Einnahmen und Ausgaben im Vorfeld zu überblicken, ist für KMU ein Sicherheitsgarant. Diese Planung wird jedoch zu oft vernachlässigt.

Rund neun von zehn Konkursen werden durch einen Liquiditätsengpass verursacht. Umso wichtiger ist es, dass sich die kleinen und mittleren Unternehmen um die Planung ihres Cashflows kümmern. "Die KMU sollten sich möglichst früh nach der Firmengründung damit auseinandersetzen, um mit den Themen vertraut zu werden", meint Robert Bloch, Experte für Liquiditäts- und Devisenmanagement.
Die kurzfristige Liquiditätsplanung ist ziemlich einfach. Zuerst werden die Einnahmen geschätzt. "Das KMU muss Prognosen für den Umsatz der nächsten drei bis sechs Monate erstellen und festlegen, in welchem Zeitraum die Kunden zahlen werden", erläutert Vincent Dousse, Professor für Finanzwirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Kantons Waadt (HEIG-VD). Dann müssen die Ausgaben geplant werden. "Die Zahlungen für Waren und Material hängen natürlich von den Einkäufen ab – die wiederum mit den Verkäufen verbunden sind –, von der Zeit der Lagerung und von der Frist, die dem Unternehmen für die Bezahlung seiner Lieferanten zusteht." Drittens sollten die Investitionsausgaben und die Rückzahlung von Schulden kalkuliert werden.
Laut Vincent Dousse ist diese Planung für jeden machbar. "Der Geschäftsführer eines KMU arbeitet seinen ersten Plan mit Hilfe eines Fachmanns aus, der zum Beispiel von einem Treuhänder oder einer Förderagentur für Jungunternehmen kommt. Die folgenden Pläne kann er dann normalerweise selbst aufstellen. Er muss nur darauf achten, neue Parameter zu integrieren." Das können zum Beispiel unregelmässige oder Einmalzahlungen sein (eine Investition oder Steuerzahlungen), aber auch Veränderungen (z. B. die Einstellung eines neuen Mitarbeiters, was zu höheren Lohnkosten führt).
Welche Tools sind nützlich?
Entscheidend ist, dass man einen Überblick über seine Liquidität hat, indem man einen "Soll/Ist"-Abgleich macht, weiss Robert Bloch, Gründer der Zürcher Firma Amnis Treasury Services. Dafür sollten die Planungsprozesse standardisiert werden. "Es gibt einfache Softwareprogramme, die Kreditoren- und Debitoren-Daten sowie Kontensaldi anzeigen können. Die Zeitreihen der Plandaten können ohne viel Aufwand erstellt werden und schreiben sich selbstständig fort. Die Resultate werden übersichtlich dargestellt, sodass man die richtigen Schlüsse ziehen und mit dem Management besprechen kann. Unser Tool mit dem Namen Tresio ist zum Beispiel eines der Programme, die extra für die KMU in der Schweiz entwickelt wurden."
Darüber hinaus gibt es professionelle Software für Grosskonzerne und mittelgrosse Unternehmen. Diese umfassen nicht nur die Liquiditätsplanung, sondern auch das gesamte Cashflow-Management. Die Firma Biella, die 200 Personen in der Schweiz beschäftigt, nutzt ein solches Programm (s. Kasten).
Für kleine Unternehmen, die ihre Liquidität für die kommenden drei oder sechs Monate planen wollen, empfiehlt Vincent Dousse eine einfache Excel-Tabelle.
Unternehmende sind manchmal zu "sorglos"
Eine gute Planung allein ist noch keine Garantie dafür, dass keine Liquiditätsprobleme auftreten. "Hier spielen mehrere Faktoren hinein", erklärt Vincent Dousse. "Das kann ein nicht vorhersehbarer Auftragsrückgang sein oder Kunden, die ihre Rechnungen nicht pünktlich bezahlen. Es kommt auch vor, dass der Unternehmer zu sorglos ist und beispielsweise vergisst, von einem Kunden eine Akontozahlung zu fordern, oder eine Rechnung zu spät stellt."
Es gibt verschiedene Instrumente, die das Risiko unbezahlter Rechnungen verhindern sollen, z. B. Factoring. Aber generell rät Vincent Dousse den Geschäftsführern, ihren Cashflow immer im Blick zu haben.
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Im Fokus: Cashflow-Management bei Biella
Biella, der in Brügg (BE) ansässige Hersteller von Aktenordnern, beschäftigt 200 Mitarbeitende in der Schweiz und 780 in Europa. Ein Gespräch mit Martin Dietrich, Leiter Finanzen, Personal und Controlling.
Vor welchen Herausforderungen steht Biella beim Liquiditätsmanagement?
Eine unserer Herausforderungen besteht darin, dafür zu sorgen, dass das Geld immer am richtigen Ort ist. Unsere Gruppe hat mehrere Tochterfirmen in Europa und jeder von ihnen muss genug Liquidität zur Verfügung stehen. Ausserdem müssen wir darauf achten, nicht zu hohe Bankgebühren und keine Strafen zu zahlen. Da wir viele Geschäfte in Euro tätigen, stellt auch der Wechselkurs ein Problem dar.
Können Sie uns Situationen nennen, in denen eine präzise Liquiditätsplanung schwierig war?
Wir sind ausschliesslich vom Verkauf unserer Produkte abhängig. Doch der Markt verhält sich nicht immer wie erwartet und es ist allgemein schwierig, den Umsatz präzise vorherzusagen. Und vom Umsatz hängt ja die Liquidität ab. Der Kauf eines anderen Unternehmens ist auch so ein Fall, in dem es kompliziert sein kann, die Liquidität genau zu planen.
Welche Tools nutzen Sie, um Ihren Cashflow zu planen?
Wir speichern die Basis-Daten in einem Excel-System und nutzen eine professionelle Software. Darin erstellen wir die Liquiditätsplanung und führen die Konsolidierung von Krediten für die gesamte Gruppe durch. Der Vorteil ist, dass die im Jahresverlauf geplanten Finanzierungen, Rückzahlungen und Devisengeschäfte darin automatisch ausgeführt werden. Veränderungen tauchen ebenfalls automatisch in der Planung auf. Für uns bedeutet das eine Zeitersparnis und eine geringere Fehlerquote.
Letzte Änderung 07.03.2018