Das Unternehmen Notime, ein Lieferdienst per Velo, wächst seit seiner Gründung im Jahr 2015 rasant. Dieses starke Wachstum geht mit vielen Herausforderungen einher.
Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer kaufen online ein. Essen, Elektronik, Kleidung, Bücher: Die Einkaufsgewohnheiten der Konsumenten haben sich im Laufe des letzten Jahrzehnts extrem verändert. Die Erwartungen an die Geschwindigkeit und Qualität der Lieferung werden immer höher. Mitten in diesem aufstrebenden Marktsegment hat sich das junge Zürcher Unternehmen Notime positioniert. Binnen nur drei Jahren hat sein Velo-Lieferdienst, der auf Schnelligkeit und Flexibilität setzt, seinen Kundenkreis gefunden und ein enormes Wachstum verzeichnet. Philipp Antoni, Mitgründer und Operational Manager der Firma, spricht über die grössten Herausforderungen, die er und sein Team meistern mussten.
Worin unterscheidet sich Notime von anderen Lieferdiensten?
Philipp Antoni: Im Logistik-Sektor ist es häufig der letzte Kilometer, der Probleme bereitet. Die Fahrzeuge erhalten morgens eine bestimmte Anzahl an Paketen und eine vorgeplante Tour und sind dann den ganzen Tag unterwegs. In dieser Zeit sind sie nicht mehr erreichbar und am Ende stehen sie mit durchschnittlich einem Drittel der Pakete da, die sie nicht ausliefern konnten. Das Ziel von Notime ist, diesen letzten Kilometer zu revolutionieren und somit effizienter zu machen.
Welche Lösung bieten Sie an?
Antoni: Unser Dienst richtet sich an E-Commerce-Unternehmen. Wir treten auf die Bühne, sobald der Kunde seine Bestellung auf der Website der Firma bezahlt hat. Wir holen die bestellten Waren im Lager des Unternehmens oder in einem seiner Läden ab und liefern sie anschliessend direkt an den Kunden oder an eine Abholstation. Alle Fahrten in der Stadt werden mit dem Fahrrad erledigt. Bei Bedarf werden die Waren mit dem Zug von einer Stadt in die andere transportiert. Die Kunden können ein Zeitfenster auswählen, das ihnen passt, am selben oder einem anderen Tag. Sie können ihre Lieferung auch in Echtzeit verfolgen und das Zeitfenster oder den Lieferort jederzeit verändern. Wir haben besagten letzten Kilometer digitalisiert, um ihn benutzerfreundlicher zu machen.
Wie hat sich die Firma seit ihrer Gründung entwickelt?
Antoni: Unsere ersten Lieferungen haben wir im Mai 2015 ausgeführt. Heute liefern wir rund 300 Pakete pro Tag in der gesamten Schweiz aus und bringen zusätzlich rund 500 Essen über das Restaurant-Bestellportal eat.ch zu den Kunden. Wir beschäftigen etwa 15 Mitarbeitende in unseren Büros in Zürich und rund 400 Fahrer. Diese arbeiten mehrheitlich in Teilzeit, meistens mit zwei Schichten pro Wochen.
Was waren die grössten Herausforderungen bei diesem rasanten Wachstum?
Antoni: Die grösste Herausforderung besteht darin, ein Gleichgewicht zwischen der steigenden Zahl der Pakete, der Zahl der Fahrzeuge und verfügbaren Fahrer und der Entwicklung des IT-Systems zu erreichen. Im Idealfall wachsen all diese Parameter mit derselben Geschwindigkeit. Die Frage stellt sich vor allem, wenn ein neuer Kunde hinzukommt, der nach langen Gesprächen über die Modalitäten der Zusammenarbeit dann in der Regel will, dass alles sofort losgehen kann.
Wie hat sich Ihr Modell der Zusammenarbeit mit den Fahrern entwickelt?
Antoni: Ursprünglich hatten wir ein sehr flexibles Modell der Zusammenarbeit mit Freelancern eingeführt, ein offenes System, in dem jeder frei wählen kann, wann und wie viel er arbeiten will. Das war einer der Grundpfeiler unserer Arbeitsweise. Doch Ende 2016 stellte sich heraus, dass unsere Fahrer im Lichte der schweizerischen Gesetzgebung nicht als Selbstständige angesehen werden konnten. Wir gaben uns also ein Jahr Zeit, um alle einzustellen, das heisst 400 Personen, von denen einige nur ein paar Stunden pro Monat arbeiteten. Wir mussten unser IT-System anpassen, um die ursprüngliche Flexibilität zu erhalten und gleichzeitig die Abgaben für die AHV, die Quellensteuer, die Versicherungen und die Vergütungen zu berechnen. Seit Anfang 2018 sind alle unsere Fahrer angestellt.
Die Post ist im Frühjahr Mehrheitsaktionär von Notime geworden. Welche Veränderungen sind zu erwarten?
Antoni: Wir befinden uns im Moment in einer Übergangsphase. Die genaue Form, die unsere Partnerschaft annehmen wird, steht noch nicht fest. Die Post interessiert sich vor allem für unsere Technologie und unsere Abläufe, um ihre Effizienz zu steigern. Der Vorteil für Notime ist, dass uns die Zusammenarbeit mit der Post die Unterstützung und die nötigen Mengen verschafft, mit denen wir unser System noch weiter verbessern können.