Bessere Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt

Obwohl Geflüchtete für die Unternehmen wertvolle potenzielle Arbeitskräfte darstellen, haben sie Schwierigkeiten, in der Berufswelt ihren Platz zu finden. Dabei hat ein grosser Teil dieser Menschen eine gute Ausbildung.

Eine Landkarte der Schweiz aus Porträts von Menschen unterschiedlicher Nationalitäten

Die Schweizer Wirtschaft hat immer noch mit einem erheblichen Mangel an Arbeitskräften zu kämpfen. So meldeten die Unternehmen im ersten Quartal 2023 insgesamt 126'000 offene Stellen, wie aus den jüngsten Erhebungen des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervorgeht. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Anstieg um 5,9%. Nach Einschätzung von economiesuisse dürfte sich dieser Trend noch weiter fortsetzen. Die Organisation geht davon aus, dass in der Schweiz bis 2040 rund 430'000 Arbeitskräfte fehlen könnten.

Vor diesem Hintergrund erscheinen Flüchtlinge als wertvolle Ressource. Im letzten Jahr haben 30'223 Personen in der Schweiz Asyl beantragt (+23,3% im Jahresvergleich). Doch obwohl diejenigen, die über eine Bewilligung vom Typ B, F oder S verfügen, unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, üben derzeit weniger als die Hälfte von ihnen eine Erwerbstätigkeit aus.

"Geflüchtete Menschen stossen im Wesentlichen auf drei Hindernisse", erklärt Eliane Engeler, Mediensprecherin der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. "Zum einen haben sie häufig keine Vorkenntnisse in den Landessprachen. Zum anderen hat der Ausweis F eine abschreckende Wirkung auf die Arbeitgeber, da er nur vorläufig gilt. Dabei ist allgemein bekannt, dass die meisten betroffenen Personen langfristig in der Schweiz bleiben. Das Gleiche gilt für den Schutzstatus S: Seine zeitliche Begrenzung und seine Zuerkennung vor dem Hintergrund einer möglichen Rückkehr können für die Einstellung eine Hürde darstellen. Und schliesslich kann die im Herkunftsland erworbene Berufserfahrung häufig nicht nachgewiesen werden, insbesondere weil Dokumente fehlen, die diese belegen würden." Ende 2023 wurden 45'346 Menschen vorläufig in der Schweiz aufgenommen, hinzu kommen 66'083 Personen mit vorübergehendem Schutz (Ausweis S), wie aus den Daten des Staatssekretariats für Migration hervorgeht.

Ein Teil dieser Gruppe ist jedoch gut ausgebildet. So verfügen von den Geflüchteten mit Schutzstatus S, die zwischen März und Juni – hauptsächlich aus der Ukraine – in die Schweiz kamen, dem Bund zufolge knapp 70% über eine Ausbildung auf Tertiärstufe und 94,5% über einen nachobligatorischen Abschluss Etwa 40% von ihnen haben darüber hinaus gute Englischkenntnisse.

Erfolgsfaktoren

"Unternehmen, die Interesse an der Einstellung von Flüchtlingen haben, müssen sich bewusst sein, dass es für diesen Schritt eine gute Portion Willenskraft, Risikobereitschaft und Begleitung braucht", sagt Eric Davoine, Titularprofessor am Lehrstuhl Human Resources und Organisation der Universität Freiburg und Leiter mehrerer Studien zur Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt.

Der Experte meint, die KMU sollten zunächst bevorzugt auf Einstellungen in Form von kurzen Praktika setzen, sofern hinter diesem Angebot die Möglichkeit einer längerfristigen Beschäftigung steht. "Auf diese Weise ist es möglich, neue Beschäftigte ein oder zwei Wochen lang zu testen und dabei einen internen Mitarbeiter zu bitten, als Tutor zur Verfügung zu stehen."

So lässt sich rasch feststellen, welche Kompetenzen fehlen, und man kann notwendige Beratungen leisten. "Am Ende der Probezeit sollte ein Formular erstellt werden, in dem alles aufgeführt wird, was gemacht wurde, was funktioniert hat und was nicht. Dafür sollten aussagekräftige Beispiele genannt werden, ähnlich wie im Rahmen von Ausbildungsverträgen. Ein solches Dokument kann sowohl für das Unternehmen sehr nützlich sein, um zu bewerten, ob eine anschliessende Einstellung sinnvoll wäre, als auch für die Flüchtlinge, um in ihrer beruflichen Integration voranzukommen."

Spielraum für Verbesserungen

In einem aktuellen Bericht erklärt der Bundesrat, bis Ende 2024 bei Personen mit Schutzstatus S einen Beschäftigungsgrad von 40% anzustreben (gegenüber 20% Ende November 2023). Es gibt noch viel Luft nach oben, vor allem in Bezug auf Frauen, die entweder selbst geflüchtet sind oder infolge einer Familienzusammenführung in die Schweiz kamen. Um dieses Potenzial zu nutzen, setzen die Behörden auf "neue gezielte Massnahmen und eine bessere Begleitung im Rahmen der bestehenden Strukturen".

Zu den bereits eingeführten Massnahmen gehört das Programm "Integrationsvorlehre" (INVOL), das die Teilnehmenden darauf vorbereitet, eine gewöhnliche Berufslehre zu absolvieren. Ein Pilotprogramm für finanzielle Zuschüsse ermöglicht den Arbeitgebern darüber hinaus, für eine bestimmte Zeit Zuschüsse zu den Lohnkosten zu erhalten, wenn sie Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommene beschäftigen, die eine besondere Einarbeitung benötigen.


Informationen

Zum Thema

Status und Arbeitsmarktfähigkeit

Das Schweizer Recht unterscheidet zwischen Personen, deren Asylverfahren noch läuft (Asylsuchende, Ausweis N), und Personen mit einem Bescheid, der ihnen ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz verleiht (anerkannte Flüchtlinge, vorläufig aufgenommene Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen, Ausweis B und F). Hinzu kommen Schutzbedürftige mit Status S, beispielsweise Personen, die aus der Ukraine gekommen sind. Wer einen Ausweis B, F oder S hat, darf eine Erwerbstätigkeit ausüben. Diese unterliegt bei einem Ausweis S jedoch weiterhin einer kantonalen Bewilligung. Die Online-Plattform EasyGov.swiss ermöglicht Unternehmen, eine Erwerbstätigkeit nach Ausländerrecht einfach und wirksam anzumelden und einen Überblick über die Anträge und ihren Bearbeitungsstand zu behalten (wobei die Verfügbarkeit des Angebots je nach Kanton variiert).

Letzte Änderung 01.05.2024

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