In einigen Branchen sind die Absatzmärkte grundsätzlich klein. Diese Mikromärkte können jedoch gewinnbringend sein, da weniger Wettbewerb herrscht. Unternehmer wie die Destillerie Lipp in Maienfeld (GR) haben damit Erfolg.
Die Destillation von Traubentrester ist in Italien ein florierendes Geschäft, in der Schweiz hingegen kaum verbreitet. Doch einige kleine Produzenten dringen auf diesen Markt vor. Carina Lipp-Kunz, die mit ihrem Mann Reto die Destillerie Lipp leitet, gibt ihre Erfolgstipps für Nischenmärkte weiter.
In der Schweiz gibt es nur wenige Unternehmen, die auf dem Markt für Schnapsbrennerei agieren. Wie kam es zu Ihrer Entscheidung?
Carina Lipp-Kunz: Die Destillation als richtigen Beruf zu betreiben, wie wir es tun, ist in der Schweiz tatsächlich selten. Die Entscheidung hat geschichtliche Gründe, denn das Weingut und die Brennerei Lipp sind seit drei Generationen ein Familienunternehmen. In den 1950er Jahren arbeiteten meine Grosseltern als Weinbauern und Landwirte in Maienfeld (GR). Als meine Eltern das Geschäft 1974 übernahmen, gaben sie den landwirtschaftlichen Teil auf, um sich dem Wein zu widmen. Dann haben sie eine Destillieranlage gekauft, um mit der Produktion von Branntwein zu beginnen. Finanziell war es deutlich attraktiver zu destillieren, als die Felder zu bestellen. Als mein Mann und ich das Unternehmen vor fünf Jahren übernommen haben, haben wir diese Tradition fortgesetzt.
Sie produzieren im Wesentlichen Traubentrester. Steht Ihr Unternehmen nicht im Schatten der italienischen Konkurrenz, die auf dem Grappa-Markt führend ist?
Lipp-Kunz: Die Konkurrenz durch den italienischen Riesen ist auf dem Markt für Grappa tatsächlich sehr stark. Diesen geschützten Namen dürfen übrigens auch nur die italienischen Hersteller verwenden.
Es gibt aber Raum für ein kleines Unternehmen wie unseres, denn wir sprechen nicht dieselbe Kundschaft an. Unser Ziel ist, einen sehr hochwertigen Branntwein zu produzieren, der lokal mit Produkten schweizerischen Ursprungs hergestellt wird. Heutzutage wollen die Konsumenten, die darauf achten, welche Produkte sie kaufen, deren Herkunft und Geschichte erfahren. Im Sinne dieser Einkaufslogik kann sich unser Unternehmen in dem Nischenmarkt der klaren Branntweine aus der Schweiz gut positionieren. Unsere Trester werden aus den Rappen unserer Weinstöcke und denen, die wir von Kollegen in Graubünden kaufen, hergestellt.
Welche Garantien können Sie Ihren Kunden bieten, um auf diesem erlesenen Markt für klaren Branntwein Erfolg zu haben?
Lipp-Kunz: Die Garantie, ihnen ein sehr hochwertiges Produkt zu liefern, das in der Schweiz hergestellt wurde, und zwar mit Traubentrester und Früchten, die ausschliesslich aus der Schweiz kommen. Ausserdem die Garantie eines kurzen Kreislaufs für die Produktion unserer Branntweine, da wir jeden unserer Produzenten persönlich kennen, der uns mit den Pflaumen, Birnen, Kirschen und Rappen, die in die Alkoholerzeugung einfliessen, beliefern. Wenn diese ausgewählten Rohstoffe einmal fehlen, wie es 2017 aufgrund der Trockenheit der Fall war, suchen wir nicht nach einer Alternative. Es kann also sein, dass die namensgebende Frucht für einen bestimmten Branntwein in einem Jahr nicht verfügbar ist, was unsere Kunden sehr gut verstehen. Um die Kontrolle über unsere gesamte Produktionskette und einen besonderen Kontakt zu unseren Kunden zu behalten, wollen wir nicht anders oder mehr produzieren.
Ist dieser besondere Kontakt zu den Kunden wichtig, um sich auf einem Nischenmarkt hervorzutun?
Lipp-Kunz: Auf jeden Fall. Aus diesem Grund machen wir ausschliesslich Direktverkauf, ohne irgendeinen Zwischenhändler. Einige unserer Kunden kommen bei uns in der Brennerei vorbei, sehen sich die Abläufe an und wissen es zu schätzen, wenn wir uns die Zeit nehmen und ihnen unsere Produkte erklären. Die zweite Möglichkeit ist der Kauf über unsere Website. Da wir nicht ins Ausland liefern, leben die Konsumenten der Lipp-Produkte in der Schweiz; es sind vor allem Privatpersonen, Gastronomen und Feinkosthändler.
Welche Marketingtipps haben Sie für jemanden parat, der in einem Nischenmarkt aktiv werden will?
Lipp-Kunz: Man muss es ernsthaft und ehrlich angehen, das tun, was man liebt, und sein Unternehmen von A bis Z im Griff haben. Man muss auch ein offenes Ohr für die Erwartungen der Kunden haben: Um ihren Geschmack zu treffen, produzieren wir spezielle Trester nach Familienrezepten. Die Vermarktung funktioniert sehr gut, allein über Mundpropaganda.
Um uns von dem etwas altertümlichen Image zu befreien, das den Branntweinen anhaftet, haben wir auch unser Packaging verändert und füllen unsere Produkte nun in moderne Flakons mit stilvollen Etiketten.
Schwimmen Sie auch auf der Welle mit, von der alkoholische Getränke allgemein derzeit profitieren?
Lipp-Kunz: Ja, es stimmt, dass die Begeisterung für zum Beispiel Craft Beer den Markt beflügelt. Die Konsumenten mögen diese Vintage-Note in Kombination mit Modernität. Das ist vielversprechend und wir denken, dass unsere Produkte noch ein gutes Entwicklungspotenzial haben.
Obwohl einige den Preis als hoch bezeichnen würden?
Lipp-Kunz: Unsere Kunden verstehen diesen Preis, da sie schliesslich Qualität wollen. Es ist nicht unser Ziel, mit einem tiefen Lockpreis einen breiten Kundenkreis zu gewinnen, sondern wir sprechen Gourmets an, die unseren Alkohol zu schätzen wissen.