"Ich sehe das Scheitern als eine versteckte Chance"

Der Genfer Unternehmer Malik Khalfi musste einige Rückschläge einstecken, bevor er mit seiner Firma für Zahlungsterminals Be-Cash Erfolg hatte. Einblicke in einen Werdegang, in dem jede Widrigkeit auch eine Chance darstellt.

Für jeden Unternehmer, der sich persönlich und auch finanziell einem Projekt verschrieben hat, ist ein Konkurs eine schmerzvolle Erfahrung. Einige hören an diesem Punkt mit dem Unternehmertum auf und setzen ihren Weg lieber als Arbeitnehmer fort. Andere wissen die gesammelten Erfahrungen hingegen trotz einer Enttäuschung so zu nutzen, dass sie weiter gehen und ein neues Unternehmen aufbauen. So einer ist auch Malik Khalfi: Der Genfer hat vier Firmen gegründet, von denen zwei nicht funktioniert haben. Er erzählt, wie ihm seine Misserfolge dabei geholfen haben voranzukommen. 

Malik Khalfi, wie steht es um Ihr Unternehmen Be-Cash?

Malik Khalfi: Ich habe diese Firma 2014 mit dem Ziel gegründet, den Markt für Kartenlesegeräte zu revolutionieren. Wir bieten eine preisgünstige mobile Lösung für die Kartenzahlung an, schon ab CHF 129. Eine weitere Besonderheit unseres Produktes ist, dass das abgebuchte Geld sofort gutgeschrieben wird und auf einem elektronischen Konto verfügbar ist. Be-Cash, dessen Sitz in Coppet (VD) ist, hat in den letzten zwei Jahren an Sichtbarkeit gewonnen. Heute haben wir 3000 Kunden. Wir haben gute Perspektiven: Wir erreichen kleine Unternehmen, die es sich vorher nicht leisten konnten, einen Zahlungsterminal zu nutzen. 

Vor diesem Erfolg hatten Sie in Ihrer Unternehmerlaufbahn einige Rückschläge erlitten.

Khalfi: 2008 habe ich meine erste Firma, Breakfee, gegründet, die eine Optimierung der Bankgebühren zum Ziel hatte. Diese theoretisch gute Idee war in der Praxis leider nicht erfolgreich. Nach dieser Erfahrung wurde ich als Mitgründer für das erste Franchising von Adidas in der Schweiz angeworben. In diesem Fall stieg ich aus dem Projekt wieder aus, weil mein Geschäftspartner und ich sehr unterschiedliche Sichtweisen hatten. Damals kamen viele zu mir, um mich um Rat zu fragen. Da wurde mir klar, dass ich eine gute Portion Wissen über die Gründung, Finanzierung und Verwaltung eines Unternehmens angesammelt hatte und dieses für andere nützlich sein könnte. Im Bereich Consulting für Unternehmer und Geschäftsleitungen habe ich dann die Firma M3K gegründet. Meine Nische besteht darin, dass ich kleinen Unternehmen sehr pragmatische Ratschläge direkt aus der Praxis gebe. 

Welche Auffassung haben Sie vom Scheitern?

Khalfi: Scheitern ist sehr subjektiv und jeder definiert es anders. Aus meiner Sicht ist das Glas halbvoll und ich sehe Scheitern als eine verkleidete Chance. Ich sage mir: "Da hat es nicht geklappt. Wie müsste man anders vorgehen, damit es funktioniert?" Bei einem Rückschlag kann man die Arme hängen lassen und aufgeben oder sich wieder aufrichten und es besser machen! 

Was würden Sie jungen Unternehmerinnen und Unternehmern raten?

Khalfi: Durchhalten! Viele sehen nicht weit genug nach vorn und verlieren nach einigen Monaten den Mut, dabei braucht ein Unternehmen drei bis fünf Jahre, bevor es durchstartet. Sie geben sich nicht genug Zeit, um Erfolg zu haben. Ich stelle auch fest, dass sich viele Unternehmer Grenzen setzen, sich nicht trauen, für sich zu werben oder noch einmal zu einem Kunden zu gehen, der nein gesagt hat. Dabei muss man immer denken, dass man die Sterne vom Himmel holen kann. Ausserdem wird die Rolle eines Firmenchefs sehr idealisiert: Man muss sich bewusst sein, dass sie in Wirklichkeit täglich mit Rückschlägen konfrontiert werden. 

Ist das Scheitern in der Schweiz weniger akzeptiert als in anderen Kulturen wie zum Beispiel den USA?

Khalfi: In der Schweiz sind wir zurückhaltender als in den USA, im Erfolg wie im Misserfolg. Die Idee, dass das Scheitern dort besser akzeptiert oder erlebt wird, ist ein Vorurteil. So stark stigmatisiert ist es bei uns gar nicht: Wer es schafft, seine Erfahrungen, auch die negativen, gewinnbringend zu nutzen, wird positiv wahrgenommen und man findet diese Leute interessant.

Ich sehe aber ein Problem in der Schweiz. Wenn es schwierig wird, bitten die Unternehmer nicht gern um Hilfe und häufig reagieren sie zu spät. Das muss ganz anders laufen, man muss über seine Sorgen sprechen! Umso leichter ist es, Unterstützung zu bekommen. Wir haben das Glück, dass es hier so viele Einrichtungen gibt wie die Wirtschaftsförderungen oder die Unternehmervereinigungen. Sie können Tipps geben und einem Unternehmer, der in Schwierigkeiten steckt, Unterstützung bieten. 

Wie entwickelt sich die Wahrnehmung des Scheiterns in der Schweiz?

Khalfi: Man spricht immer mehr darüber, zum Beispiel bei den Fuck-Up-Nights. Bei diesen Veranstaltungen erzählen Unternehmerinnen und Unternehmer von ihren Fehlschlägen, oft mit viel Selbstironie. Mit einer solchen Einstellung kann man der Situation das Drama nehmen, man wird ermutigt, mehr zu wagen, und der Mythos der Perfektion wird entkräftet. Das ist sehr gut.


Informationen 

Zur Person/Firma

Malik Khalfi, CEO der Waadtländer Firma für Zahlungsterminals Be-Cash

Malik Khalfi leitet die Waadtländer Firma Be-Cash (4 Mitarbeitende), die günstige mobile Geräte für Kartenzahlung anbietet. Nach einer Ausbildung als Elektroniker (EFZ) arbeitete Malik Khalfi zunächst acht Jahre lang im Bankwesen. Ab 2008 startete er seine eigenen unternehmerischen Projekte. Nach der Gründung einer ersten Firma für die Optimierung von Bankgebühren eröffnete er das erste Franchise-Unternehmen von Adidas in der Schweiz und gründete eine Beratungsagentur für Firmenleitungen, M3K (2011). 2013 und 2014 schrieb Malik Khalfi für das Magazin Bilan eine Kolumne über das Unternehmertum.

Letzte Änderung 19.07.2017

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