"Innovation ist schon immer Teil der DNA unseres Unternehmens"

Als Firma mit einem Anteil von 15 bis 20% am weltweiten Snowboardmarkt muss das Waadtländer KMU Nidecker sowohl bei den Technologien als auch im Marketing immer auf dem neusten Stand bleiben. Erläuterungen. 

Henry, Cédric und Xavier, die drei jungen Brüder, die das Familienunternehmen Nidecker leiten, haben seit ihrem Einstieg in die Firma zu Beginn des Jahrzehnts einige umfassende Neuerungen durchgeführt. Sie haben das KMU mit Sitz in Rolle (VD), das ursprünglich auf den Schweizer Markt ausgerichtet war, in eine internationale Firma umgewandelt, die einen Grossteil ihrer Umsätze in Nordamerika und Asien erzielt. Dank dieser tiefgreifenden Veränderungen haben sich die Einnahmen der Firma, die gerade ihr 130-jähriges Bestehen gefeiert hat, binnen sieben Jahren vervierfacht. Wie haben sie das geschafft? Antworten von Henry Nidecker, CEO des Unternehmens. 

Als Unternehmen, das seit mehr als hundert Jahren im Skisport tätig ist, hat Nidecker verschiedene Epochen durchlebt. Was sind die Geheimnisse dieser Beständigkeit?

Henry Nidecker: Dahinter stehen zwei Faktoren, Innovation und die Tatsache, dass wir immer ein Familienunternehmen geblieben sind. Im Laufe seiner Geschichte hat Nidecker alle 15 bis 20 Jahre das Produkt, mit dem ein Grossteil des Umsatzes erzielt wurde, grundlegend verändert. Ursprünglich waren wir eine Schreinerfirma, die Tische, Stühle und Leitern herstellte. Das erste Paar Skier aus Eschenholz verliess 1912 unser Werk. Vom Abfahrtski gingen wir zum Langlaufski und schliesslich zum Snowboard über. Dass das Unternehmen von Produkt zu Produkt überdauerte, verdanken wir unseren technischen Innovationen. Wir waren jedes Mal die ersten, die in diesen verschiedenen Sportarten Neuerungen entwickelten. Ausserdem sind meine Brüder und ich die fünfte Generation, die das Unternehmen leitet. Die Tatsache, dass die Firma immer im Familienbesitz blieb, ermöglichte uns einen langfristigen Blick und einen anderen Führungsstil. 

Nidecker machte zu Beginn dieses Jahrzehnts eine schwierige Phase durch, bevor es wieder aufwärts ging. Können Sie die grossen Umwälzungen zusammenfassen, die Sie in den letzten fünf Jahren vollbracht haben?

Nidecker: Als mein Vater CEO war, hatten wir eine Fabrik in der Schweiz und eine in Tunesien, wo wir unsere Nidecker-Snowboards und Material für andere grosse Wintersportmarken wie Salomon produzierten. Auf diesem Markt wurden wir vom Aufkommen der Carving-Ski getroffen: In den 2000er Jahren brachen dadurch die Umsätze mit Snowboards in der Schweiz drastisch ein. Da meine Brüder und ich weniger Affinität zur Fertigung hatten als mein Vater, der eine Schreinerausbildung hat, beschlossen wir, die Produktion einzustellen.

Wir haben uns auf das Marken-Management konzentriert, indem wir fünf verschiedene Snowboard-Marken entwickelten. Rückblickend ist das Ergebnis dieses Strategie-Wechsels überzeugend. Ein Beispiel: Vor zehn Jahren war Nidecker unsere Hauptmarke. Heute macht sie weniger als 10% unseres Umsatzes aus. Damals erzielten wir rund 45% unserer Einnahmen in der Schweiz, heute sind es weniger als 5%. 

Welche Märkte sind für das Unternehmen mittlerweile am wichtigsten?

Nidecker: Unsere Hauptabsatzmärkte sind die USA und Kanada. Dort erzielen wir 45% unseres Umsatzes. Dieser Erfolg ist auf die neuen Snowboard-Marken zurückzuführen, die wir entwickelt haben und deren Image mit berühmten nordamerikanischen Snowboardern verknüpft ist. Anschliessend folgen Japan, Russland, Deutschland, Frankreich und die Schweiz. 

Wie fördern Sie Kreativität und Innovation innerhalb Ihres Unternehmens?

Nidecker: Innovation steckt in unseren Genen, das hängt mit der Geschichte unseres Unternehmens zusammen. Mein Vater und ein Ingenieur der ETH Lausanne steuern die Produktentwicklung in Rolle. Diese Abteilung verfügt über einen grossen Teil des Gesamtbudgets und beschäftigt ein Dutzend Mitarbeiter. Insgesamt arbeiten in der Schweiz 35 Personen. Sie sind auch im Verkauf, in der Finanzabteilung, der Logistik und dem Markencontrolling tätig. Darüber hinaus haben wir rund 60 Beschäftigte in der ganzen Welt, darunter das Team für Marketing und Branding, das in den USA ansässig ist. 

Können Sie uns einige Innovationen nennen, die in den Köpfen von Nidecker entstanden sind?

Nidecker: Wir gehören zu den Pionieren des "Splitboard". Das ist ein Snowboard, das sich in zwei Teile auseinandernehmen lässt, sodass man wie mit einem Paar Tourenskier den Berg hochsteigen kann, bevor man das Board dann für die Abfahrt wieder zusammenbaut. Diese Outdoor-Sparte boomt gerade und wir haben hier einen Marktanteil von 70%. Wir entwickeln auch Innovationen bei den Bindungen, was insbesondere der Übernahme der amerikanischen Marke Flow Snowboarding im Jahr 2016 zu verdanken ist. Sie entwickelt Systeme mit Schnellverschlüssen. Damit müssen sich die Snowboarder nicht mehr bücken, um sich ihre Boards anzuschnallen. Dank der Übernahme dieser Firma, die jährlich 12 bis 15 Millionen Umsatz macht, sind wir beim Verkauf von Snowboards im mittleren und oberen Preissegment die Nummer eins der Welt geworden. Unser Anteil am weltweiten Snowboardmarkt liegt nun bei 15 bis 20%. 

Sie sind auch in die Sparte Stand-up-paddle eingestiegen. Warum?

Nidecker: Wir wollten unsere Aktivitäten diversifizieren, indem wir Sommerprodukte anbieten, denn im Moment hängen wir sehr stark vom Winter ab. Die Entscheidung fiel leicht, weil unsere Büros nur 50 Meter vom Genfer See entfernt sind. Mit dieser Sparte erzielen wir 1% unseres Umsatzes. Wir sind ein kleiner Akteur in diesem fragmentierten, aber wachsenden Markt.


Informationen 

Zur Person/Firma

Porträt von Henry Nidecker, CEO von Nidecker.

Henry Nidecker (31) stand bereits ab 2010 seinem Vater in der Geschäftsführung des familiengeführten KMU zur Seite. Er schloss sein Studium der Betriebswirtschaft an der HEG Yverdon ab und teilt sich heute als CEO die Verantwortung für die Firma mit seinen Brüdern Xavier (Manager der Marke Jones) und Cédric (Verantwortlicher für International Sales). Das Trio setzte grosse Veränderungen um, insbesondere durch die Einführung mehrerer Snowboard-Marken und die Übernahme des Unternehmens Flow Snowboarding im Jahr 2016.

Letzte Änderung 03.01.2018

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