erinnert Martin Gisiger, stellvertretender Leiter des Ressorts Exportförderung/Standortpromotion beim SECO. "Die KMU mussten sich für weiter entfernte Märkte mit hohen Wachstumsraten interessieren, um unabhängiger von der Eurozone zu werden. Die Erweiterung des guten Schweizer Netzwerks von Freihandelsabkommen hat diese Diversifizierung begünstigt." Derzeit verfügt das Land neben der EFTA-Vereinbarung und dem Freihandelsabkommen mit der EU über 29 Freihandelsabkommen mit 39 Partnern ausserhalb der Europäischen Union (EU). 

"Die fortgeschrittene Digitalisierung hilft dabei, die Eintrittsbarrieren auf den Märkten zu senken, und zugleich erhöht sie die Transparenz für die Käufer", fügt Martin Gisiger hinzu. "Diese fordern zusätzlich zur Qualität der gelieferten Güter und Dienstleistungen noch bessere Finanzierungskonditionen." 

Eine weitere Herausforderung beschreibt der Experte des SECO so: "Die Start-ups brauchen für ihr Wachstum ein hohes Mass an Liquidität. Entscheidend ist, dass die von den Banken verlangten Garantien zur Absicherung der Exporte ihr Budget nicht belasten und ihre Entwicklung nicht bremsen. Zudem müssen die KMU-Exporteure in der Lage sein, die mitunter langen Zeiträume zwischen der Produktion und der Zahlung durch den Kunden nach erfolgter Lieferung finanziell zu überbrücken." 

Reaktionen der SERV 

Um auf diesen verschärften Wettbewerb zu reagieren, hat die SERV in der Schweiz zwei neue Instrumente entwickelt: die Fabrikationskreditversicherung und die Bondgarantie. "Sie wurden infolge der Finanzkrise von 2008/09 zunächst befristet eingeführt und waren Teil der Stabilisierungsmassnahmen II des Bundes", führt Peter Gisler aus. "Angesichts der steigenden Nachfrage nach diesen beiden nunmehr bewährten Produkten wurden sie dann definitiv in die Produktpalette der SERV aufgenommen.“ 

Die Fabrikationskreditversicherung wird in der Regel von Schweizer Firmen nachgefragt, die nicht in der Lage sind, sämtliche Produktionskosten eines Exportgutes vorzufinanzieren, oder glauben, dass diese Ausgaben ihr Budget zu sehr belasten würden. Sie beantragen zuerst einen Kredit bei einem Finanzinstitut, um die Selbstkosten ihres Exportgeschäfts zu finanzieren. Die SERV garantiert wiederum der Bank über die Fabrikationskreditversicherung, dass dieser Kredit zurückgezahlt wird. 

Brauerei-Ausstattung für Mexiko 

Ernst Meier, diplomierter Braumeister und Geschäftsführer der M&L Consulting in St. Gallen, hat die Hilfe der SERV in Anspruch genommen. Seine Firma mit zwölf Beschäftigten berät Bier-Brauereien in der ganzen Welt im Bereich Filtrationstechniken. Insbesondere arbeitet sie seit mehreren Jahren mit einer mexikanischen Brauerei zusammen, die sie kürzlich mit der kompletten Ausstattung eines Raumes mit Produktionsanlagen für eine Gesamtsumme von EUR 3 Millionen beauftragt hat. Trotz der langjährigen Zusammenarbeit war der mexikanische Kunde nicht bereit, eine Anzahlung zu leisten. "Um im Rennen zu bleiben, mussten wir eine eigene Finanzierung für das Projekt anbieten", erklärt Ernst Meier. Dank der Fabrikationskreditversicherung der SERV konnte M&L Consulting dieses grosse Geschäft schliesslich realisieren, ohne seine Liquidität zu gefährden. 

Ein weiteres Instrument der SERV, die Bondgarantie, wird von exportierenden Schweizer Firmen beantragt, die ihren Kunden im Ausland Garantien bieten müssen, zum Beispiel Anzahlungs- oder Vertragserfüllungsgarantien. Diese Firmen wenden sich in der Regel zunächst an ihre Banken oder an einen speziellen Versicherer, die für diese Garantie eine finanzielle Gegenleistung verlangen. Wenn die Unternehmen nicht über die entsprechenden Mittel verfügen oder sie sich diese Liquiditätsreserve erhalten wollen, können sie bei der SERV eine Bondgarantie beantragen, welche die Verpflichtung gegenüber dem Finanzinstitut abdeckt.


Informationen 

Zum Thema

Ein Handbuch für KMU

Das im Juli 2018 im VDF Hochschulverlag in Zürich erschienene Buch "Finanzierung von Exporten und Direktinvestitionen - Ein Handbuch für Schweizer KMU" enthält Beiträge von 18 Expertinnen und Experten. Initiatorin der Publikation war die Firma Xport Finance. 

Das neue Handbuch erläutert die Instrumente, die den Schweizer Exporteuren und Investoren zur Verfügung stehen, um ihre Auslandsgeschäfte zu finanzieren. Auch der Frage nach neuen Instrumenten wie Crowdfunding ist ein Kapitel gewidmet. 

Die Publikation bietet zudem eine Übersicht über die historische Entwicklung des Schweizer Aussenhandels und der Aussenhandelspolitik des Bundesrates. Ferner werden darin die neuen Herausforderungen der internationalen Handelspolitik erörtert. 

Und schliesslich kommen in dem Buch auch einige exportierende KMU aus der Deutschschweiz wie Molinari Rail oder Optrel zu Wort.

Letzte Änderung 04.07.2018

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